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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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langsam der Anlegestelle näherte. Über hundert Schiffe lagen am Ufer des Mississippi vertäut. Ihre meist schwarzen Schornsteine bildeten ein scheinbar undurchdringliches Dickicht. Dahinter erstreckten sich die Häuser der Stadt, weit überragt von der eindrucksvollen Kuppel des Gerichtsgebäudes.
    Auf dem Kopfsteinpflaster vor den Anlegestellen herrschte reger Betrieb. Eine Vielzahl von meist dunkelhäutigen Arbeitern löschte die Ladung eines Dampfers, der gerade angelegt hatte, und stapelte die Baumwollballen am Ufer. Zwischen den Frachtbergen drängten die Passagiere zur Straße. Kutschen und Fuhrwerke standen bereit und die lauten Stimmen der Droschkenkutscher, die um Kundschaft buhlten, vermischten sich mit dem Singsang der Arbeiter und dem Dröhnen der Dampfpfeifen. Ein lebhaftes Bild, das Molly noch eindrucksvoller vorkam als der Trubel im Hafen von New York City.
    »Wenn Sie gestatten, stelle ich Ihnen eine Suite im Planter’s Hotel zur Verfügung«, bot Luther Bradford ihr an. Sie hatte sich während der Schiffsreise angeregt mit dem Geschäftsmann unterhalten, ihn als einen sehr höflichen und gebildeten, wenn auch etwas von sich eingenommenen Mann kennengelernt, der aber zu keiner Zeit, nicht einmal nach einem gemeinsamen Dinner in einer lauen Sternennacht, den Versuch gemacht hatte, ihr zu nahe zu treten. Ein Gentleman, wie man ihn nur selten traf. »Ich bin mit einigen Prozent am Hotel beteiligt und verfüge über ein Kontingent an Zimmern.«
    Molly nahm gerne an und genoss es, wie eine wohlhabende Lady in einer Kutsche zu dem vornehmen Hotel gebracht zu werden. Noch eindrucksvoller als der gewaltige Steinbau war die Einrichtung der Suite. Ein Himmelbett mit einem Baldachin aus hellblauer Seide, edle Bettwäsche, auf dem Waschtisch teures und mit kunstvollen Rosen verziertes Porzellan, kostbare Kommoden und mit rotem Samt bezogene Stühle und Hocker, passend zu den langen Vorhängen, vermittelten ihr das Gefühl, in einem Königsschloss abgestiegen zu sein. Was für ein großer Unterschied bestand doch zwischen ihren armseligen Behausungen in Irland und New York und dieser prachtvollen Suite.
    Am frühen Abend lud Luther Bradford sie zum Dinner ins Hotelrestaurant ein. Der Geschäftsmann bestellte gebratene Austern, Filet de Bœuf und Apple Pie mit warmer Vanillesoße, ein festliches Menü, wie sie es noch nie zuvor gekostet hatte und das ihr nach den entbehrungsreichen Jahren in Irland und New York fast wie eine Sünde erschien. Lediglich die gebratenen Austern schmeckten etwas zu fremd. »Ich habe bereits mit meinem Kutscher gesprochen«, sagte er, als sie beim Kaffee angelangt waren. »Mitch Miller ... ein ziemlich ungehobelter Bursche, wenn Sie mich fragen, aber so sind wohl die meisten Männer auf dem Santa Fe Trail. Der Westen ist ein raues Land.«
    »Irland auch.« Molly hielt die kostbare Tasse mit spitzen Fingern, hatte große Angst, sie könnte zerbrechen. Bisher hatte sie nur aus Blechtassen getrunken. »Ich mache keinen Rückzieher, Luther, ganz bestimmt nicht. Ich habe meinem Verlobten versprochen, in Santa Fe auf ihn zu warten, und das werde ich auch tun. In St. Louis würden wir nur aneinander vorbeilaufen.«
    Luther Bradford lachte. »Sie waren noch nie in Santa Fe! Da geht es genauso hektisch zu wie hier in St. Louis. Aber Sie haben recht, in Santa Fe werden Sie Ihren Verlobten sicher nicht verpassen, da trifft sich alles im US Hotel. So heißt das Hotel am Ende des Trails, direkt an der großen Plaza.«
    Die Nacht verbrachte Molly ebenso luxuriös wie den Abend. Das Bett war wärmer und bequemer als jedes andere Nachtlager, auf dem sie bisher geschlafen hatte, und das Bettzeug duftete nach der Seife, mit der es gewaschen worden war. Dennoch schlief sie unruhig, wurde mehrmals von dem Gedanken geweckt, Bryan könnte etwas zugestoßen sein und sie würde vergeblich in Santa Fe auf ihn warten. Wenn ihn die Polizei jagte, war er auch unterwegs nicht sicher. Es sollte Detektive geben, die überall nach Verbrechern suchten.
    Gegen Mitternacht wurde Molly durch laute Stimmen aus der Nachbarsuite geweckt. Sie blieb eine Weile ruhig liegen und lauschte dem männlichen Lachen, das einer kurzen, nicht verständlichen Unterhaltung folgte, und erschrak, als etwas Hartes gegen die Verbindungswand schlug, als hätte jemand das Bett dagegengeschoben. »Jetzt reicht’s mir aber«, vernahm sie die Stimme von Luther Bradford. Die Bettfedern quietschten, und sie hörte Schritte.
    Neugierig geworden,

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