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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch mal versuchen, sich mit dir zu versöhnen«, erklärte Jo Lynn. »Was ist nur los mit dir, Kate? Er gibt sich solche Mühe. Kannst du ihm nicht wenigstens eine Chance geben?«
    Ich legte auf. Sie rief sofort zurück.
    »Weißt du inzwischen, ob du mir das Geld für das Studium leihst?« fragte sie.
    »Ich hab noch nicht mit Larry gesprochen«, log ich.
    »Warum nicht?«
    Was war das für ein Gespräch? »Er mußte für ein paar Tage verreisen. Er kommt Montag zurück, dann rede ich mit ihm.«
    »Montag ist es zu spät.«
    »Zu spät? Wieso?«
    Diesmal legte sie auf.
    »Typisch«, sagte ich laut. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, daß ich losfahren mußte, wenn ich rechtzeitig in der Praxis sein sollte, um Mrs. Black, eine neue Klientin, die sich für ein Uhr angemeldet hatte, zu empfangen. Meine Vormittagssitzungen hatte ich abgesagt, um Larry zum Flughafen fahren zu können, doch er hatte mein Angebot abgelehnt. Er habe bereits einen Wagen bestellt, sagte er. Die Golfschläger, die ich ihm zu Weihnachten geschenkt hatte, standen wie ein stummer Vorwurf im Vestibül an der Wand. Er hatte seine alten Schläger mitgenommen. »Die bringen mir mehr Glück«, hatte er gesagt, ohne mir einen Abschiedskuß zu geben.
    Konnte ich es ihm übelnehmen? Ich war seit Monaten eiskalt zu ihm, schottete mich ab, wies ihn ständig zurück. »Du wirst ein paar Tage für dich haben und kannst dir überlegen, was du tun willst«, hatte er gesagt.

    Würden ein paar Tage reichen?
    Du hättest mit ihm fahren sollen, sagte ich mir, als ich die Praxistür aufsperrte. Ich versuchte, die unerwünschten Bilder von Colin Friendly zu vertreiben, indem ich mir vorstellte, wie Mrs. Black aussehen, was für Probleme sie haben mochte. So viele Probleme, dachte ich. Und so wenig Lösungen.
    Einen Augenblick später hörte ich draußen die Tür gehen. Ich stand auf und ging hinaus, um Mrs. Black zu begrüßen.
    Sie stand in der Mitte des Wartezimmers, und mein Hirn brauchte einen Moment, um zu schalten, obwohl ich sie sofort erkannte. Sie wissen, wie das ist, wenn man einem Menschen in einem bestimmten Kontext begegnet und nicht erwartet, ihn in einem ganz anderen wiederzusehen. So erging es mir angesichts der Frau, die jetzt vor mir stand und mich unter blau getönten Lidern hervor lächelnd ansah. Sie trug ein pfirsichfarbenes Kostüm mit farblich passenden Strümpfen und Schuhen. Die Wirkung war leicht grotesk. Ich mußte an eine überreife Frucht denken.
    »Hallo, Kate«, sagte sie.
    »Brandi!« sagte ich und hatte das Gefühl, neben mir zu stehen, während ich mich bemühte, einen normalen Tonfall zu bewahren. Was um alles in der Welt wollte sie hier? »Wie geht es Ihnen?«
    »Nicht so toll.«
    »Oh – das tut mir leid.« Tatsächlich hätte ich am liebsten überhaupt nichts von ihr gehört. Brandi Crowe war die letzte, die ich jetzt zu sehen wünschte. Hatte ich nicht vor, übermorgen mit ihrem Ehemann zu schlafen?
    Sie lächelte, schob nervös ihre Hände ineinander, ließ sie dann an ihren Seiten herabsinken. Was wollte sie? Hatte Robert ihr von unseren Plänen erzählt? Hatte vielleicht jemand vom Breakers bei ihr angerufen und ihr einen Tip gegeben?
    »Sind Sie aus einem bestimmten Grund hier?« fragte ich widerstrebend.
    »Ich muß mit Ihnen sprechen.«
    »Mit mir?«
    »Als Therapeutin«, erklärte sie.

    »Ach, das tut mir wirklich leid«, entgegnete ich schnell. »Ich bin heute nachmittag komplett ausgebucht.« War ich je so froh gewesen, viel zu tun zu haben?
    »Ich habe einen Termin.«
    »Sie haben einen Termin?« Ich war verblüfft. Ich konnte doch nicht so daneben sein, daß mir der Name der Ehefrau meines zukünftigen Liebhabers in meinem Terminkalender nicht aufgefallen wäre.
    »Mrs. Black«, sagte sie mit einem Lächeln der Entschuldigung. »Nicht besonders originell, ich weiß.«
    Natürlich. Die neue Klientin. »Originell genug, um mich zu täuschen«, hörte ich mich sagen.
    »Ich hatte Angst, Sie würden ablehnen, wenn ich Ihnen meinen wahren Namen gesagt hätte. Und ich wollte nicht, daß Robert etwas von diesem Termin erfährt.«
    Ich wartete mit angehaltenem Atem.
    »Bitte entschuldigen Sie das Versteckspiel.«
    »Kein Problem.« Ich führte sie in mein Zimmer und versuchte dabei krampfhaft, einen klaren Kopf zu bekommen. Sie mußte schon vor Wochen diesen Termin vereinbart haben, lange bevor ich mich mit ihrem Mann zum heimlichen Stelldichein verabredet hatte. Sie konnte nichts von unseren Plänen für den Samstag

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