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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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vermietet habe. Vielleicht war es schon etwas
verschlissen, aber immer sauber«, schloß er mit einem
schwachen Versuch, humorvoll zu erscheinen. Chip lachte
beifällig. »Wie ist die Belegquote?«
»Zwanzig Prozent«, erwiderte Merle stolz. Dann erklärte er
in ehrlicher Resignation: »Ein Zimmer besetzt, vier leer.«
»Wer sind die Gäste?« fragte Chip beiläufig.
»Will Harney das wissen?« Merles Augen verengten sich
sofort.
»Sie kennen doch Harn«, meinte Chip, »will über alles
immer genau informiert sein. Aber diesmal gibt es einen Grund
dafür. Hat mit Pete Shelling zu tun.«
Merle gluckste mitfühlend, doch dann begriff er, was das
eben Gehörte für ihn bedeuten konnte.
»Harney denkt doch nicht…«, begann er, brach jedoch sofort
wieder ab, da er die schreckliche Vermutung noch nicht einmal
aussprechen wollte. Das hätte ihm noch gefehlt, daß die
Reputation seines Hauses ruiniert würde…
»Harney denkt gar nichts«, beruhigte ihn Chip, der die
Gedanken des kleinen Mannes lesen konnte. »Es ist nur so, daß
Miriam Shelling heute morgen behauptet hat, Pete wäre
ermordet worden. Harney tut also nichts als seine Pflicht, wenn
er alles überprüft.«
Erleichtert drehte Merle Glind das Gästebuch so, daß Chip es
lesen konnte. Kein Grund zur Beunruhigung, sagte er sich,
nichts als Routine. Wann immer Gäste erschienen, kamen Chip
oder Harn vorbei und überprüften ihre Daten. Also wirklich
kein Grund zur Aufregung. Trotzdem beobachtete er Chip
ängstlich, während dieser die letzte Eintragung studierte.
»Randall«, entzifferte Chip den Namen, »Dr. Randall und
Frau aus Seattle.« Er blickte zu Merle auf. »Urlauber?«
»Solche Fragen stelle ich doch nicht«, erwiderte Merle,
obwohl Chip wußte, daß er es tat. »Ich hab’ allerdings
bemerkt«, fuhr Merle mit vertraulich gesenkter Stimme fort,
»daß die beiden etwas viel Gepäck dabeihaben. Ich vermute,
daß sie auf einer längeren Fahrt sind.«
»Bleiben sie lange?«
»Ein paar Tage, hat er heute morgen gesagt.«
»Doktor ist er, frage mich, welche Art von Doktor.«
»Das weiß ich nun wirklich nicht«, meinte Merle, »aber das
kann ich bestimmt herausbringen. Denken Sie, es ist wichtig?«
»Bezweifle ich stark«, erwiderte Chip und lachte kurz auf,
»aber Harney besteht darauf, gleichgültig ob es wichtig ist oder
nicht – er will alles wissen. Also, wollen Sie mir einen
Gefallen tun?«
»Zumindest will ich es versuchen.«
»Gut, versuchen Sie herauszufinden, welche Art von Doktor
dieser Randall ist, und warum sie nach Clark’s Harbor
gekommen sind. Sie lassen es uns dann wissen, in Ordnung?«
Er schob das Gästebuch zurück, nickte Glind kurz zu und
verließ das Gasthaus.
Chip fuhr langsam durch den Ort. Er sah sich aufmerksam um,
ohne etwas Bestimmtes im Sinn zu haben. Schließlich näherte
er sich dem kleinen Schulhaus, das dem Städtchen schon seit
drei Generationen diente.
Er brachte den Wagen zum Stehen und schaute den Kindern
zu, die im Schulhof spielten. Er kannte sie alle, einige davon
in- und auswendig. Er war hier mit ihren Eltern zur Schule
gegangen.
Sein Blick blieb an zwei Kindern hängen, die abseits
standen. Er kannte auch den kleinen Jungen und seine jüngere
Schwester; es waren diese Zugezogenen, die Palmer-Kinder.
Und er wußte auch, warum sie abseits standen: die
einheimischen Kinder hatten sie noch nicht akzeptiert.
Chip fragte sich, wie lange es noch dauern mochte, bis
Robby und Missy Palmer in den Kreis der übrigen Kinder
aufgenommen würden. Bis zum Ende des Jahres? Erst im
nächsten Jahr? Oder noch später?
Die Kinder von Clark’s Harbor waren genau wie ihre Eltern,
wenn nicht noch schlimmer.
Wenn ihre Eltern Fremde nicht mochten, dann haßten die
Kinder sie. Wenn die Eltern schlecht über die erwachsenen
Palmers sprachen, verhöhnten und quälten ihre Kinder die
jungen Palmers.
Chip wußte, daß sich nichts daran ändern ließ, allerdings
bekümmerte ihn das nicht besonders. Er startete den Motor und
fuhr weiter.
    Robby Palmer sah das Polizeiauto wegfahren und fragte sich,
warum es gehalten hatte. Er wußte, daß auch Missy alles
beobachtet hatte, doch bevor er sich dazu äußern konnte, hörte
er seinen Namen.
»Robby! Baby Robby!« hallte es laut an sein Ohr. Er
brauchte sich gar nicht umzudrehen, um zu wissen, wer ihn
wieder einmal verhöhnen wollte.
    Jimmy Phipps. Er war größer als Robby und ein Jahr älter.
Trotzdem waren beide in derselben Klasse. Von Anfang an
hatte Jimmy es Robby spüren lassen, daß er

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