Am Sonntag stirbt Alison
vor ein paar Tagen da und haben nach Alison gefragt«, erinnerte Lys. »Und Sie haben uns von einem Mann erzählt, der mit Alisons Mutter am Tag ihres tödlichen Unfalls hier war.«
»Ja?« Die Miene der Cafébesitzerin war nun wachsam.
»Könnten Sie sich einmal dieses Bild ansehen und uns sagen, ob Sie diesen Mann darauf wiedererkennen?« Lys hielt ihr ihr Handy entgegen, auf dem die Website des Hotels Eifelblick aufgerufen war.
Die Frau beäugte das Handy wie etwas, von dem man befürchten musste, dass es einen in den Finger beißt. »Nein«, knurrte sie.
Hinter Lys seufzte Leo tief und erleichtert auf.
»Das heißt… Moment.« Die Frau hatte die Stirn gerunzelt. Sie trat einen Schritt näher und legte den Kopf schief. Angestrengt starrte sie auf das Bild, das die Belegschaft des Hotels zeigte, den Chef, seine Frau, Julia Sommer, den Koch, die Küchenhilfen, die Zimmermädchen…
»Also, wenn ich’s mir recht überlege – es könnte dieser Herr hier gewesen sein.« Ihr Finger tippte auf das Display und sie zuckte zusammen, als ein Dialogfeld erschien. »Also der Herr, der gerade noch hier zu sehen war«, meinte sie und machte einen respektvollen Schritt rückwärts.
Lys drehte sich zu Leo um, der aussah, als ob er sich jeden Moment übergeben müsste. »Danke«, sagte sie. »Sie haben uns sehr geholfen.«
***
Im letzten fahlen Licht des Abendhimmels lief Leo neben dem Transporter auf und ab, während er mit sich überschlagender Stimme fast ununterbrochen auf sein Handy einredete.
»Ist der bald mal fertig?« Sebastians Kopf war gegen die Scheibe gesackt, er hatte die Augen geschlossen.
Lys saß in der geöffneten Autotür, die Füße baumelten nach draußen. »Scheint nicht gerade gut zu laufen«, sagte sie.
»Was erwartet ihr?«, fragte Sibel. »Wir rufen jetzt zum dritten Mal innerhalb von sechs Stunden bei der Polizei an – das erste Mal behaupten wir, McKinley sei der Täter, dann sagen wir, es sei die mexikanische Mafia, und jetzt…«
Leo stieß einen Wutschrei aus und für einen Moment dachte Lys, er würde das Handy geradewegs über die Ufermauer in den Rhein schleudern. »Was ist?«, fragte sie.
»Dieser verfluchte Kommissar!«, schrie Leo.
»Er glaubt dir kein Wort, was?«, mutmaßte Sibel. »Also, ich muss ehrlich sagen, ich verstehe ihn ganz gut, schließlich ist das jetzt das dritte Mal innerhalb von sechs Stunden, dass…«
»Halt die Klappe, Sibel«, sagte Lys.
Leo ließ sich auf die Mauer sinken und starrte mit leerem Blick auf den Kies zu seinen Füßen.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Sebastian.
»Vielleicht sollten wir einfach ein anderes Polizeirevier alarmieren«, überlegte Sibel. »In Koblenz oder so.«
»Wenn wir denen die ganze Geschichte erzählen, rufen die erst mal in Bonn an, bevor sie irgendetwas unternehmen, und das war’s dann«, meinte Lys kopfschüttelnd.
»O.k., aber was willst du sonst machen? Hier herumhocken, während Alison womöglich abgemurkst und im Wald verscharrt wird?«
Leo schoss hoch wie nach einem Startschuss und war mit einem Satz hinter dem Steuer.
»Ist was?« Sibel zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Schnallt euch an, wir fahren.« Leo ließ den Motor an. Özil jaulte.
»Darf man fragen, wo’s hingeht?«, fragte Sibel, während sie den Gurt einschnappen ließ.
Der Wagen schoss aus der Parkbucht, Kies spritzte nach allen Seiten. »Zum Hotel«, sagte Leo.
»Was??? Bist du noch ganz sauber???«
»Also, ich weiß nicht.« Sebastian setzte sich mühsam auf. »Ich meine, wenn wir recht haben, dann haben diese Leute da mindestens einen Mord begangen und planen gerade den nächsten. Und auf McKinley haben sie auch geschossen. Wenn wir jetzt dort angerannt kommen und nach Alison suchen… Mann, die bringen es fertig und knallen uns ab!«
»Ich muss Alison helfen!« Leos Kiefer waren so fest aufeinandergepresst, dass man seine Worte kaum verstehen konnte.
»Außerdem gibt’s da keinen Handyempfang. Wenn wir in Schwierigkeiten kommen, können wir nicht mal nach Hilfe rufen!«, gab Sebastian zu bedenken.
Statt einer Antwort drückte Leo das Gaspedal noch mehr durch.
Sibel murmelte etwas Unverständliches, nahm ihr Handy und sprach in einem hastigen Türkisch hinein.
»Wen hast du angerufen?«, fragte Lys, als Sibel ihr Gespräch beendet hatte.
»Cem«, murmelte Sibel.
»Finger-weg-von-meiner-Musikanlage-Cem?«, fragte Sebastian.
Sibel warf ihm einen griesgrämigen Blick zu. »Mein Bruder ist ein Idiot, aber ausnahmsweise
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