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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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und sich amüsiert … Verstehen Sie?»
    Ein schlaksiger blonder Lulatsch kam auf den Rabbi zu. «Hallo, Rabbi … guten Abend, Mrs. Small.» Es war Stuart Gorfinkle.
    «Ach, da sind Sie ja, Stu – wir haben schon versucht, Sie zu erreichen», sagte der Rabbi.
    «Ja, wir haben mehrfach angerufen», bestätigte Miriam. «Hat man’s Ihnen ausgerichtet?»
    «Ja, danke. Ich konnte gestern Abend nicht zum Gottesdienst kommen. Ich hatte eine Verabredung.»
    «Schon gut!» Der Rabbi winkte ab. «Fahren Sie mit uns heim? Wir wollen morgen gegen neun …»
    «Ja, eh … Nein, Rabbi. Ein paar Freunde von mir, die in Gloucester wohnen, die fahren nämlich heute Abend noch rüber, und sie haben noch einen Platz für mich …»
    Der Rabbi kam ihm zu Hilfe: «Aber selbstverständlich, Stuart.»
    «Übrigens … falls Sie morgen Mittag zu Hause sind … Ich meine, ich wäre gern mal bei Ihnen vorbeigekommen.» Der Junge ließ sich in einen Stuhl fallen.
    «Selbstverständlich. Kommen Sie nur; wir erwarten die Studenten, die Ferien haben.»
    Father Bennett setzte sich neben den Rabbi. Er nickte Stuart kurz zu, offensichtlich unsicher. Dann begrüßte er Miriam mit einem Lächeln.
    «Muss ich mich eigentlich bei Ihnen entschuldigen, Father?», erkundigte sich der Rabbi. «Meine Frau findet, ich sei gestern Abend aggressiv geworden.»
    «Aber nein!», lachte er. «Wissen Sie, Mrs. Small, Ihr Mann ist ein richtiger Jesuit. Meine Stärke sind diese theologischen Haarspaltereien leider nicht … Haben Sie da nicht einen bestimmten Ausdruck dafür, Rabbi?»
    «Pilpul» , antwortete er. «Obwohl es nicht ganz dasselbe ist wie bei den Jesuiten.»
    «Das mag sein. Jeder soll das tun, wozu er taugt – Schuster, bleib bei deinem Leisten … Ich bemühe mich, meinen Leuten den einfachen Glauben beizubringen; die Raffinessen überlasse ich denen von der ersten Garnitur … Wenn ein Mensch glaubt, kommt alles andere von selbst – das ist meine Überzeugung. Und da wir in dieser Hinsicht wohl alle die gleichen Vorstellungen haben, betrachte ich dies als meinen bescheidenen Beitrag zum ökumenischen Gedanken.»
    «Nun …» Der Rabbi räusperte sich verlegen: «So ganz die gleichen Vorstellungen haben wir da auch wieder nicht, Father. Ihr Katholiken seid … na – jenseitsorientiert, ja? Wir Juden hingegen geben uns mit dieser Welt zufrieden … Sagen Sie – da gab es doch im Mittelalter einen Heiligen, der nie lachte …»
    Der Priester nickte. «‹Mein Heiland ist gekreuzigt, wie soll ich da lachen?›»
    «Ja, den meine ich … Von Ihrer Warte aus eine logische Einstellung. Ihr Katholiken strebt nach Heiligkeit. Wir dagegen begnügen uns mit gewöhnlichem Menschentum … Nicht, dass es uns an Inbrunst fehlt, am Streben», fügte er hinzu, «wir glauben aber, dass man umso tiefer fallen kann, je höher man strebt.»
    «Aber der Glaube, Rabbi! Wenn Sie an Gottes Ruhm und Erhabenheit glauben …»
    «Wenn; ja eben.»
    «Ja, aber Rabbi …» Der Priester war entsetzt. «Der Glaube ist doch …»
    «Von uns wird kein Glaube verlangt – nicht als unabdingbare Forderung, wie in Ihrer Religion. Ich denke, Glauben – das ist eine besondere Gabe; die einen haben sie, die anderen nicht. Unsere Anschauung entspricht im Großen und Ganzen der Stelle aus dem Propheten Micha: ‹Was verlangt der Herr von dir, außer dass du Seinen Pfad gehest?›»
    «Ist das nicht dasselbe?»
    «Nicht ganz. Man kann Seinen Pfad gehen und dennoch Zweifel an Seiner Existenz haben. Schließlich ist man nicht immer Herr über seine Gedanken. Zum Glück müssen wir, wenn wir zweifeln, keine Angst- und Schuldgefühle haben wie ihr. Und das kommt mir gesünder vor, psychologisch gesehen.»
    «Und Sie, Rabbi? Glauben Sie?»
    Der Rabbi musste lächeln. «Es geht mir vermutlich wie Ihnen und wie allen Sterblichen – manchmal glaube ich, und manchmal nicht.»
    Stuart erhob sich. «Ich muss gehen, Rabbi – wir fahren bald los … Also, bis morgen.»
    «Auf Wiedersehen, Stuart.»
    «Fahrt vorsichtig!», mahnte Miriam.
    Der Rabbi bemerkte, dass fast alle Studenten inzwischen gegangen waren. «Ich glaube, wir sollten auch aufbrechen», meinte er, zu Father Bennett gewandt.
    Professor Richardson war an den Tisch getreten und hatte es gehört. «Oh, Sie dürfen noch nicht gehen, Rabbi», sagte er. «Wir erwarten noch Lucius Rathbone … Ach, da ist er ja schon.» Er eilte dem Gast entgegen, um ihn zu begrüßen.
    «Lucius Rathbone?»
    «Der Lyriker», erklärte Father Bennett. «

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