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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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dachte, sie lebten hier«, meinte Brad, obwohl er ahnte,
was der andere darauf sagen würde.
»O ja, sie lebten hier, aber sie waren Fremde. Sie gehörten
nicht richtig zu uns.«
»Fremde? Wie lange haben sie denn hier gelebt?«
Glind zuckte mit den Schultern, als ob das bedeutungslos
wäre. »Fünfzehn, zwanzig Jahre, ich weiß nicht.« Die Randalls
warfen sich über den Tisch einen Blick zu und dachten im
stillen dasselbe: Wie lange mußte man eigentlich hier leben,
um Teil von Clark’s Harbor zu werden? Dieser
Gedankenaustausch wurde von Glinds künstlicher Heiterkeit
unterbrochen.
»Also, wie wär’s mit dem Heidelbeerkuchen?«
Elaine wirkte, als ob sie mit ihren Gedanken ganz woanders
wäre und akzeptierte, ohne sich dessen richtig bewußt zu
werden, Glinds Angebot. Er trippelte Richtung Küche. Als sie
wieder allein waren, tauschten sie ein schwaches Lächeln aus.
»Fünfzehn oder zwanzig Jahre«, meinte Elaine ironisch, »und
ich dachte immer an ein paar einsame Monate, bevor uns die
Leutchen hier an die Brust drücken…«
»Du mußt es so sehen: was haben wir mit den Leuten hier
schon gemein? Wir waren uns doch immer selbst genug…«
»Das schon«, stimmte Elaine zu, »Selbstgenügsamkeit ist
eine Sache, Parias zu sein eine andere.«
»Darüber würde ich mir nicht so viele Sorgen machen«,
versuchte Brad sie zu trösten, während das Dessert serviert
wurde. »Es wird schon Leute in Clark’s Harbor geben, die uns
willkommen heißen. Man muß sie nur finden.«
Elaine probierte den Kuchen und fand ihn wohlschmeckend.
Dabei kam ihr ein Gedanke. »Die Palmers!«
Brand verstand sofort. »Natürlich«, meinte er lächelnd. Dann
senkte er die Stimme zu Harney Whalens Baß: »Das sind
Fremde, verstehen Sie!«
Elaine lachte auf und vertilgte die letzten Krümel.
    »Das geht uns doch nichts an!« betonte Glen Palmer zum
wiederholten Mal. Er versuchte ein Lächeln, aber der
kummervolle Blick seiner Frau ging ihm zu Herzen.
    »Wie kannst du so etwas sagen?« brauste Rebecca auf. »Sie
wurde auf unserem Land gefunden, Glen!« Als er nicht
reagierte, setzte sie nach. »Die Lichtung gehört doch zu
unserem Land – oder etwa nicht?«
    »Ja, vermutlich schon«, gab Glen widerwillig zu, »aber
trotzdem geht es uns nichts an.«
»Und was ist mit den Kindern? Stell dir vor, sie hätten sie
gefunden, Glen. Stell dir vor, sie kommen auf dem Weg zur
Schule auf den Gedanken, durch das Wäldchen abzukürzen,
und finden sie.«
Sie sah, daß auch dieser Einwand Glen nicht umstimmen
konnte, aber sie versuchte weiter, ihn zu überzeugen.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie schrecklich das war, du
kannst es dir einfach nicht vorstellen.« Wahrscheinlich hätte
sie ihm die Szene noch einmal ausgemalt, wenn nicht in
diesem Augenblick Robby und Missy erschienen wären.
»Was war so schrecklich?« wollte Robby sofort wissen.
Rebecca wollte ihren Sohn in die Arme nehmen, aber dieser
wich ihr aus und ging zum Vater. Instinktiv spürte er, daß die
Eltern verstimmt waren; und wie fast immer in solchen
Situationen ergriff er die Partei des Vaters. »Du meinst Mrs.
Shelling?« mutmaßte er.
»Woher weißt du das denn?« wunderte sich Rebecca
entsetzt.
Robbys Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Jimmy
Phipps ist zum Mittagessen heimgegangen, und seine Mutter
hat ihm alles erzählt. Hast du sie wirklich gesehen?«
Einen Augenblick lang war Rebecca in Versuchung, es
einfach abzuleugnen, doch sie und Glen waren den Kindern
gegenüber immer ehrlich gewesen. Und obwohl es ihr
schwerfiel, wollte sie auch jetzt nicht ausweichen. »Ja«, sagte
sie, »ja, ich habe sie gesehen.«
Robbys Augen weiteten sich neugierig. »Hat sie wirklich in
die Hose gemacht?« wollte er wissen. Rebecca zuckte
erschrocken zusammen; Glen konnte gerade noch ein Grinsen
unterdrücken.
»Das ist manchmal so, wenn Menschen sterben, Liebling«,
erwiderte Rebecca leise.
»Wie sah sie aus? Jimmy Phipps sagte, ihr Gesicht sei ganz
blau gewesen und ihre Zunge sei herausgehängt.«
Rebecca sah die Szene plötzlich wieder genau vor sich und
spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. »Aber das ist doch
nicht wichtig, wie sie ausgesehen hat«, meinte sie schließlich
hilflos.
Robby schien mit dieser Antwort nicht so recht zufrieden zu
sein – warum spielte es plötzlich keine Rolle mehr, wie man
aussah? Für Jimmy Phipps war es auf jeden Fall sehr wichtig
gewesen. Er wandte sich an seinen Vater, als ob dieses
Problem nur von Männern angemessen gelöst werden könnte.
»Was ist

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