Am Strand des Todes
einem angedeuteten Nicken. An der
Bar bestellte er ein Bier und nahm sich vor, es langsam zu
trinken. Bestimmt würde das Warten eine Weile dauern…
Rebecca saß vor dem Kamin und versuchte, sich auf ihre
Strickarbeit zu konzentrieren. Aber schon nach wenigen
Augenblicken stand sie wieder auf und trat erneut ans Fenster.
Ohne Erfolg versuchten ihre Augen die regendurchtoste
Dunkelheit zu durchdringen.
Es war schon fast anderthalb Stunden her, seit Glen sie
alleingelassen hatte. Das bedeutete, daß er schon seit einer
Stunde überfällig war. Sie war nach seinem Verschwinden
noch eine Zeitlang am Fenster gestanden und hatte sein
Taschenlampensignal gesehen und richtig gedeutet. Aber dann
– sie wußte nicht genau, wieviel Zeit inzwischen vergangen
war – ließ sie die Explosion erneut ans Fenster hasten, von wo
sie weit jenseits des Strands den Feuerball am Nachthimmel
stehen sah. Und dann war die zweite Explosion erfolgt…
Und danach nichts mehr als ihre innere Unruhe und Angst.
Mehrfach war sie in Versuchung gewesen, ebenfalls an den
Strand zu laufen und nach Glen zu suchen. Vergeblich hatte sie
versucht, sich durch Stricken abzulenken.
Irgend etwas hielt Glen auf. Und ihr Gefühl sagte ihr, daß es
mit der Explosion zu tun hatte.
Wenn sie nur ein Telefon gehabt hätten! Wenn nur die
Kinder etwas älter gewesen wären, damit sie sie eine Weile
alleinlassen konnte! Wenn nur der Sturm endlich nachlassen
würde!
Aber sie hatten nun mal kein Telefon, und die Kinder konnte
sie unmöglich alleinlassen… Und der Sturm schien noch lange
nicht nachzulassen!
Sie wollte gerade wieder ans Fenster treten, als sie meinte,
eine Autotür ins Schloß fallen zu hören. Sie erstarrte und
lauschte angestrengt. Ein Klopfen an der Tür.
Mit pochendem Herzen ging sie schnell zur Tür, zögerte aber
dann, sie zu öffnen. Irgend etwas schien sie warnen zu wollen.
»Wer ist da?« fragte sie gedämpft, um die Kinder nicht zu
wecken.
»Chip Connor«, klang es herein. Rebecca riß die Tür auf und
starrte dem Polizisten voller Angst entgegen.
»Was ist geschehen?« fragte sie erschrocken, »ist etwas
passiert?«
»Nein, es ist nichts passiert, Mrs. Palmer. Zumindest ist Glen
nichts passiert. Darf ich reinkommen?«
Rebecca spürte, wie ihre innere Spannung plötzlich abebbte;
ihre Knie drohten nachzugeben. »Natürlich«, sagte sie und trat
zur Seite, um ihm Platz zu machen. Sie schloß hinter ihm die
Tür und trat dann ans Feuer, um es zu schüren.
»Was ist geschehen? Wo ist Glen?«
»Alles in Ordnung, Mrs. Palmer. Er bat mich, zu Ihnen
rauszufahren und Sie zu beruhigen. Er kommt, sobald er kann.«
Er sah den fragenden Blick auf Rebeccas Gesicht und
entschloß sich zu einer Erklärung. »Es gab einen Unfall. Wir
wissen aber noch nicht genau, was geschehen ist«, begann er,
aber Rebecca unterbrach ihn.
»Ein Unfall?« fragte sie wie benommen. »Was für ein
Unfall? Ich habe die Explosion auf dem Wasser draußen
gesehen, hat es damit zu tun?«
Chip nickte. »Ja, das hat es. Ein Boot, von außerhalb, das
über Nacht am Kai festgemacht hatte, hat sich losgerissen und
ist auf die Klippen gelaufen, wo es explodierte.«
»Mein Gott«, stöhnte Rebecca, »ist jemand verletzt?«
»Kann sein, daß jemand auf dem Boot war, das wissen wir
noch nicht genau. Und als ich dann zum Hafen runterkam, stieß
ich auf Glen, der alles beobachtet hatte. Deshalb hat Whalen
ihn gebeten, sich noch zur Verfügung zu halten.« Chip hielt es
für überflüssig, in diesem Punkt genau zu sein. Rebecca würde
noch früh genug erfahren, daß Whalen nicht bat, sondern
befahl.
»Gott sei Dank«, meinte Rebecca erleichtert, »Sie haben
keine Ahnung, welche Sorgen ich mir machte. Er sollte schon
lang zurücksein – und dann diese Explosionen und…« Sie
bemerkte Chips erstaunten Gesichtsausdruck und brach ab.
»Sie meinen, er war nicht hier, als das Boot explodierte?«
fragte er.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Rebecca, »hat er Ihnen das
nicht erzählt?«
»Er hat mir nicht viel erzählt«, meinte Chip, »aber wo war er
denn dann?«
»Er war runter an den Strand gegangen, um einen Blick in
das alte Haus zu werfen – das, das die Randalls gemietet
haben. Missy
– unsere Tochter
– hat behauptet, heute
nachmittag wäre jemand in dem Haus gewesen, und Glen
wollte mal nachschauen. Wahrscheinlich hat er die
Explosionen von dort aus gesehen und ist dann zum Hafen
gelaufen.«
»Wie lange war er schon weg? Ich meine, vor den
Explosionen?«
»Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher