Am Strand von Malibu
Zweifel, die sie an Dianes Behauptung geäußert hatte, jetzt mehr als peinlich. „Ich freue mich, dass Ihnen mein Buch gefallen hat", lenkte sie ein. „Eileen war eine tapfere Frau."
„Das kann man wohl sagen." Diane blickte versonnen vor sich hin. Glücklicherweise erschien Maria in diesem Moment und lenkte sie ab. „Kaffee und frischen Orangensaft, bitte", sagte Diane, und Maria zog sich wieder zurück.
Die Sonne schien mit jeder Minute mehr Kraft zu bekommen, und Olivia fand die Temperatur unerträglich. Ihr war es trotz ihres dünnen Kleides viel zu heiß.
„Vielleicht denken Sie, ich hätte Ihnen nur Richards wegen diesen Auftrag gegeben.
Aber da irren Sie sich. Obwohl Sie sicher schon gemerkt haben, wie glücklich er über Ihr Kommen ist."
„Wirklich?" Olivia wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Um ihre Verlegenheit zu überspielen, kramte sie in ihrer Tasche, um nach einem Erfrischungstuch zu suchen.
„Das wissen Sie ganz genau. Und ich kenne Richard gut genug, um zu wissen, dass er es Ihnen bestimmt schon gesagt hat. Wahrscheinlich hat er Ihnen auch schon erzählt, dass wir Eheprobleme haben. Das wäre typisch für ihn."
„Das geht mich nichts an." Olivia war mit der Situation derart überfordert, dass sie sogar Richard herbeisehnte. Sie hatte nicht im Traum daran gedacht, dass Diane ihr so offen und freundlich begegnen würde. Sie war davon ausgegangen, dass Diane ihr genauso feindlich gesonnen war wie sie ihr.
„Wenn Sie meinen." Diane schien eine Konfrontation auf alle Fälle vermeiden zu wollen. Sie rekelte sich behaglich auf ihrer Liege und sah dabei unbeschreiblich jung und hübsch aus. Olivia wusste, dass Diane fünfunddreißig war, was man ihr wirklich nicht ansah. „Erzählen Sie mir doch, wie Sie dazu gekommen sind, Schriftstellerin zu werden."
„Ich habe schon immer geschrieben. Ich ..." begann sie, wurde jedoch jäh unterbrochen.
Ein weiterer Besucher war erschienen. Sie hörte im Hintergrund eine männliche Stimme und Marias Lachen. Olivia und Diane drehten sich gleichzeitig um.
Ein Mann in hellem Leinenanzug kam auf sie zu. Olivia erkannte ihn sofort. Diane rief erfreut seinen Namen und lief ihm entgegen, um ihn zu umarmen. Olivia wurde es schwer ums Herz. Joe Castellano war offenbar enger mit Diane befreundet, als sie angenommen hatte.
4. KAPITEL
Olivia wollte einfach nicht mit ansehen, wie Diane an Joe Castellanos Hals hing, und griff nach Notizblock und Kugelschreiber. Sie musste sich die wichtigsten Fragen aufschreiben, die sie Diane stellen wollte. Fragen, die nicht ihren Lebenslauf betrafen, sondern ihre Einstellung zur Umwelt, zur politischen und sozialen Lage. Aber außer den Stichworten
„Kriminalität", „Arbeitslosigkeit" und „Drogen" brachte sie nichts zu Papier.
Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Obwohl sie nicht hinsehen wollte, wurde ihr Blick doch wie magisch von dem Paar am Beckenrand angezogen. Sie sah, wie sich Diane an Joe schmiegte und mit den nackten Füßen seine Waden streichelte. Sie sah Joes tiefgebräunte Hand auf ihrem Rücken liegen.
Plötzlich erinnerte sich Olivia. Hatte Kay nicht gesagt, dass Diane bestimmt einen anderen hätte? Nein, dachte sie entsetzt, das darf doch nicht wahr sein! Joe Castellano Dianes Liebhaber? Er hatte gesagt, er sei ein Bekannter. Und sie hatte es ihm geglaubt!
War ihr vorher heiß gewesen, hatte sie jetzt das Gefühl, ersticken zu müssen. Sie wünschte sich meilenweit weg. Und sie war so vermessen gewesen, sich Hoffnungen auf diesen Mann zu machen! Am liebsten wäre sie vor Scham im Erdboden versunken.
Joe und Diane kamen jetzt auf sie zu. Sie musste versuchen, sich normal zu benehmen, und irgendwie die nächsten Minuten überbrücken. Dann konnte sie aufstehen und sich verabschieden. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Beine sie tragen würden, denn sie hatte ganz weiche Knie.
„Joe hat mir gesagt, dass Sie sich schon kennen", sagte Diane völlig Unbefangen und lächelte freundlich. Warum sollte Diane auch eifersüchtig sein auf eine Frau, die ihr nicht das Wasser reichen konnte? Olivia wusste schließlich nur zu gut, dass sie im Vergleich zu Diane ein graues Mäuschen war.
Olivia nickte stumm und blätterte nervös in ihrem Notizblock. Doch irgendetwas musste sie schließlich sagen. „Nett, Sie wieder zu sehen, Mr. Castellano", brachte sie schließlich mühsam hervor.
„Sie haben also Ihr Hotel gefunden?" Er lächelte.
„Ja. Miss Lovelace hatte alles perfekt organisiert."
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