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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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schlag dir das aus dem Kopf. Das schaffst du einfach nicht. Sie löchern dich so lange, bis du schließlich weich wirst.»
    «Meyer hat Recht.» Arons nickte. «Wisst ihr, worauf das praktisch hinausläuft? In Zukunft dürfen wir das Geld aufbringen – wir und unsere Freunde –, das die Gorfinkle-Clique dann ausgibt … Noch nicht mal fragen werden sie uns vorher – ihr werdet sehen!»
    «Kerm hat Recht», sagte Paff. «Ihr seid euch doch darüber im Klaren, dass die Sache mit der neuen Sitzordnung dem Vorstand nie vorgelegt worden ist?»
    «Du meinst, es war nur so eine Idee von Ted Brennerman? Ja, aber dann … Das geht doch nicht, verdammt nochmal! So eine Änderung gehört doch vor den Vorstand!», schimpfte Kallen.
    Paff zuckte die Achseln. «Oh, sie werden’s in der Versammlung pro forma erwähnen, damit alles seine Richtigkeit hat; dann wird eine Weile diskutiert, plötzlich stellt einer den Antrag, Abstimmung – und schwupps …» Er schnippte mit den Fingern: «… schon ist die Sache erledigt. Und von jetzt an wird es mit allem so gehen, da könnt ihr Gift drauf nehmen.»
    «Nach dieser Methode werden sie auch bei diesem Sozialfonds vorgehen: Sie reißen sich alle möglichen Gelder unter den Nagel, und dann machen sie damit, was sie wollen. Wir geben, sie geben aus – klare Arbeitsteilung.»
    «Nu mal langsam!», bremste Kallen. «Wie viel können sie schon zusammenschnorren? Fünfhundert Dollar? Tausend? Was ist das schon! Mein Vater erzählt, dass es früher in jeder Synagoge einen Fonds gab, den der Gemeindevorsteher verwaltete und über den er frei verfügen konnte, wenn zum Beispiel ein Fremder in die Stadt kam und keinen Schlafplatz hatte oder kein Geld für eine warme Mahlzeit …»
    «Das ist Wohltätigkeit», wandte Paff ein. «Das ist was anderes. Aber diese Gelder sind für politische Zwecke bestimmt, wenn’s nach Brennerman geht. Außerdem kommt es mir nicht auf die Höhe der Summe an; mir geht’s um das Prinzip.»
    «Schön und gut. Aber sie haben die Vorstandswahl gewonnen, und jetzt sind sie dran. Wir müssen uns eben vor der nächsten Wahl am Riemen reißen, wenn wir sie wieder loswerden wollen.»
    «Macht euch nichts vor», sagte Paff. «Die werden wir nicht wieder los. Die bleiben … Die Gorfinkles haben eine völlig andere Einstellung zu diesen Dingen. Sie betrachten die Tempelorganisation als so was Ähnliches wie eine Aktiengesellschaft … Als Wasserman damals Vorsteher wurde, oder auch noch Becker und Mort Schwartz – die haben sich Leute in den Vorstand geholt, von denen zu erwarten war, dass sie gute Arbeit leisten. Aber Gorfinkle und sein Anhang, das sind alles leitende Angestellte in großen Firmen, die werden praktizieren, was sie da gelernt haben: Wer die Aktienmehrheit hat, der besetzt erst einmal sämtliche Direktorensessel mit seinen Leuten … In Zukunft wird niemand in den Synagogenvorstand berufen werden, der nicht Gorfinkles Ansichten teilt – da könnt ihr Gift drauf nehmen!»
    «Immerhin könnten wir morgen bei der Vorstandssitzung Krach schlagen», schlug Arons vor. «Vielleicht kriegen wir genug Leute zusammen, die uns unterstützen.»
    «Geht nicht», brummte Paff in seinem tiefen Bass.
    «Warum nicht?»
    «Was, um Gottes willen, sollen die Leute denn unterstützen? Einen Antrag von uns, dass wir weiterhin reservierte Plätze in den vorderen Reihen kriegen? Also, weißt du!»
    «Na ja …»
    «Vielleicht werden uns nach dem, was morgen passiert, doch ein paar Leute unterstützen», meinte Kallen.
    «Wieso? Was soll denn morgen passieren?», fragte Paff.
    «Ich war doch gestern Abend bei Nel Shaffer, ja? Hab ich ja schon erzählt … Nel und ich, wir sind befreundet, aber er hockt eigentlich mehr mit Leuten aus Gorfinkles Clique zusammen, mit Bill Jacobs und Hymie Stern. Na ja, und Nel hat so einiges angedeutet … Demnach bin ich ziemlich sicher, dass Gorfinkle morgen die Neubesetzung der Ausschüsse bekannt geben wird. Und einige seiner Kandidaten werden uns ganz und gar nicht in den Kram passen – und uns nicht allein.»
    «Zum Beispiel?», fragte Edelstein.
    «Zum Beispiel Roger Epstein als Präsident der Ritualkommission», antwortete Kallen.
    «Der Ritual …» Edelstein schnappte nach Luft. «Nein! Das traut er sich nicht!»
    «Warum nicht? Epstein ist sein bester Freund. Und auch die beiden Familien …»
    «Aber ausgerechnet die Ritualkommission!», protestierte Edelstein. «Der Mann kann doch kein Wort Hebräisch! Wenn der Rabbi nicht die

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