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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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befestigte. Diesen
primitiven Treibanker warf er weit über Bord in der Hoffnung,
daß die Strömung sich darin verfing und das Boot wieder in die
normale Richtung drehte. Wenn auch das nicht gelang, wäre es
wohl besser, er verließe das Boot…
    Der Wind schien noch immer aufzufrischen – und er hielt
auf die Küste zu. Falls es ihm gelang, das kleine Beiboot zu
takeln, brachte er ihn vielleicht zum Strand zurück. Sollte das
aber fehlschlagen, würde ihn die Ebbe auf das offene Meer
hinausziehen…
    Blieb er aber an Bord, und der Treibanker funktionierte,
hatte er eine Chance, den Sturm auf See zu überstehen;
vorausgesetzt er kam an den Klippen am Hafeneingang vorbei.
Die Gefahr des Kenterns war mit dem Beiboot viel zu groß.
Und in dem eisigen Wasser würde er in spätestens zehn
Minuten bewußtlos und in zwanzig Minuten tot sein. Bei
Tageslicht hätte er immerhin noch die schwache Chance
gehabt, von jemand entdeckt zu werden; doch in dieser Nacht
konnte er sich nur auf sich allein verlassen.
    Als er zu dieser Entscheidung gekommen war, zerriß erneut
ein Blitz den düsteren Himmel. Er sah, daß der Treibanker
tatsächlich seinen Zweck erfüllt hatte. Der Trawler lag nun
wieder mit dem Bug voraus in der Strömung – und Max hatte
plötzlich die Hoffnung, die weit voraus erkennbaren
Felsklippen steuerbord umfahren zu können. Er ging zurück ins
Ruderhaus und zündete sich eine neue Zigarette an. Jetzt
konnte er nur noch hoffen…
    Harney Whalen parkte den Streifenwagen vor seinem Haus und
eilte die Stufen zur Vordertür hinauf. Erst nachdem er sie
hinter sich wieder ins Schloß gedrückt hatte, knipste er das
Licht an. Seine Uniform war völlig durchweicht, und er spürte
die Kälte bis ins Mark. Auch sein Herz schlug mit ungewohnt
hoher Frequenz.
    Er riß sich die klammen Kleider vom Leib und schlüpfte in
den Bademantel. Dann drehte er nicht nur die Heizung auf,
sondern zündete auch noch den Kamin an; und schließlich
mixte er sich einen besonders starken Brandy mit Soda. Erst als
er den zweiten auch schon fast hinuntergekippt hatte, stellte er
sich unter die heiße Dusche. Langsam begann die Kälte aus
seinen Knochen zu weichen. Und dann saß er abgetrocknet und
mit dem Glas in der Hand vor dem Feuer und grübelte erneut
über das Geschehen dieses Tages nach. Er erinnerte sich, an
der Sod Beach draußen gewesen zu sein, wo er in seinem alten
Haus vor dem Kamin gesessen war und den Regen und das
Alleinsein genossen hatte. Über ihm war der Sturm die Küste
heruntergebraust, und wenn er ans Fenster trat, konnte er
sehen, wie die Blitzbündel über Clark’s Harbor zündeten. Vor
dem anheimelnden Feuer war er ins Tagträumen gekommen –
oder war es wieder einer seiner ›Anfälle‹ gewesen? Denn
danach kam er erst wieder zu sich, als er im Streifenwagen
nach Hause fuhr. Warum aber war seine Uniform in diesem
Zustand? Der Wagen war nur zehn oder zwanzig Schritte vom
Baron-Haus entfernt abgestellt gewesen. Selbst wenn er auf
allen vieren durch den Dreck zu ihm hingekrochen wäre, dürfte
sie nicht so aussehen…
    Für den Bruchteil einer Sekunde durchzuckte eine andere
Erinnerung sein Bewußtsein. Er sah sich im Sturm am Strand
entlanggehen und aufs Meer hinausstarren. Und da war noch
etwas – Schatten, auf seltsame Weise vertraute Schatten, die
ihm etwas zuriefen. Doch er konnte sich den Kopf noch so sehr
zerbrechen, mehr gab seine Erinnerung einfach nicht her.
    Er mixte sich seinen dritten, diesmal aber bedeutend
schwächeren Drink. Vielleicht sollte er sich wegen dieser
›Anfälle‹ mal an Dr. Phelps wenden? Aber er verwarf den
Gedanken sofort wieder. Der Doktor würde auf einer
Gesamtuntersuchung bestehen, und die wollte Whalen auf
jeden Fall vermeiden. Schließlich wußte man nie, was der Arzt
fand, und er wollte die wenigen Jahre bis zur Pensionierung
noch im Dienst bleiben. Besser, man weckte keine schlafenden
Hunde!
    Das Klingeln des Telefons riß ihn aus seinem Sinnieren.
»Whalen«, meldete er sich automatisch. »Harn? Wo steckst du
bloß?« Chip Connors Stimme klang fast anklagend, was
Whalen gar nicht gefiel.
»Weg«, sagte er brüsk. Es gab eine Pause, und Whalen
freute sich, als er die Betroffenheit seines Stellvertreters am
anderen Ende der Leitung spürte.
    »Ich hab’ den ganzen Abend versucht, dich zu erreichen«,
erklärte Chip sehr viel verbindlicher. »Dachte, es interessiert
dich, daß ein paar Fischer im Gasthaus eingetroffen sind.«
    »Fischer?« vergewisserte sich

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