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Am Sonntag stirbt Alison

Am Sonntag stirbt Alison

Titel: Am Sonntag stirbt Alison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klimm
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Inline-Skates, Fußballschuhen in Kindergröße und einem Fahrradhelm im Spiderman-Design. Lys zuckte zusammen, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Mit einer verlegenen Geste hob der Fremde die Schultern und wies dann auf die Tür zur Linken. Lys trat in eine Wohnküche. An der Wand über dem Esstisch hingen mehrere gerahmte Fotos. Sie entdeckte das Bild von der Schul-Website, auf dem die Theatergruppe zu sehen war. Daneben ein Bild, auf dem McKinley neben einer hübschen blonden Frau abgebildet war, zusammen mit zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, vielleicht zehn und zwölf Jahre alt. Alison fehlte auf dem Foto. Dafür war sie auf einem dritten zu sehen. Lässig saß sie auf einem umgestürzten Baum im Wald, ein Lachen auf dem Gesicht. Sie trug Sportkleidung. Das Bild war wohl während oder nach dem Joggen aufgenommen worden.
    »Setz dich doch«, sagte der Mann. »Möchtest du etwas trinken?«
    Lys schüttelte den Kopf. Für einen Moment bekam sie keinen Ton heraus. Sie ließ sich auf einen der Stühle am Esstisch fallen. Ein aufgeklapptes Notebook stand auf dem Tisch, daneben ein halb ausgetrunkenes Bier. Der Mann setzte sich ihr gegenüber. Seine Augen waren forschend auf sie gerichtet. »Du bist also eine Klassenkameradin von Alison?«, fragte er verwundert. »Du siehst noch so jung aus.« Er sprach mit einem leichten englischen Akzent, wie Lys bemerkte.
    »Ich war zwei Jahre unter ihr«, schwindelte Lys. »Wir kannten uns von der Theatergruppe.«
    »Ehrlich?« Jack McKinley hatte die Stirn gerunzelt. »Ich kann mich gar nicht an dich erinnern.«
    »Ich habe auch nur Statistenrollen gespielt«, behauptete Lys. »Ich war damals ja noch ziemlich klein.«
    »Du bist also noch auf der Max-Beller-Schule?«
    Mit der Frage hatte Lys nicht gerechnet und sie nickte, vielleicht etwas zu schnell.
    »Ah«, sagte der Mann.
    Lys konnte ihm nicht in die Augen sehen. Sie versuchte, ihre Unsicherheit zu überspielen, indem sie schnell das Thema wechselte. »Ihre Familie… ist nicht zu Hause?«
    »Meine Frau bringt die Kinder zu ihrer Mutter. Sie bleiben dort über die Ferien«, sagte McKinley.
    »Oh.«
    »Und – worüber genau wolltest du jetzt mit mir reden?«
    »Ein Freund von mir, der Alison auch kannte – er hat im Internet eine komische Nachricht gefunden«, erklärte Lys.
    »Was für eine Nachricht?«, fragte Herr McKinley erstaunt.
    »Na ja, keine Nachricht. Ein Eintrag, in einem Forum. Sie ist von jemandem, der Chalchiu Totolin heißt, eingestellt und…«
    McKinley zuckte zusammen. »Chalchiu Totolin?«, krächzte er. Noch mehr Blut schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein. Falls er wirklich selbst dieser Chalchiu Totolin war, dann legte er hier gerade eine oscarreife schauspielerische Leistung ab. »Und… und was war das für eine Nachricht?«
    Lys räusperte sich. »Am Sonntag stirbt Alison.«
    Totenstille. Lys sah zu McKinley hinüber, der wie erstarrt auf seinem Stuhl saß. Sein ohnehin bleiches Gesicht schien sich in eine fahle graue Maske verwandelt zu haben, die kaum noch etwas Menschliches an sich hatte. Lys zuckte zusammen, als sich die Lippen in diesem starren Gesicht bewegten.
    »Du willst mich auf den Arm nehmen, oder?« Die Stimme des Mannes war verändert. Ein heiseres Flüstern, das von sehr weit herzukommen schien.
    »Nein«, widersprach Lys. Sie merkte, dass ihr der Schweiß ausbrach. »Sie können es ja selbst überprüfen. Geben Sie einfach im Internet ›Alison‹ ein, dann kommen zig Treffer und bei fast allen finden Sie genau diesen Satz.«
    Der Mann nahm die Augen nicht einen Moment von ihrem Gesicht, während er das Notebook zu sich heranzog. Lys zwang sich, ruhig durchzuatmen. Wie es ihr die Psychologin geraten hatte. Nur dass dies hier gerade keine grundlose Panikattacke war, sondern möglicherweise ganz schön ernst.
    Die Tasten klapperten wütend, während Jack McKinley auf sie einhämmerte. Dann hielt er inne, starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den Schirm. »Du meinst also«, er atmete schwer und konnte erst nach einer Pause weitersprechen, »dass dieser Eintrag«, er tippte auf den Bildschirm seines Laptops, »sich auf meine Tochter bezieht?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Lys. »Es ist bloß…«
    »Chalchiu Totolin, ja«, sagte Herr McKinley tonlos. »Chalchiu Totolin, natürlich.« Er schwieg einen Moment und schien in Gedanken ganz woanders zu sein. Dann sah er plötzlich ruckartig auf. »Wer, hast du gesagt, hat diesen Eintrag entdeckt?«
    »Ähm, ein

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