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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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zwei, drei Jahren noch gar nicht so viele Leute haben … Ich hab die Nase voll von diesen Schuhverkäufern, Versicherungsagenten und Handelsvertretern, von diesen kleinkarierten Gorfinkles. Ich finde, der neuen Gemeinde sollten erst mal Leute wie wir angehören – Leute, die man nicht erst auf den Kopf stellen und schütteln muss, bis ein paar Dollars rausfallen.»
    «Wie sieht der Kasten eigentlich innen aus?», fragte Kallen.
    «Endlich ein vernünftiges Wort!» Paff wusste, dass er gewonnen hatte. «Habt ihr das Kutscherhaus vorn neben der Einfahrt gesehen? Gehört auch dazu. Ein mieser alter Yankee wohnt da – ist so was wie ein Hausmeister. Er hat den Schlüssel.»
    Er ging voraus und klingelte an der Tür. «Auch für dieses Haus hab ich schon meine Ideen», erklärte er. «Ein Ankleideraum für die Braut, wie wär das? Vielleicht mit dem Hauptgebäude durch einen überdeckten Gang verbunden? Oder zusätzliche Klassenräume? Oder vielleicht ein Clublokal für die jungen Leute, mit Pingpongtischen und Turngeräten?»
    «Niemand zu Hause», meinte Arons, als sich nichts rührte.
    «Wisst ihr was?», schlug Paff vor. «Ich lass mir den Schlüssel vom Makler geben, und wir treffen uns morgen Abend hier. Sagen wir, halb neun?»
    «Einverstanden.»
    «Ja, das passt mir auch.»
    «Okay …» Arons fiel noch etwas ein: «Sag mal, Meyer – du hattest die Idee doch schon gestern Abend?»
    «Ja. Warum?»
    «Warum sollten wir dann heute Morgen in der Versammlung unbedingt die Klappe halten? Ich bin überzeugt, dass viele auf unserer Seite gewesen wären, wenn wir angefangen hätten, Krach zu schlagen.»
    Paff schüttelte energisch den Kopf. «Ganz falsch, Kerm … Vor vielen Jahren gab es in Chelsea einen kleinen Krämerladen, da kaufte meine Mutter, sie ruhe in Frieden, immer ein. Er gehörte zwei Brüdern, Moe und Abe Berg. Eines Tages zerstritten sich die beiden, und Abe machte einen eigenen Laden am anderen Ende der Straße auf. Obwohl nun der neue Laden bedeutend näher lag, kaufte meine Mutter weiter bei Moe ein. Als mein Vater selig dann mal fragte: ‹Warum kaufst du nicht in dem neuen Laden›, da sagte sie: ‹ Was fällt dir ein? Damit alle glauben, ich geh in den neuen Laden, weil ich meine, Moe ist im Unrecht und Abe im Recht? Wo ich davon überzeugt bin, dass Moe im Recht ist.› Seht ihr, wir dürfen die Leute nicht zwingen, Stellung zu nehmen. Sonst müssen sie sich entscheiden, wer Recht und wer Unrecht hat; und wer sich einmal gegen uns entschieden hat, der kommt nicht mehr – und wenn wir einen niedrigeren Jahresbeitrag verlangen.»
    «Einverstanden», sagte Kallen. «Aber es wäre doch ganz gut, wenn wir ein paar von den angesehenen Gemeindemitgliedern herüberziehen könnten. Wenn Wasserman und Becker zu uns kämen …»
    «Wasserman? Niemals!», meinte der Arzt.
    «Ich weiß, was ihn überzeugen würde», sagte Arons langsam.
    «So? Was denn?»
    «Wenn der Rabbi auf unserer Seite wäre.»
    Alle sahen ihn an.
    «Ich glaube kaum, dass der Rabbi zu uns kommt», sagte Paff. «Und ich bin auch nicht so sicher, ob wir ihn haben wollen. Er ist ziemlich … na, eigenwillig.»
    «Er ist beliebt bei den jungen Leuten», beharrte Arons. «Sie haben ihn gern. Und heutzutage führen die Kinder das große Wort. Sie gehen zwar nicht gern in den Religionsunterricht, aber … Na ja. Jedenfalls, wenn wir den Rabbi hätten, auf den die Kinder schwören, dann würden die Eltern auch zu uns kommen – und wenn auch nur, damit die Kinder in die Schule gehen und ein bisschen Hebräisch lernen.»
    «Das ist ein Argument», gab Paff zu. «Nur werde ich ihn nie im Leben rumkriegen.»
    «Wetten, dass Wasserman es könnte?»
    «Jetzt drehen wir uns im Kreis», stellte Paff fest. «Wir haben davon gesprochen, dass wir Wasserman rumkriegen könnten, wenn wir erst den Rabbi haben!»
    «Wie steht’s mit Becker?», fragte Kallen.
    «Der macht bestimmt mit! Und er würde auch versuchen, den Rabbi zu überzeugen. Und wenn wir den Rabbi haben, dann haben wir auch Wasserman.»
    «Ja …», überlegte Paff, «ja, so könnte es gehen … Wisst ihr was? Morgen rück ich Becker mal auf die Bude.» Er zwinkerte: «Ich bin mal wieder dran mit einem neuen Wagen … Vielleicht nehm ich diesmal doch einen Lincoln.»

15
    Miriam steckte den Kopf ins Arbeitszimmer ihres Mannes: «Mr. Carter ist da.»
    «Mr. Carter?»
    «Ja, der Tischler. Er soll die Fenster richten und die Fliegengitter einsetzen.»
    Carter, ein massiver, vierschrötiger

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