Am Strand des Todes
machen. Und machen
Sie in Zukunft um Clark’s Harbor einen weiten Bogen!«
Er klopfte Jeff vertraulich auf die Schulter, doch der Jüngere
drehte sich verärgert zur Seite.
»Ich werde herausfinden, was hier geschehen ist«, sagte er.
»Vielleicht werden Sie das, mein Junge«, meinte Riley fast
heiter, »aber verlassen würde ich mich darauf nicht. Am besten
lernen Sie mit dem Unerklärlichen zu leben – wie wir alle
hier.«
»Das kann ich nicht«, sagte Jeff fast unhörbar, »ich muß
einfach wissen, was meinem Bruder zugestoßen ist.«
»Manchmal ist es besser, man kennt die Hintergründe nicht«,
sagte der alte Mann. »Aber ich vermute, das begreifen Sie noch
nicht – oder täusche ich mich?«
»Nein…«
»Sie werden es lernen, vielleicht schon sehr bald…«
Der alte Mann klopfte ihm noch einmal auf die Schulter und
entfernte sich. Plötzlich wandte er sich um, und Jeff dachte
schon, er wolle noch etwas sagen. Aber dann schien er seine
Meinung erneut zu ändern und stapfte über den Kai davon.
Jeff machte sich kurz darauf ebenfalls auf den Weg. Er
verfolgte den schmalen Strandstreifen, der den Hafen säumte.
Vielleicht stieß er doch auf ein Wrackteil der ›Osprey‹, das ihm
einen Hinweis auf das Vorgefallene geben konnte.
Der Sturm hatte eine Schlickschicht an Land geworfen,
vermengt mit Auswaschungen aus dem Strandwald. Jeffs
Stiefel wurden immer schwerer, während er sich dem südlichen
Hafenausläufer näherte. Hier etwas zu finden, war recht
unwahrscheinlich. Sofern es überhaupt Wrackteile gab, waren
sie mit der Ebbe hinausgetragen und dann von der Strömung
vor der Küste nach Norden getrieben worden. Aber von der
Landspitze aus würde er einen besseren Blick auf die Klippen
haben. Vielleicht ließ sich von dort aus etwas erkennen, was
vom Kai nicht zu sehen war.
Doch er sah nichts als die schwarz glänzenden Granitfinger,
die in der jetzt ruhigen See jede Bedrohlichkeit verloren hatten.
Keine Spur ihres Opfers der vergangenen Nacht; ruhig und
heiter stießen sie in die strahlende Vormittagssonne.
Jeff starrte lange Zeit bewegungslos auf sie hinaus, als ob die
Nähe des Unglücksortes ihm Aufschluß über das Geschehen
geben könnte. Endlich wandte er sich wieder um und ging über
den sandigen Untergrund ein Stück zurück. Dann folgte er dem
ausgetretenen Pfad, der quer über den Fuß der Landspitze zu
der kleinen Felsküste führte. Sorgfältig untersuchte er die
offensichtlich erst letzte Nacht angeschwemmten
Treibholzstücke, doch er fand nichts, was vielleicht einmal Teil
ihres Trawlers hätte gewesen sein können.
Und dann stand er plötzlich am Südende der Sod Beach.
Unwillkürlich lösten sich seine Augen vom Boden und
umfaßten die schier überirdische Schönheit dieses Ortes.
Unbegreiflich, daß in seiner Nähe so schreckliche Dinge
geschehen konnten! Weiß glänzte der Sand im Sonnenlicht, der
hier durch das sanfte Spiel der Wellen vom Schlick bereits
wieder befreit war. Die vom Sturm an Land gespülten
Treibholzhaufen schienen die friedliche Heiterkeit des Ortes
nur noch zu betonen.
Jeff schlenderte, angesteckt von der Schönheit dieser
Umgebung, selbstvergessen den Strand entlang. Für
Augenblicke dachte er nicht mehr an die Schrecken der
vergangenen Nacht. Er hob einen kleinen Kiesel auf und zielte
mit ihm geschickt auf ein Treibholzstück an der Wassergrenze.
Laut lachte er auf, als der braune Schatten eines winzigen
Otternjungen dahinter auftauchte, das ihn erschrocken
anstarrte, bevor es sich Richtung Wäldchen davonmachte.
Er verfiel in Trab. Das Laufen tat ihm gut. Es nahm die
innere Spannung und ließ ihn wieder freier atmen. Erst als er
spürte, daß seine Herzfrequenz zu hoch wurde, mäßigte er das
Tempo und setzte sich dann schwer atmend auf einen der
angeschwemmten Stämme.
Er hatte den im Wasser treibenden Gegenstand bestimmt
schon einige Sekunden angestarrt, bevor er ihm wirklich zu
Bewußtsein kam. Die gräuliche, naß glänzende Masse
dümpelte vielleicht dreißig Meter vor der Küste im Wasser und
schien halb untergetaucht. Zuerst hielt Jeff es für ein Stück
Treibholz, doch als es langsam näherkam, erkannte er seinen
Irrtum. Es mußte ein Stück Segeltuch sein. Jeff sprang auf und
lief bis zum Wasser vor. Plötzlich war er sich sicher, auf ein
Teil der ›Osprey‹ gestoßen zu sein.
Der Segeltuchballen rollte mit der See unschlüssig hin und
her, bis ihn dann eine größere Welle aufnahm und Richtung
Küste schwemmte.
Jeff trat einige Schritte
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