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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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können Sie mir sagen, was am Abend des siebzehnten März neunzehnhundertfünfundneunzig geschah?«
    »Wir waren auf einer Party bei einer Freundin. Ihre Eltern waren verreist, und sie hatte einen Haufen Leute eingeladen.«
    »Um welche Zeit sind Sie dort angekommen?«
    »Gegen neun.«
    »Und da war das Fest schon in vollem Gange?«
    »Es fing gerade an zu laufen. Es waren jede Menge Leute da; die Musik war sehr laut.«
    »Kannten sie alle, die da waren?«
    »Nein. Viele hatte ich noch nie gesehen.«
    »Haben Sie den Angeklagten dort gesehen?«
    Widerstrebend warf Angela Riegert einen Blick auf Colin Friendly und sah sofort wieder weg. »Zuerst nicht«, flüsterte sie.
    »Verzeihen Sie, aber könnten Sie das wiederholen?«
    »Ich habe ihn erst später gesehen.«
    »Aber Sie haben ihn gesehen?«
    »Ja, er war hinten im Garten. Ich hab ihn gesehen, als wir rausgegangen sind, um frische Luft zu schnappen.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Er hat mit mir gesprochen.«
    »Das wünschst du dir wohl«, zischte Jo Lynn verächtlich.
    »Was hat er gesagt?«

    »Nicht viel. ›Nette Party‹, ›Schöner Abend‹, so was in der Richtung.«
    »War Wendy Sabatello da mit Ihnen zusammen?«
    »Ja. Sie fand ihn attraktiv.«
    »Einspruch, Euer Ehren«, rief einer der Verteidiger aufspringend. »Kann die Zeugin Gedanken lesen?«
    »Sie hat es zu mir gesagt«, erklärte Angela Riegert deutlich.
    »Einspruch«, konterte der Anwalt. »Hörensagen.«
    »Abgelehnt.«
    Die Zeugin machte ein verwirrtes Gesicht, als wäre sie nicht sicher, was da vorging. Sie war nicht die einzige.
    »Hat sie sonst noch etwas über ihn gesagt?«
    Angela Riegert nickte. »Sie hat gesagt, er hätte tolle Augen.«
    »Und was war Ihre Meinung?«
    »Ich fand ihn auch ganz attraktiv, er war ein bißchen älter als die meisten anderen Jungs auf dem Fest.«
    »Was geschah dann?«
    Die Zeugin schluckte, biß sich kurz auf die Unterlippe. »Wir sind wieder reingegangen.«
    »Haben Sie danach noch einmal mit Friendly gesprochen?«
    »Nein, ich nicht, aber später sagte Wendy zu mir, sie würde rausgehen, um sich mit ihm zu unterhalten.«
    »Und?«
    »Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    »Sie ist nicht wieder hereingekommen?«
    »Nein. Als ich sie später gesucht habe, um ihr zu sagen, daß ich nach Hause fahren wollte, war sie weg.«
    »Und der Angeklagte?«
    »Der war auch nicht mehr da.«
    Der Ankläger lächelte. »Ich danke Ihnen, Miss Riegert.« Er nickte der Verteidigung zu. »Ihre Zeugin.«
    Der Verteidiger stand schon, knöpfte, wie erwartet, sein Jakkett zu. Er war ein athletisch wirkender Mann, mit einem dicken Hals. Die Muskeln seiner Oberarme waren durch das grauseidene Jackett deutlich zu sehen.

    »Miss Riegert«, sagte er mit einer gewissen Schärfe, »wurde auf dieser Party getrunken?«
    Angela Riegert schien ein wenig zu schrumpfen. »Ja.«
    »Drogen?«
    »Drogen?« wiederholte sie offensichtlich durcheinander.
    »Marihuana? Kokain?«
    »Ich hab niemanden gesehen, der gekokst hat.«
    »Haben Sie getrunken?« hakte der Anwalt nach.
    »Ich hab ein paar Bier getrunken, ja.«
    »Waren Sie betrunken?«
    »Nein.«
    »Haben Sie Marihuana geraucht?«
    »Einspruch, Euer Ehren«, meldete sich Eaves. »Die Zeugin steht hier nicht vor Gericht.«
    »Es geht um die Feststellung, in was für einer Verfassung sich die Zeugin befand, Euer Ehren. Ob sie überhaupt fähig war, meinen Mandanten zu identifizieren.«
    »Einspruch abgelehnt. Bitte beantworten Sie die Frage, Miss Riegert.«
    Sie zögerte, schien den Tränen nahe. »Ja, ich hab ein paar Züge geraucht«, bekannte sie.
    »Ein paar Züge von einer Marihuanazigarette und einige Gläser Bier, meinen Sie?« wiederholte der Verteidiger.
    »Ja.«
    »Waren Sie high?«
    »Nein.«
    »Aber Sie sind hinausgegangen, um frische Luft zu schnappen.«
    »Im Haus war es sehr heiß und sehr voll.«
    »Und draußen?«
    »War es besser.«
    »War es dunkel?«
    »Wahrscheinlich, ja.«
    »Es war also dunkel«, stellte der Verteidiger fest und pflanzte sich direkt vor der Geschworenenbank auf, »es war dunkel, Sie
hatten Marihuana geraucht und getrunken …« Er legte eine Pause ein, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen. »Und dennoch behaupten Sie, daß Sie meinen Mandanten eindeutig identifizieren können.«
    Angela Riegert straffte ihre Schultern und starrte Colin Friendly direkt an. »Ja«, antwortete sie. »Ich weiß, daß er es war.«
    »Ach, übrigens, Miss Riegert«, fragte der Verteidiger, als wäre ihm die

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