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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie nicht anzubrüllen. Statt dessen atmete ich ein paarmal tief durch und nahm meine Handtasche, zum Zeichen, daß ich zu gehen beabsichtigte. Jo Lynn ließ mich vorbei, und ich trat in den Gang hinaus.
    »Entschuldigen Sie, Miss Baker.«
    Der muskulöse, blonde Verteidiger näherte sich meiner Schwester. Er neigte sich zu ihr hinunter, flüsterte ihr etwas ins Ohr und ging dann wieder.
    Augenblicklich waren wir von Reportern umringt. Das Klikken ihrer Fotoapparate klang wie wildes Hühnergegacker. Ich senkte den Kopf und drängte mich zur Tür durch. Jo Lynn folgte mir, aber so gemächlich, daß die Reporter leicht mit ihr Schritt halten konnten.
    »Was hat Jake Armstrong zu Ihnen gesagt?« fragte einer von ihnen.
    »Das ist leider vertraulich«, antwortete meine Schwester mit einem liebenswürdigen Lächeln und einem Augenaufschlag. Die ewige Kokette.
    »Welcher Art ist Ihre Verbindung zu Colin Friendly?«
    »Ich bin lediglich eine Freundin, die von seiner Unschuld überzeugt ist.«
    »Auch noch angesichts der Aussagen von heute morgen?«
    »Ich bin der Meinung, daß Beweise falsch sein können und Laborproben unsauber. Das gerichtsmedizinische Institut von Palm Beach County ist sehr alt und heruntergekommen«, erklärte sie, sich prompt zunutze machend, was ich ihr erzählt hatte. »Die Geräte dort sind wohl kaum auf dem neuesten Stand der Technik.«
    Geschieht mir recht, dachte ich, warum muß ich ihr alles erzählen?
    »Ist Colin Friendly Ihr Freund?«
    »Also wirklich, das wird jetzt zu persönlich.«
    »Sagen Sie uns, was Jake Armstrong Ihnen mitgeteilt hat.«
    Jo Lynn blieb stehen, lächelte jeden der Reporter an, die sich
um sie scharten, und befeuchtete ihre dunkelroten Lippen für die Kameras. »Hört mal, Jungs«, sagte sie, als wären diese Fremden ihre besten Freunde, »ihr wißt, ich würd es euch sagen, wenn ich könnte. Bitte, habt Verständnis.«
    Damit packte sie mich am Arm und stieß mich in den Korridor hinaus.
    »Herrgott noch mal« flüsterte ich, »was soll denn das alles?«
    »Ich war nur höflich. Wie Mama es uns beigebracht hat.« Sie schob mich in eine Ecke und lächelte herausfordernd. »Möchtest du nicht wissen, was Jake Armstrong zu mir gesagt hat?«
    »Nein«, antwortete ich.
    »Lügnerin«, sagte sie. »Komm schon, frag mich.«
    Ich hätte mich gern in Schweigen gehüllt, aber ich schaffte es nicht. In Wahrheit wollte ich unbedingt wissen, was Armstrong gesagt hatte, und das wußte Jo Lynn so gut wie ich. »Also, was hat er gesagt?«
    Jo Lynn lachte strahlend. »Es kommt ins Laufen«, sagte sie triumphierend, während mir eiskalt war. »Colin Friendly möchte mich sehen.«

8
    »Sagen Sie mir doch erst einmal, was Sie hierhergeführt hat.«
    Die dunkelhaarige Frau mittleren Alters warf einen nervösen Blick auf ihren Mann, der beharrlich auf seine braunen Gucci-Schuhe starrte, dann sah sie wieder mich an. »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.« Wieder blickte sie ängstlich zu ihrem Mann.
    »Mich brauchst du nicht anzusehen«, sagte er, ohne den Blick zu heben. » Ich wollte nicht hierherkommen.«
    »Sie wollten nicht kommen?« wiederholte ich.
    »Nein, es war ihre Idee.« Wegwerfend wies er mit dem Kopf auf seine Frau.
    Lois und Arthur McKay saßen mir gegenüber, beide Sessel
schräg nach außen gedreht, so daß sie einander sozusagen die kalte Schulter zeigten. Sie waren ein schönes Paar – groß, gepflegt, beinahe majestätisch in der Haltung. In ihrer Jugend waren sie wahrscheinlich atemberaubend gewesen, er der Footballheld der Universität, und sie das begehrteste Mädchen auf dem Campus. Sie waren seit fast dreißig Jahren verheiratet und hatten drei erwachsene Kinder. Dies war ihr erster Besuch bei mir.
    »Warum, glauben Sie, wollte Ihre Frau hierherkommen?«
    Er zuckte die Achseln. »Das müssen Sie sie schon selbst fragen.«
    Ich nickte. »Lois?«
    Sie zögerte, sah sich unruhig um, senkte den Blick schließlich zu Boden. »Ich habe es einfach satt, ignoriert zu werden.«
    »Du willst dich beschweren, weil ich ein paarmal in der Woche Golf und Bridge spiele?«
    »Golf spielst du jeden Tag, und Bridge dreimal in der Woche.«
    »Ich bin im Ruhestand. Deswegen sind wir nach Florida gezogen.«
    »Ich dachte, wir wären hierhergezogen, um mehr Zeit füreinander zu haben.« Lois McKay schluckte einmal, griff nach einem Papiertuch und sagte ein paar Sekunden lang nichts. »Es ist ja nicht nur das Bridge«, sagte sie schließlich. »Es ist nicht nur das Golfspiel.«
    »Was

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