Am Strand des Todes
»aber sag’s
bitte nicht weiter – das ist einfach nicht mehr schick.«
»Schick genug für mich«, flüsterte Brad und schob seine
Hand unter ihren Mantel, wo er ihre Brust suchte. »Alles an dir
finde ich schick.« Seine Stimme war jetzt ganz dicht an ihrem
Ohr. »Wann haben wir uns eigentlich das letzte Mal am Strand
geliebt?«
»Noch nie«, flüsterte Elaine zurück, »aber man muß mit
allem ja irgendwann mal beginnen.« Ihre Finger tasteten sich
nach seinem Gürtel, und sie fühlte die Härte in seiner Hose.
Langsam ließ sie sich in den Sand zurücksinken und zog ihn
zärtlich über sich…
»Ich meine, wir sollten noch einmal nach ihm schauen«,
flüsterte Robby Palmer in der Dunkelheit.
»Er ist nicht da draußen«, kam es ebenso leise zurück. »Er
ist verschwunden, und wir werden ihn nie wiedersehen.« Sie
drehte sich in ihrem Bett und verbarg den Kopf im Kissen.
»Nein, das stimmt nicht«, widersprach Robby,
»wahrscheinlich hat er sich in einer Falle in den Wäldern
verfangen oder so etwas.« Er kletterte aus dem oberen Bett
herab und stieß Missy in die Seite. »Schläfst du?«
»Laß mich«, quengelte Missy und verkroch sich noch tiefer
unter ihre Decke. »Ich sag’s Mutter.«
»Wenn du das tust, nehme ich dich nicht mit.«
Missy setzte sich auf und starrte den Bruder an. »Ich geh’
nicht mehr mit dir da raus!« Robby zuckte mit den Schultern.
»Ist viel zu dunkel«, fügte Missy noch hinzu mit Blick auf das
vorhangverhängte Fenster.
»Ist es nicht«, meinte Robby, »der Mond ist raus und läßt
das Wasser glänzen. Schau nur!«
Missy kroch widerwillig aus dem Bett und spähte durchs
Fenster. Unmittelbar vor der Hütte lagen tiefe Schatten, aber
zwischen den Bäumen hindurch sah man das silberne
Mondlicht auf dem Wasser spielen.
»Wir sollten trotzdem im Bett bleiben«, meinte sie.
»Das kannst du ruhig machen, du Baby«, erwiderte Robby,
während er sich die Jeans überstreifte. »Ich geh’ raus und
suche Snooker.«
Missy kroch tatsächlich wieder ins Bett und zog sich die
Decke bis unters Kinn. Sie sah mit ängstlichen Augen zu, wie
ihr Bruder sich anzog. Schließlich öffnete er vorsichtig das
Fenster und kletterte hinaus. Kaum war er verschwunden,
rannte auch Missy zum Fenster, doch Robby war nicht mehr zu
sehen. Er hätte dableiben sollen, nach allem, was in letzter Zeit
geschehen war. Einen Augenblick verharrte sie am Fenster,
dann faßte sie einen Entschluß.
Erschrocken fuhr Rebecca von ihrer Strickarbeit hoch, als
ihre kleine Tochter plötzlich in der Tür erschien.
»Kannst du nicht schlafen, Liebling?« fragte sie.
»Robby ist weg«, sagte Missy, »er ist raus, um nach Snooker
zu suchen. Ich hab’ ihm gesagt, er soll es lassen, aber er ging
trotzdem.«
Rebecca fühlte, wie ihr die Angst das Herz
zusammenschnürte, und wandte sich mit entsetzten Augen an
Glen. Doch der war bereits auf den Beinen und zog seine
Windjacke über.
»Wann ist er raus?«
»Gerade eben«, antwortete Missy mit großen Augen,
während ihr Vater durch die Tür nach draußen stürzte. »Ihm
wird bestimmt nichts geschehen«, rief sie ihm noch nach, doch
Glen war bereits verschwunden. Rebecca legte ihr Strickzeug
zur Seite und nahm Missy in die Arme.
»Natürlich wird ihm nichts geschehen«, sagte sie leise,
»natürlich nicht.« Doch ihre eigene Angst wurde dadurch nicht
geringer.
Robby war rasch um die Ecke der Hütte im Wäldchen
untergetaucht. Ganz bestimmt würde seine Schwester ihn
verraten, Mädchen waren nun mal so, dachte er, und wünschte
sich wieder einmal einen Bruder. Doch dann vergaß er Missy
und konzentrierte sich ganz auf den Weg. Zuerst folgte er dem
Pfad, der zum Hauptweg führte, bog dann aber kurz davor
Richtung Strand ab. Allerdings war er sich nicht sicher, wo er
herauskommen würde. Nachts sah alles ganz anders aus, auch
wenn der Mond noch so hell strahlte. Überall diese Schatten –
der Pfad schien von ihnen aufgesogen zu werden, und die
Bäume wirkten riesig und unheimlich.
Als er einige Minuten später die Stimme seines Vaters
seinen Namen rufen hörte, war er in Versuchung umzukehren,
doch dann würde Missy ihn bestimmt auslachen. Er
beschleunigte seine Schritte und versuchte verzweifelt mit den
Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Immer wieder stolperte
er über herabgefallene Äste oder Wurzeln. Ganz überraschend
stand er dann plötzlich auf der kleinen Lichtung. Irgend etwas
ließ ihn spüren, daß dies die Stelle war, an der Mrs. Shelling
sich erhängt hatte. Er
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