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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Sie doch gelegentlich
vorbei, dann seh ich mir das Ding an.»
    «Mach ich», sagte der Rabbi und ging zu Miriam hinüber. «Bist
du müde, Liebling? Möchtest du heim?»
    «Ich glaube, es wäre vernünftiger», meinte sie. «Ich hol meinen
Mantel.»
    Während er auf sie wartete, steuerten Jacob Wasserman und
Al Becker auf ihn zu. Sie strahlten.
    «Na, Rabbi? Jetzt sieht die Sache anders aus, was?»
    «Was meinen Sie?»
    «Nun, diese Mitteilung der Polizei und … Nee, das war ja
der District Attorney», korrigierte sich Becker. «Hirsh ist ermordet worden!
Und Sie sind raus aus der Sache, Rabbi.»
    «Wenn Sie das Begräbnis meinen, Mr. Becker – ich habe den
District Attorney nicht nötig, um ‹ raus aus
der Sache› zu kommen. Außerdem betrachte ich den gewaltsamen Tod eines Menschen
nicht als das ideale Mittel zu meiner Rehabilitierung – selbst wenn ich eine
Rehabilitierung brauchte.»
    «Nun ja – freilich, ein Mord … Ich bedaure das ja auch sehr.
Aber merken Sie denn nichts? Es nimmt Mort Schwarz und seiner Bande den Wind
aus den Segeln! Haben Sie schon gehört, dass er sogar die Vorstandssitzung am
Sonntag abgeblasen hat?»
    «Nein … Das wusste ich nicht.»
    «Sie bekommen sicher morgen die Nachricht mit der Post.»
    «Hm, ja; wahrscheinlich … Was halten Sie davon?»
    Wasserman rieb sich vergnügt die Hände. «Wahrscheinlich
wollen sie unter den gegebenen Umständen abwarten, wie sich die Hirsh-Affäre
entwickelt, bevor sie Ihr Rücktrittsgesuch bekannt geben. Marvin Brown soll
sich geweigert haben, mit dem Bau des Friedhofsweges zu beginnen – ich weiß es
aus zuverlässiger Quelle.»
    «Geweigert? Warum denn?»
    «Weil die Staatsanwaltschaft die Leiche exhumieren lassen will.»
    Der Rabbi lächelte wehmütig. «Dann haben sie ja im Grunde
erreicht, was sie erreichen wollten …»
    «Na, aber das ist doch ganz was anderes, Rabbi», entgegnete
Wasserman. «Jetzt handelt es sich um die Behörden, die ein Verbrechen aufklären
müssen.»
    «Ja, allerdings.»
    «Überlegen wir uns lieber, wie wir vorgehen sollen. Für den
armen Hirsh …» Er zuckte die Achseln: «Für ihn spielt es keine Rolle mehr, wie
er zu Tode gekommen ist; wir müssen uns jetzt um die Lebenden kümmern … Also
wie steht’s mit Ihrem Rücktritt? Das ist doch nicht Ihr Ernst?»
    «Wenn diese Sache nicht passiert wäre, hätte ich bestimmt nicht
daran gedacht.»
    «Gut. Dann müssen wir uns also was einfallen lassen, was Schwarz
daran hindert, den Brief dem Vorstand vorzulesen. Becker und ich haben lange
hin und her diskutiert; wir finden, Sie sollten Schwarz einen Brief schreiben,
in dem Sie Ihr Rücktrittsgesuch widerrufen … Nein, nein!», winkte Wasserman ab,
als der Rabbi protestieren wollte. «Sie können sagen, dass angesichts der
letzten Ereignisse keine Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vorstand und
Ihnen mehr bestehen und dass Sie aus diesem Grund Ihr Gesuch zurückziehen.»
    «Nein.»
    «Ja, aber … Begreifen Sie doch, Rabbi – dann ist es ein ganz
normales Rücktrittsgesuch; Schwarz muss es nur vorlesen und darüber abstimmen
lassen … Streng genommen ist die Abstimmung nicht einmal nötig; eine einfache Mitteilung
genügt. Aber wenn zwei Briefe vorliegen, muss er erklären, worum es bei der
ganzen Auseinandersetzung ging. Dann haben wir wenigstens Oberwasser.»
    Der Rabbi schüttelte den Kopf. «Es tut mir Leid, meine
Herren, aber …»
    «Nehmen Sie doch Vernunft an, Rabbi», drängte Becker. «Jake
und ich haben uns Ihretwegen große Mühe gegeben; wir wollen Ihnen doch nur
helfen – aber Sie müssen auch was tun! Sie können nicht erwarten, dass wir uns
verrückt machen, überall herumtelefonieren, die Leute besuchen und ihnen die
Sache erklären, wenn Sie selbst nicht mithelfen.»
    «Ich erwarte gar nichts.» Er bemerkte Miriam, die aus der Garderobe
kam. «Entschuldigen Sie mich bitte. Meine Frau ist sehr müde.»
    Becker sah ihm nach und schüttelte den Kopf. «Das hat man
davon, wenn man den Leuten helfen will.»
    Wasserman schüttelte den Kopf. «Er ist verletzt. Er ist noch
sehr jung, und er ist zutiefst verletzt …»
    Während sie über den Parkplatz zu ihrem Wagen gingen, fragte
Miriam: «Was ist denn mit Becker und Wasserman los? Sie kamen mir ziemlich kühl
vor. Du hast sie doch nicht vor den Kopf gestoßen, David?»
    Er erzählte ihr von dem Gespräch, und sie lächelte traurig.
«Jetzt hast du’s also glücklich mit allen verdorben – mit Wasserman, Lanigan
und Schwarz … Musst du dich

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