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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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von meiner Kirche!»
    «Aber er ist jung, unverheiratet und … wie hast du’s
ausgedrückt – sehr eifrig.»
    «Ja, bist du dir eigentlich klar, was das bedeuten kann?»
    «Ja. Aber offen gestanden, ich glaub nicht dran. Wir haben auch
nichts gegen ihn in der Hand. Wir wollen ihn nur fragen, ob er Hirsh an dem
Abend getroffen hat. Und wenn ja, wann er wieder weggegangen ist.»
    «Ach so.» Braddock atmete auf. «Du wirst sehen, seine
Abwesenheit vom Hotel hat bestimmt eine ganz harmlose Ursache. Steht doch jeden
Tag in der Zeitung: Diese Bürgerrechtler quartieren sich oft demonstrativ bei
Nig… bei Negern ein, und dann sind sie praktisch unerreichbar.» Braddock
lächelte breit: «Mensch, Hugh – einen Moment lang hätt ich dir’s beinah
abgekauft …»
    Lanigan grinste.
    «Und jetzt leg mal die Karten auf den Tisch, Hugh: Ihr habt
doch schon jemand in Verdacht, ja? Diesen Versicherungsfritzen vielleicht?»
    «Marvin Brown? Wir interessieren uns für ihn, ja. Zumindest
wüssten wir gern, wo er zu jenem Zeitpunkt war.»
    «Kein Alibi, hm?»
    «Wir haben ihn noch nicht gefragt.»
    «Warum nicht?»
    «Immer mit der Ruhe! Es liegt nichts gegen ihn vor; er hat nur
bei einer Gelegenheit mal mit Hirsh zu tun gehabt … Der läuft uns nicht davon.
Ich lass ihn einstweilen schmoren; diese impulsiven, nervösen Typen drehen ganz
von allein durch, wenn man sie in Ruhe lässt; und dann machen sie oft einen
Fehler.»
    «Ich verstehe.» Braddock rieb sich die Hände; er fand das Ganze
außerordentlich spannend, und er freute sich, dass sein Amt ihm einen
Logenplatz sicherte, wenn es um die Arbeit der Polizei ging. «Ich verstehe»,
murmelte er noch einmal.
    «Eigentlich finden wir Benjamin Goralsky viel
interessanter.»
    «Goralsky?» Braddock fuhr auf. «Ben Goralsky von
Goraltronics? Moment mal, Hugh, jetzt bist du aber auf dem falschen Dampfer!
Den Mann kenne ich nämlich. Gut sogar. Geschäftlich zuerst, und dann auch so.
Er beschäftigt über tausend Leute hier aus der Gegend … Also, der hat bestimmt
nichts damit zu tun!»
    «Mag sein. Aber wir wollen ihn uns mal vorknöpfen und ihn
Verschiedenes fragen.»
    «Völlig ausgeschlossen, Hugh. Kommt nicht infrage. Ich lass
das nicht zu … Ihr könnt ihm nichts nachweisen; ihr wollt ihn einfach aufs
Geratewohl ausquetschen, und … Also das erlaube ich nicht! Da ist einiges in
Vorbereitung, wovon ihr nichts wisst; wenn ihr dem Mann jetzt Ärger macht, kann
es unabsehbare Folgen für Barnard’s Crossing haben.»
    «Du meinst die Fusion?»
    «Wer sagt etwas von einer Fusion? Was weißt du von einer Fusion?»
    «Komm schon, Alf … jedes Kind weiß, dass Goraltronics vor
einer Fusion stehen.»
    «Na ja, es ist nicht ausgeschlossen. Es könnte sein, dass
in gewisser Hinsicht … Ach, Quatsch: Ja, es stimmt. Aber behalt’s um Gottes
willen für dich! Es kann für die ganze Gegend eine großartige Sache werden. Ich
gebe auch zu, dass meine Firma am Rande auch daran interessiert ist … Aber im
Augenblick ist die Situation äußerst heikel, verstehst du? Darum müsst ihr mir
die Finger von Ben Goralsky lassen.»
    «Damit dann womöglich ein Mörder frei rumläuft?»
    «Verdammt noch mal, er hat den Mord nicht begangen! Beweis
mir das Gegenteil, und ihr könnt ihn haben. Aber solange du keine handfesten
Beweise hast, lass den Mann gefälligst in Ruhe – und das ist ein Befehl, Hugh!
Wenn ihr ihm auf die Nerven geht, und es war dann für die Katz – Hugh, das kann
dich deine Stellung kosten.»
     

32
     
    Sergeant Whitaker war jung und ehrgeizig. Drei Abende in der
Woche hörte er an der Bostoner Universität Rechtsvorlesungen. Wenn alles glatt
ging, würde er in vier Jahren sein Anwaltsexamen machen. Eine fürchterliche
Paukerei, aber zum Glück hatte Polizeichef Lanigan Verständnis und sorgte dafür,
dass er an jenen drei Abenden dienstfrei hatte. Heute war Freitag, und der
Freitag war vorlesungsfrei; Whitaker musste heute länger Dienst tun. Es machte
ihm nichts aus. Er hatte zwar noch nicht zu Abend gegessen, und Aggie regte sich
jedes Mal auf, wenn er nicht mit ihr und den Kindern essen konnte; Lieutenant
Jennings bestand jedoch darauf, dass alle Dienstaufträge erledigt sein mussten,
bevor seine Leute Feierabend machten, ganz gleich, wie spät es wurde. Whitaker
war noch nicht lange Sergeant und wollte den Lieutenant nicht enttäuschen.
    Er saß in der Küche der Goralsky-Villa; ihm gegenüber Mrs. Chambers,
die Haushälterin. Das Notizbuch lag aufgeschlagen vor ihm;

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