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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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ungeliebten Tretmühle, als das Telefon läutete. Normalerweise ging ich da nicht an den Apparat – wofür hatte ich einen Anrufbeantworter? Ich weiß nicht, warum ich von meinem Laufgerät sprang und den Hörer abnahm. Wahrscheinlich dachte ich, es sei Jo Lynn, die sich angewöhnt hatte, mich täglich anzurufen, um mir einen Bericht der Tagesereignisse zu geben. Der Staatsanwalt hatte den größten Teil der vergangenen Woche seinen Bemühungen gewidmet, die Geschworenen von der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der DNA-Untersuchungen zu überzeugen, hatte einen Zeugen nach dem anderen aufgerufen, um die komplizierten und häufig langwierigen Verfahren, die diese Untersuchungen ausmachten, zu schildern und zu erläutern. Die Verteidigung hatte ebensoviel Zeit darauf verwandt,
die Glaubwürdigkeit dieser Aussagen zu erschüttern. Jo Lynn begann kribbelig zu werden. Es war noch immer nicht zu einem Zusammentreffen mit Colin Friendly gekommen, sie war inzwischen überzeugt davon, es sei eine Verschwörung im Gange, um es zu verhindern.
    »Familientherapeutische Praxis«, sagte ich ins Telefon.
    »Ich hätte gern Kate Sinclair gesprochen.«
    »Ich bin selbst am Apparat.«
    »Kate Sinclair, Robert Crowe hier.«
    Sofort begann mein Herz zu rasen, und mein Atem ging in Stößen, als befände ich mich wieder auf der Tretmühle.
    »Hallo? Kate, bist du noch da?«
    »Ja«, antwortete ich hastig, beschämt und wütend über die prompte Reaktion meines Körpers auf den Klang seiner Stimme. Hatte ich nicht gerade ein Loblied auf die moralische Stärke und Integrität meines Ehemanns gesungen? Was war mit meiner eigenen?
    »Wie geht es dir?«
    »Bestens. Ich hab dich heute morgen bei Gericht vermißt.«
    »Du warst dort?«
    »Ja. Und du nicht.«
    »Ich kann immer nur mittwochs.«
    »Werd ich mir merken. Ich hab deine Schwester gesehen.«
    »Sie ist ja kaum zu übersehen.«
    »Sie ist ja neulich sogar in der Zeitung erwähnt worden. ›Friendlys neue Freundin‹. Das geht ins Ohr. Was steckt in Wirklichkeit dahinter?«
    »Gar nichts.« War das der Grund seines Anrufs? Wollte er Insiderinformationen?
    »Na ja, du hast heute nichts verpaßt. Der Richter hat die Verhandlung auf die nächste Woche vertagt.«
    »Ach was? Warum denn?«
    »Colin hat anscheinend eine kleine Grippe. Der arme Junge hat sich nicht wohl gefühlt, da haben seine Anwälte eine Vertagung beantragt. Wer weiß? Vielleicht braucht er mal eine Pause.«
    »Wir können alle eine Pause gebrauchen.« Ich hoffte, Colin Friendly würde Lungenentzündung bekommen und sterben.
    »Genau deswegen rufe ich an«, sagte Robert, und ich fragte mich flüchtig, ob ich einen Teil des Gesprächs nicht mitbekommen hatte. »Ich würde dich gern mal zum Mittagessen einladen.«
    »Zum Mittagessen?«
    »Wie wär’s am nächsten Mittwoch? Natürlich nur, wenn du dich vom Gerichtssaal losreißen kannst.«
    »Du willst mit mir mittagessen gehen?« wiederholte ich und hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen.
    »Ich habe dir einen interessanten Vorschlag zu machen.«
    »Was für einen Vorschlag?«
    »Ich denke, er wird dir gefallen.«
    »Willst du mir nicht sagen, worum es sich handelt?«
    »Am Mittwoch. Wo wollen wir uns treffen?«
    Wir einigten uns auf Charley’s Crab am South Ocean Boulevard. Um zwölf Uhr. Ich legte auf und fragte mich, was zum Teufel in mich gefahren war. »O Gott«, murmelte ich, drauf und dran, Robert zurückzurufen und das Rendezvous abzublasen, aber, sagte ich mir, ein Rendezvous in dem Sinne war es ja gar nicht, es war lediglich ein gemeinsames Mittagessen. Bei dem mir ein interessanter Vorschlag unterbreitet werden sollte. Was hatte das zu bedeuten? »Na, das werd ich am Mittwoch schon noch erfahren«, sagte ich und wandte mich vom Telefon ab.
    Augenblicklich begann es zu läuten.
    »Es paßt doch nicht«, sagte ich sofort, als ich abgehoben hatte, überzeugt, Robert habe es sich anders überlegt.
    »Was paßt doch nicht?« fragte Larry.
    »Larry!«
    »Kate, bist du’s?«
    Ich lachte, halb erleichtert, halb schuldbewußt. »Eine von meinen Patientinnen kann sich einfach nicht entscheiden, ob sie kommen soll oder nicht.«
    »Sie kommt bestimmt. Wie kann dir jemand widerstehen?«
    Ich versuchte zu lachen, hustete statt dessen.

    »Alles in Ordnung?« Ich hörte die Besorgnis in seiner Stimme. »Bekommst du eine Erkältung?«
    »Nein, nein, es geht mir gut«, entgegnete ich, obwohl ich mich scheußlich fühlte. »Warum rufst du an?«
    »Ich wollte nur wissen,

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