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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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er mir zu. »Wir schauen uns einen Film an, und danach gehen wir ins Chili’s und essen frajitas . Du weißt doch, wie gern Michelle ins Chili’s geht.«
    »Und wenn Sara nach Hause kommt, während wir weg sind?«
    »Dann wartet sie zur Abwechslung mal auf uns.«
    »Ich halte das nicht für gut.«

    »Was ist nicht gut?« fragte Michelle, die gerade ins Zimmer kam. Sie ließ sich auf das Sofa gegenüber plumpsen.
    »Ich hab mir gedacht, wir gehen nachher ins Kino, so gegen vier, und hinterher zum Essen.«
    »Zu Chili’s ?« rief Michelle erwartungsfroh.
    »Zu Chili’s «, bestätigte Larry. »Schau du inzwischen mal in die Zeitung und sprich mit Großmama. Überlegt euch, was für einen Film ihr euch ansehen wollt.«
    Michelle sprang sofort auf. »Großmama«, rief sie laut, schon auf dem Weg zu Saras Zimmer. »Wir gehen nachher ins Kino.«
    »Ich kann nicht«, sagte ich zu Larry.
    »Natürlich kannst du!«
    »Na schön, ich will nicht.«
    »Willst du etwa den ganzen Nachmittag hier rumsitzen und dich verrückt machen?«
    »Ich brauch Zeit zum Nachdenken.«
    »Du tust seit vierundzwanzig Stunden nichts anderes als nachdenken. Hat es was gebracht?«
    »Darum geht es nicht.«
    »Worum geht es dann?«
    »Es geht darum, daß ich andere Prioritäten habe, als ins Kino zu gehen.«
    »Vielleicht solltest du deine Prioritäten mal überprüfen.«
    »Was?«
    »Du hast mich genau gehört.«
    »Unsere Tochter belügt und betrügt uns, und du verlangst von mir, daß ich mir irgendeinen blöden Film ansehe, anstatt hier auf sie zu warten? Sind das deine Prioritäten?«
    »Du hast später noch Zeit genug, dich mit Sara auseinanderzusetzen. Im Moment bist du so angespannt …«
    »Ich bin nicht angespannt. Bitte, sag mir nicht, daß ich angespannt bin. Du hast keine Ahnung, wie mir zumute ist.«
    »Dann sag’s mir.« Er setzte sich zu mir. Augenblicklich sprang ich auf.
    »Ich bin total frustriert«, rief ich, und die Worte flogen wie
Speichel aus meinem Mund. »Ich bin frustriert und wütend und verletzt.« Ich begann zwischen den beiden Sofas hin und her zu rennen. »Ich hab ihr vertraut, verdammt noch mal! Ich hab ihr geglaubt. Ich bin auf all ihre Lügen reingefallen. Sie hat mich reingelegt – schon wieder! Bin ich eigentlich völlig blöd? Sie braucht mich nur freundlich anzulächeln, und schon kauf ich ihr den ganzen Laden.«
    »Du bist ihre Mutter«, sagte Larry.
    »Ich bin eine Idiotin«, wütete ich. »Und sie ist eine gemeine Lügnerin.«
    »Und du findest, daß du in der richtigen Verfassung bist, um mit ihr zu reden?« fragte Larry vernünftig.
    »Ach, wär’s dir vielleicht lieber, ich würde überhaupt nicht mit ihr reden?«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    »Was sagst du dann?«
    »Ich sage, daß du eine Atempause brauchst. Du hast den ganzen Tag hier rumgesessen und in deinem eigenen Saft geschmort. Du mußt mal ein paar Stunden raus und auf andere Gedanken kommen. Wenn du so aufgebracht bist, wirst du bei Sara gar nichts erreichen.«
    »Und weiter?« fragte ich zornig. »Was passiert nach dem Kino und den frajitas ?«
    »Dann fahren wir nach Hause. Und wenn wir Glück haben, ist Sara dann schon da. Wir hören uns an, was sie zu sagen hat …«
    »Das sind doch wieder nur Lügen.«
    »… und dann entscheiden wir – in aller Ruhe -, was wir tun werden.«
    »Zum Beispiel?«
    Es blieb einen Moment still. Die Angst wand sich um mein Herz wie eine Schlange.
    »Ich denke, Sara muß endlich mal den Ernst der Lage begreifen«, begann Larry. »Sie muß begreifen, daß wir dieses Verhalten nicht mehr dulden können.«
    Ich schüttelte den Kopf. Hatten wir das nicht alles schon einmal
gehabt? Sara wußte genau, was sie tat. Larry und ich waren es, die endlich etwas begreifen mußten; die Grenzen ziehen mußten.
    »Ich bin dafür, ihr sämtliche Vergünstigungen für den Rest des Schuljahrs zu streichen«, fuhr Larry fort. »Dazu gehören auch ihr Taschengeld und alle außerschulischen Aktivitäten. Wenn sie nicht in der Schule ist, bleibt sie zu Hause, so einfach ist das.«
    »Und du glaubst im Ernst, daß sie das akzeptieren wird?«
    »Wenn sie es nicht tut, muß sie sich eine andere Bleibe suchen.«
    Mir verschlug es einen Moment den Atem. »Was?«
    Larry stand auf, kam zu mir, legte seine Hände auf meine Arme und zwang mich, ihn anzusehen. »Was haben wir denn letztlich für eine Wahl?« fragte er.
    »Du willst unsere Tochter rausschmeißen?«
    »Ich will ihr die Wahl lassen – entweder entscheidet sie sich

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