Am Tor zu Atlantis
Brust.
Dieser wilde Feind trug keine Schuhe. Seine Reaktion sah jedoch aus, als wäre er aus den Schuhen gehoben worden. Er zuckte kurz in die Höhe, riss die Arme hoch und fiel dann rücklings zu Boden.
Schräg und etwas seinem Gesicht zugewandt, blieb die Lanze im Körper stecken.
Ich hoffte, dass es für die anderen Mitglieder der Meute Warnung genug war. Jetzt endlich konnten wir dazu übergehen, den Platz zu wechseln. Das Schicksal hatte jedoch etwas anderes mit uns vor, denn hinter uns hörten wir ein Geräusch.
Purdy Prentiss fuhr herum.
Eine Sekunde später rief sie: »Die Tür ist offen!«
»Was?«
Es war kaum zu glauben, doch es stimmte. Jemand hatte sie von innen her für uns aufgezogen, und wir konnten endlich das tun, was wir schon lange vorgehabt hatten.
Purdy lief zuerst auf die Öffnung zu. Nicht ganz freiwillig, denn Suko hatte ihr einen leichten Stoß versetzt. Suko folgte ihr. Ich ging auch, allerdings rückwärts, weil ich die Wesen im Auge behalten wollte, da ich mit einem Angriff rechnete.
Nein, sie kamen nicht. Sie hatten sich um ihren toten Artgenossen geschart und sprachen zischelnd und pfeifend miteinander.
Ich lief über die Schwelle in das dunkle Haus hinein, das wenig später nicht mehr so finster war, denn Suko hatte seine Lampe eingeschaltet und leuchtete in die Runde.
Ein fast leerer Raum tat sich vor uns auf. Aber wir sahen eine Treppe, die nach oben führte, und wir entdeckten einen steinernen Sitzplatz, auf dem ein Mann hockte, er mit einem Gewand bekleidet war, darüber einen Kettenschutz trug und in der linken Hand ein Schwert hielt, dessen Klingenspitze er gegen den Boden gestemmt hatte.
Ob im Gesicht des Mannes ein Bart wuchs oder es ein Schatten war, der es dunkler machte, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich stand auch nur da und schaute die Person an, weil ich mich wie vor den Kopf geschlagen fühlte.
Ich erlebte hier keine Halluzination. Was ich sah, entsprach der Wahrheit, auch wenn sie im Moment für mich unbegreiflich war.
Der Mann, der so nachdenklich und auf sein Schwert gestützt auf dem Thron saß, war Delios, Vater von Kara, der Schönen aus dem Totenreich...
***
Mich traf die Erkenntnis wirklich wie ein Schlag gegen die Brust. Ich taumelte sogar etwas zurück und merkte mit einem Seitenblick, dass mich Purdy Prentiss offenen Mundes anschaute, weil sie nicht begriff, was in mir vorging.
Suko schon. Er kannte Delios. Er verstand meine Überraschung. Um seinen Mund herum hatte sich ein feines Lächeln ausgebreitet. Möglicherweise dachte er jetzt daran, dass wir einen Helfer bekommen hatten, denn Delios war jemand, der auf unserer Seite stand.
Schon im alten Atlantis, in dem wir uns bekanntlich befanden, war er jemand gewesen, der sich gegen die Mächte der Finsternis gestemmt hatte, auch den Schwarzen Tod besiegen wollte, was er leider nicht geschafft hatte, denn den Untergang des Kontinents hatte er nicht aufhalten können. Er und seine Freunde, vor allen Dingen seine Tochter Kara, die sein Schwert geerbt hatte, hatten das Bollwerk gegen das Böse geschaffen und eine Niederlage erleiden müssen.
Dabei war Delios ein letzter Schachzug gelungen. Er wusste ja, dass er sterben musste. Seiner Tochter Kara hatte er das Schicksal ersparen wollen und ihr wenige Tropfen einer Flüssigkeit überlassen, die sich Trank des Vergessens nannte.
Kara war nicht mit dem Kontinent zusammen untergegangen. Sie hatte die Flüssigkeit getrunken und war in einen sehr langen Schlaf gesunken, der Tausende von Jahren gedauert hatte.
Erst in meiner Zeit war sie wieder erwacht. Ebenso wie ihr ehemaliger Feind Myxin, der kleine Magier und Herr der schwarzen Vampire. Er stand, ebenso wie sie, jetzt auf unserer Seite. Beide lebten zusammen mit dem Eisernen Engel und seiner Partnerin Sedonia bei den Flammenden Steinen, einem unsichtbaren Refugium irgendwo mitten in England.
Diese Gedanken und Zusammenhänge schossen durch meinen Kopf.
»Delios!«, hauchte ich.
Erstaunt schaute mich Purdy an. »Du... du... kennst ihn?«
»Das kann man wohl sagen.«
Sie wollte mehr wissen, das sah ich ihr an. Es war jedoch nicht der richtige Zeitpunkt für lange Erklärungen. Das Erscheinen dieses gerechten Kämpfers musste einen Grund haben.
Wir kannten uns. Ich hatte auch seine Tochter Kara in der Vergangenheit erlebt und hatte nun öfter in meiner Zeit das Vergnügen, sie zu sehen. Aber ihren Vater kannte ich nur aus Besuchen in der Vergangenheit. Er hatte mich stets akzeptiert,
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