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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schweigen. Arthur McKay stand auf und begann vor dem Fenster hin und her zu gehen wie ein Tiger im Käfig. »Das find ich ja wirklich großartig. Jetzt bin ich also ein noch mieseres Schwein als vorher. Man sollte es kaum für möglich halten, was? Daß man noch tiefer sinken kann als einer, der Golf spielt, während seine Frau auf dem Operationstisch liegt, und sie dann nicht mal im Krankenhaus besucht. Aber das war ja nur der Anfang! Dieser Kerl fühlt sich von der Operation seiner Frau tatsächlich abgestoßen. Und er weiß, daß sich daran nichts ändern wird. Er kann nichts für seine Gefühle. Und er hat es restlos satt, dauernd mit schlechtem Gewissen rumzulaufen.«
    »Ich bin dieselbe Frau, die ich vor der Operation war«, sagte Lois McKay, die wieder zu weinen begonnen hatte. »Aber du bist nicht mehr derselbe Mann.«
    Einen Moment lang stand Arthur McKay ganz still. Dann ging er zur Tür, öffnete sie und trat in den Korridor hinaus. Die Tür fiel hinter ihm zu.
    Ich sprang auf.
    »Lassen Sie ihn«, sagte Lois leise.
    »Wir können das durcharbeiten«, versetzte ich. Ich wußte, daß ein paar Worte genügen würden, um ihren Mann ins Zimmer zurückzuholen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist zu spät. Im Grunde genommen ist es eine Erleichterung, daß endlich mal alles rauskommt.«
    »Er hat eine Todesangst, Sie zu verlieren«, erklärte ich, so sonderbar
diese Worte im Licht dessen, was ihr Mann gerade gesagt hatte, klingen mußten.
    »Ja, da haben Sie wahrscheinlich sogar recht«, stimmte sie zu, was mich überraschte. »Aber ich glaube, das spielt jetzt keine Rolle mehr.«
    »Er kann sich fangen.«
    »So viel Zeit hab ich nicht«, entgegnete Lois McKay ruhig. »Außerdem hat er recht – er kann nichts für seine Gefühle.«
    »Wie fühlen Sie sich denn?«
    Sie atmete einmal tief durch. »Verletzt. Wütend. Und ich habe Angst.«
    »Angst wovor?«
    »Vor der Zukunft.« Sie zuckte die Achseln. »Immer vorausgesetzt, ich hab überhaupt eine.«
    »Oh, Sie haben eine.«
    »Eine fünfundfünfzigjährige Frau mit einer Brust?« Sie lächelte, aber das Lächeln war voller Traurigkeit. Bevor sie ging, vereinbarte sie eine Reihe weiterer Termine mit mir. Nur für sich, betonte sie. Sie würde allein kommen.
    Kaum war sie weg, vertauschte ich mein graues Kostüm mit meinem Trainingsanzug und begann meinen mittäglichen Marsch auf der Tretmühle. Ich versuchte mir vorzustellen, wie mir zumute wäre, wenn mir eine Brustamputation bevorstünde. Ich fragte mich, ob Larry so reagieren würde wie Arthur McKay.
    Ich wußte die Antwort, jedenfalls was Larry betraf. Eine Brustoperation würde an seinen Gefühlen genauso wenig ändern, wie wenn ich zwanzig Pfund zunehmen oder über Nacht alle Haare verlieren würde. Wir hatten uns während des Studiums kennengelernt. Gemeinsame Freunde hatten uns miteinander verkuppelt. Ich hatte der Verabredung nur widerstrebend zugestimmt – ich hatte mit Männern zu der Zeit nicht viel am Hut. Ich war fast einundzwanzig und hatte noch nie mit einem Mann geschlafen, allerdings war das weniger meiner eigenen Entscheidung zuzuschreiben als den Umständen. Ich war seit Ewigkeiten mit keinem Mann mehr ausgegangen. Tagsüber saß ich in Seminaren,
abends in der Bibliothek. Zu Hause hielt ich mich nur auf, wenn es überhaupt keine andere Möglichkeit gab. Wenn ich mich abends hinlegte, hörte ich meinen Stiefvater toben; wenn ich morgens aufwachte, hörte ich meine Mutter schluchzen. Ich glaube, das war der Grund, weshalb ich schließlich einwilligte, mit Larry auszugehen; nur um aus dem Haus zu kommen.
    Wir gingen zusammen zum Essen, in einem kleinen italienischen Restaurant ganz in der Nähe der Universität. Später sagte er mir, er habe sich gleich an diesem ersten Abend in mich verliebt. »Warum?« fragte ich und erwartete einen Schwall von Komplimenten über meine Augen, meinen Mund, meine beeindruckende Intelligenz.
    »Weil du alles aufgegessen hast, was auf deinem Teller lag«, antwortete er.
    Wie konnte ich ihn da nicht lieben?
    Es gab keine Spielchen und keine Verstellung. Seine guten Augen spiegelten unverschleiert sein großes Herz. Bei ihm fühlte ich mich geborgen. Ich wußte, er würde gut zu mir sein, mich niemals absichtlich verletzen. Nachdem, was ich zu Hause an Verletzungen mitangesehen hatte, war mir das das Wichtigste. Larry war ein von Grund auf anständiger und rechtschaffener Mann. Ich wußte, er würde mich lieben, ganz gleich was geschah.
    Ich war noch auf der

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