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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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und die weiten Ebenen sah, von denen Bryan so geschwärmt hatte, aber auch zunehmende Angst, den Anforderungen dieser ungestümen Natur nicht gewachsen zu sein. Ein seltsames Prickeln erfüllte ihren Körper, ließ sie am Ufer des Flusses entlanggehen und in die Hitzeschleier in der Ferne blicken.
    Erst als sie die Augen zu schmalen Schlitzen zusammenkniff, erkannte sie die schattenhaften Reiter am Horizont. Sie waren nur für einen Sekundenbruchteil zu sehen. Mit Lanzen und Gewehren bewaffnete Krieger, mit ihren Pferden verwachsen und gleich darauf wieder hinter den fernen Hügeln verschwunden. Als hätten sie es darauf angelegt, von ihr gesehen zu werden.
    »Kiowas«, sagte eine Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und erkannte den Wagenboss. »Junge Krieger, die uns imponieren wollen. Die werden uns nicht gefährlich. Die Comanchen würden vielleicht einen Angriff wagen, aber nicht die Kiowas. Sie können ganz beruhigt sein. Wenn es Comanchen wären, hätten Sie die Krieger erst gesehen, wenn es schon zu spät gewesen wäre.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ganz sicher«, antwortete er lächelnd. »Und jetzt kommen Sie, ich lade Sie zum Frühstück ein. Es gibt Biskuits und die Bohnen von gestern.«
    Molly hatte die letzten Wochen über kaum etwas anderes gegessen. »Klingt verlockend«, erwiderte sie dennoch. Doch während sie das sagte, blickte sie noch einmal in die Ferne und suchte nach den Kriegern, die vor wenigen Augenblicken auf den Hügeln erschienen waren. Sie waren verschwunden.

26
    »Jornada del Muerto«. Molly erfuhr auf wenig angenehme Weise, warum die Mexikaner die neunzig Meilen zwischen dem Arkansas River und der Upper Spring die »Reise des Todes« nannten. Wie ein Leuchtfeuer brannte die Sonne vom hellblauen, fast weißen Himmel, und gläserne Hitzeschleier hingen über dem rissigen, von zahlreichen Furchen durchzogenen Boden. Glühend heißer Wind strich über das spärliche Gras und trieb ihr die Glut ins Gesicht.
    Die Hitze war beinahe unerträglich und der aufwirbelnde Staub so dicht, dass sie selbst der tief in die Stirn gezogene Hut und das feuchte Halstuch, das sie sich über Mund und Nase gezogen hatte, nicht ausreichend schützten. Der feine Sand drang in Mund, Nase und Ohren und knirschte zwischen ihren Zähnen, zwang sie dazu, ständig eine Hand vor das Gesicht zu halten, um ihn nicht in die Augen zu bekommen. Ihre Wasserflasche war gefüllt, auch das Wasserfass, das auf einer Seite des Wagens befestigt war, doch sie waren gezwungen, ihre Wasservorräte streng einzuteilen, um über die nächste Woche zu kommen und auch am letzten Tag in der Wüste noch Wasser zu haben.
    Mitch Miller fluchte unablässig. Er gebrauchte Schimpfwörter, die Molly noch nie gehört hatte, und ließ den Riemen seiner schweren Bullpeitsche auf die Rücken der müden Ochsen klatschen. »Nur keine Müdigkeit vortäuschen!«, rief er ihnen zu. »Wollt ihr wohl die Hufe heben?« Im gleichen Atemzug verdammte er die Indianerin, die ihn im Stich gelassen und gezwungen hatte, in die Welt der Weißen zurückzukehren und eine Arbeit wie diese anzunehmen. Auch seine Wut auf seine ehemalige Frau ließ er an den Ochsen aus, hieb noch heftiger und gnadenloser auf die armen Zugtiere ein.
    »Wenn Sie so weitermachen, brechen die Ochsen bald zusammen und wir bleiben mit unserem Wagen mitten in der Wüste liegen«, ermahnte Molly den Kutscher. Sie bereute schon lange, sich dem ungehobelten Burschen angeschlossen zu haben, und verstand auch nicht, warum Luther Bradley auf ihn hereingefallen war. »Wollen Sie denn unbedingt den Comanchen in die Hände fallen?«
    »Was wissen Sie schon von den Comanchen!« Miller zauberte eine weitere Whiskeyflasche hinter dem Kutschbock hervor und nahm einen tiefen Schluck. »Wenn Ihnen nicht gefällt, was ich mache, können Sie gerne umkehren.« Er wischte sich mit dem Jackenärmel über den Mund und verkorkte die Flasche. »Sie gehen mir mit Ihrem ewigen Gemecker schon lange auf die Nerven.«
    »Und Sie sollten nicht so viel Whiskey trinken!« Nur der Staub und der heiße Wind hinderten Molly daran, noch wütender zu reagieren. »Oder haben Sie nicht gehört, was Roy Calhoun gesagt hat? Kein Whiskey auf dem Trail!«
    »Calhoun kann mich mal!«
    Auch auf den anderen Wagen war die Stimmung gereizt. Mit dem Wind drangen wilde Flüche und das Knallen der Bullpeitschen nach hinten. Die Ochsen mühten sich, legten sich widerwillig in die Geschirre und kämpften sich durch den glühenden Staub. Das

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