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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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werde ich dir wohl nie austreiben können.« Aber wenn sie ehrlich war, mochte sie ihn auch deswegen, weil er sich von niemandem etwas sagen ließ und alle Probleme mit einer Unbekümmertheit anging, um die ihn wahrscheinlich viele beneideten.
    Sie verbrachte den ganzen Tag am Fenster und genoss die warmen Sonnenstrahlen, die ihr am Spätnachmittag genau ins Gesicht schienen, tat aber nachts kaum ein Auge zu, aus Angst um Bryan, der sich bei seiner »tollen Gelegenheit« sicher in große Gefahr brachte, aber auch aufgrund der vorsichtigen Vorfreude auf das, was sie erleben würde, wenn Bryan um sieben Uhr am Morgen des nächsten Tages am Treffpunkt erschien. Fanny ließ sich nicht blicken, weder tags noch nachts, und sie brauchte keine große Fantasie, um sich vorzustellen, wo sie sich aufhielt. Wenn sie tatsächlich ihren »Mister Perfect« gefunden hatte, und das hoffte Molly, war sie bei ihm. Auch in den Kreisen, in denen sich ihre Schwester bewegte, gab es anständige Männer.
    Erst früh am nächsten Morgen kehrte Fanny in das gemeinsame Zimmer zurück. Als Molly ihr sagte, dass sie in wenigen Minuten aufbrechen und mit Bryan nach Westen gehen würde, war ihre Schwester außer sich vor Freude und sagte: »Und ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich dir sagen wollte, dass ich nur zurückgekommen bin, um meine Kleider zu holen.« Sie strahlte übers ganze Gesicht. »Stell dir vor, auch ich werde New York verlassen. George und ich gehen nach Albany, dort hat er eine kleine Rolle in einem Theaterstück für mich ergattert. Wir dürfen nichts überstürzen, sagt er, wirklich große Stars werden nicht über Nacht geboren. Erst wenn ich mir einen Namen gemacht habe, gehen wir nach Chicago und San Francisco.« Ihr Blick schweifte in die Ferne. »Pearl Diamond, so wird es auf den Plakaten stehen. Pearl Diamond, der kommende Star!« Sie lächelte hoffnungsvoll. »Du siehst, George geht die Sache professionell an. Er glaubt an mich. Und er liebt mich, Molly! Er liebt mich wirklich! Irgendwann werden wir heiraten, das weiß ich jetzt schon.«
    »Dann müsst ihr uns besuchen kommen«, erwiderte Molly. »Wo wir wohnen werden, weiß ich noch nicht ... irgendwo in Texas. Texas ist ganz anders als New York, da kannst du in allen Himmelsrichtungen bis zum Horizont sehen und jeder kann sich ein Haus bauen und braucht keine Angst zu haben, dass ihm ein Nachbar zu nahe kommt. Bryan hat sich genau erkundigt, er besitzt sogar eine Landkarte, auf der alle Staaten und Territorien verzeichnet sind. Texas ist am größten.« Sie zögerte etwas. »Ich hoffe, du findest uns, Fanny ...«
    Fanny winkte lächelnd ab. »Und wenn nicht, ist das auch kein Beinbruch. Dann findest du mich, Molly. Pearl Diamond! Bald steht mein Name in jeder Zeitung, dann wissen alle, wo ich mich gerade aufhalte. Schreib mir einen Brief. Pearl Diamond, Amerika ... in ein paar Jahren reicht sogar diese Adresse.«
    »Ich wünsche es dir, Fanny. Ich wünsche es dir wirklich.«
    Die Schwestern umarmten sich. Molly hatte bereits ihr Sonntagskleid angezogen und war gerade dabei, ihre wenige Habe in einen Beutel zu packen, als Fanny mit einem prall gefüllten Koffer erschien. »Hier, nimm den«, sagte sie, »ich hab dir ein paar Kleider und Unterwäsche von mir und auch ein paar Vorräte für die lange Reise eingepackt. Und hier ...«, sie reichte ihr eine kleine Geldbörse, die in ihre Handtasche passte, »... sind ein paar Dollar für die Reise.«
    »Aber das kann ich nicht annehmen«, wehrte Molly ab.
    »Natürlich kannst du das«, erwiderte Fanny mit einer Stimme, die keine Widerrede duldete. »Ich kriege jetzt sowieso eine neue Garderobe, und über Geld brauche ich mir auch keine Sorgen mehr zu machen. Um nach Texas zu kommen, werdet ihr jeden Penny brauchen. Vergiss mich nicht, Molly!«
    »Wie könnte ich das, Schwester? Treib’s nicht zu toll, hörst du?«
    »Und hüte du dich vor den Indianern!«
    Molly verließ das Haus und fuhr mit der Pferdebahn zur Anlegestelle hinunter. Bereits um zwanzig vor sieben stand sie am Ufer. Sie wartete im Schatten einiger Bäume und blickte der Dampffähre entgegen, die sich bereits dem Ufer näherte und dabei dunkle Rauchwolken ausstieg. Selbst zu dieser frühen Stunde hatten sich neben den Passagieren auch etliche Schaulustige eingefunden, um einen Blick auf die neuste Errungenschaft der Technik zu werfen.
    Bryan war nirgendwo zu sehen. Noch war es nicht sieben Uhr und die Fähre hatte nicht einmal angelegt, aber als

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