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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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gelegen und hatte versucht, sich das Geschehene auf
irgendeine Weise begreiflich zu machen. Das hätte ihm
vielleicht etwas Trost gespendet. Doch alles vergeblich. Max
hatte nur vorgehabt, ihr Boot zu sichern. Bestimmt war er nicht
allein ausgelaufen. Ohne ihn und bei einem solchen Sturm!
    Aber er mußte auf dem Boot gewesen sein. Sonst wäre er
schon lange in den Gasthof zurückgekehrt.
Doch wenn er an Bord war, warum hatte er dann nicht mit
Hilfe der Maschinen das Boot um die Klippen herumgesteuert?
Eigentlich gab es nur eine logische Antwort auf diese
Überlegungen: die Maschinen hatten nicht funktioniert.
Jemand mußte sie präpariert haben. Aber wer? Und warum?
Sie waren hier völlig fremd. Niemand hatte einen Grund, sie zu
sabotieren.
Alles Grübeln ergab keinen Sinn. Fest stand nur, daß sein
Bruder verschwunden und ihr Boot zerstört war. Jeff hatte sich
noch nie so allein und hilflos gefühlt.
Mehrmals war er in der Nacht ans Fenster getreten und hatte
auf den Kai hinuntergespäht. War alles nichts als ein Alptraum
gewesen und lag die ›Osprey‹ friedlich dümpelnd im Hafen vor
Anker? Gegen Morgen dann mied Jeff das Fenster. Ihm graute
vor dem Augenblick, wenn er im Tageslicht den verwaisten
Liegeplatz zu Gesicht bekommen würde. Dann konnte er der
schrecklichen Wahrheit nicht mehr ausweichen …
Merle Glind warf ihm einen fast anklagenden Blick zu, als er
die Treppe herunterkam; ohne diesen Fremden hätte man die
unerfreulichen Ereignisse der letzten Nacht sehr viel rascher
vergessen können. Jeff hastete an dem kleinen Mann vorbei,
ohne sich auf ein Gespräch einzulassen. Auf dem Vorbau blieb
er stehen und zwang sich, den Blick von dem leeren Liegeplatz
bis hinaus zur Hafeneinfahrt mit ihren Riffen schweifen zu
lassen.
Nicht eine Spur des Trawlers, der erst vor wenigen Stunden
dieselbe Fahrt gemacht haben mußte…
Doch die nackten Felsen gaben Jeff zugleich auch wieder ein
bißchen Hoffnung. Mit gesenktem Kopf schritt er zum Hafen
hinab und stand dann lange Zeit vor dem leeren Liegeplatz der
›Osprey‹. Plötzlich wurde er von hinten angesprochen.
»Sie ist verloren, mein Junge«, sagte Mac Riley leise. Jeff
fuhr herum und musterte den Alten.
»Ich habe Sie gewarnt«, meinte Riley ohne jede Spur von
Schadenfreude, »bei Sturm ist hier nichts sicher.«
»Es war nicht der Sturm«, erwiderte Jeff, »es gibt keinen
Sturm, der unsere Taue hätte zerreißen können. Jemand muß
sie gekappt haben.«
Riley ließ sich auf keine Diskussion ein. Sein Blick löste
sich von Jeff und wanderte zur Hafeneinfahrt hinaus.
»Eigentlich müßte man da draußen doch Wrackteile sehen,
nicht wahr?« sinnierte er. Bevor Jeff sich dazu äußern konnte,
fuhr er fort:
»Aber so ist die See hier eben. Anderswo wirft sie Schiffe
auf die Klippen und läßt sie dort jahrelang hängen wie zur
Warnung für die andern. Aber bei uns verschlingt sie ihre
Beute und gibt sie nicht mehr her. Schätze, das wird auch bei
eurem Boot so sein. Vielleicht taucht nie mehr auch nur eine
Planke davon auf.«
»Das gibt es nicht«, widersprach Jeff, »irgendwo wird
bestimmt etwas an Land gespült.«
»Wenn ich in Ihrer Haut steckte, würde ich mich
davonmachen und die Dinge auf sich beruhen lassen«,
wechselte der Alte abrupt das Thema. »Hier können Sie nichts
mehr tun, mein Junge. Clark’s Harbor ist nun mal anders. Hier
laufen die Dinge nach einem anderen Schema ab.«
»Das hat euer Polizeichef letzte Nacht auch gesagt«, brauste
Jeff auf, »aber was soll das heißen? Ist das etwa eine
Drohung?«
»Es ist die See hier – und der Strand«, erklärte der Alte wie
abwesend. »Die Indianer wußten das. Für sie war das hier ein
heiliger Ort. Und vielleicht ahnen wir auch noch etwas davon.
Fremde müssen sich hier vorsehen. Wenn sie das nicht
beachten, kann es schreckliche Folgen haben. Hoffentlich
merken Sie sich meine Worte!«
»Was hat das mit mir zu tun«, wehrte sich Jeff, »mein
Bruder ist verschwunden, und unser Boot ist zerstört, was
interessieren mich da Ihre Indianer!«
»Er ist tot, mein Junge. Wenn er auf dem Boot war, ist er
tot.« Es war eine nüchterne Tatsachenfeststellung.
»Erst wenn ich seine Leiche vor mir sehe, glaube ich, daß er
tot ist«, erwiderte Jeff. »Bis dahin ist er für mich
verschwunden.«
»Das können Sie halten, wie Sie wollen«, meinte Riley
gelassen. »Aber wenn ich Sie wäre, würde ich so rasch wie
möglich nach dort zurückkehren, von wo ich gekommen bin,
und versuchen, einen neuen Anfang zu

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