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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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solches zutraute, »warum bin ich dann jetzt hier? Warum sollte ich es auf mich nehmen, diesen grässlichen Ort zu besuchen und mich nach deinem Wohlbefinden zu erkundigen? Warum alles daransetzen, die Urheber jenes anonymen Briefes ausfindig zu machen, der unser beider Glück so jäh zerstört hat? Warum alles Menschenmögliche unternehmen, um dich davor zu bewahren, für immer in diesen tristen Mauern zu bleiben und ein Dasein in ewiger Dunkelheit fristen zu müssen? Warum, Kamal? Warum?«
    Entgegen ihrem Vorsatz, die Fassung zu wahren, war Sarah in Tränen ausgebrochen, nicht nur zu ihrer eigenen, sondern auch zu Kamals Bestürzung; eine Bestürzung, die die Gleichgültigkeit aus seinen Zügen vertrieb.
    »Du bist alles, was ich habe, Kamal«, fügte Sarah flüsternd hinzu. »Meinen Vater habe ich verloren und auch Maurice, und schon der Gedanke, auch noch dich zu verlieren, bringt mich um den Verstand. Ich werde bei dir bleiben, ob du es willst oder nicht, denn du bist alles, das mir noch geblieben ist …«
    Noch während sie diese Worte sprach, versagte ihr die Stimme. Von Weinkrämpfen geschüttelt senkte sie das Haupt, gab sich für einen kurzen Augenblick der Hoffnung hin, dass dies nur ein schrecklicher Albtraum wäre, einer der vielen, die sie plagten, und aus dem sie jeden Augenblick aufschrecken würde. Aber die Kälte, die Schreie und der erbärmliche Gestank erinnerten sie daran, dass dies die Realität war. Die unerbittliche Wirklichkeit, aus der es kein Erwachen gab …
    »Sarah …«
    Sie zuckte zusammen und blickte auf. Es war Kamal, der ihren Namen ausgesprochen hatte, und zum ersten Mal glaubte sie, in seiner Miene nicht mehr nur Zorn und Verwirrung zu erkennen, sondern einen Hauch von menschlicher Wärme.
    Obwohl seine Hand, mit der er sich am unteren Rand der Fensteröffnung festklammerte, grau und schmutzig war, ergriff Sarah sie und presste sie an ihre Wangen, benetzte sie mit ihren Tränen. »Bitte, Geliebter«, flüsterte sie dabei, »du musst mir glauben. Weder habe ich dich verraten, noch würde ich es jemals tun, eher würde ich sterben. Mein Herz gehört dir, auf immer und ewig.«
    »So wie dir das meine«, erwiderte er.
    Durch die kleine Öffnung im kalten Metall begegneten sich ihre Blicke, und während Sarah einmal mehr das Gefühl hatte, in den unergründlichen Tiefen seiner dunklen Augen zu versinken, unterzog er sie einer letzten Prüfung. Und so sehr er sich auch bemühte, durch die Fenster ihrer von Tränen geröteten Augen in ihr Innerstes zu blicken – er konnte dort keine Arglist erkennen.
    »Bei meinem Volk gibt es eine Weisheit«, sagte er leise. »Nur der Narr folgt dem Pfad der Verblendung. Der Weise öffnet die Augen.«
    »Und was siehst du?«, fragte sie flüsternd.
    »Die Wahrheit«, erwiderte er schlicht. »Verzeih, dass ich an dir gezweifelt habe.«
    »Um dir zu verzeihen, müsste ich dir gezürnt haben«, antwortete sie, »und das habe ich nicht. Vielleicht hätte ich an deiner Stelle ebenso gedacht wie du.«
    »Nein«, meinte er überzeugt, »das hättest du nicht«, und durch die kleine Öffnung begegneten sich ihre Lippen in einem flüchtigen Kuss, der von den Insassen der angrenzenden Zellen, die an den Türen standen und neugierig gafften, mit derbem Gelächter quittiert wurde.
    »Du hättest nicht kommen sollen«, raunte Kamal Sarah zu. »Dies ist kein Ort für dich.«
    »Ebenso wenig wie für dich«, konterte sie. »Du gehörst nicht unter all diese Räuber, Mörder und Vergewaltiger.«
    »Die Justiz ist anderer Ansicht.«
    »Ich weiß.« Sarah nickte. »Deshalb besteht unsere einzige Chance darin, die Richter milde zu stimmen. Sir Jeffrey hat deinen Fall übernommen, erinnerst du dich an ihn?«
    »Allerdings.« Kamal wirkte wenig erfreut. »Ein alter Löwe mit zahnlosem Maul und stumpfen Krallen.«
    »Auf unser Abenteuer in Ägypten mag dies zutreffen«, räumte Sarah ein, »aber seit er deinen Fall übernommen hat, sind dem Löwen scharfe Zähne gewachsen. Sir Jeffrey genießt mein volles Vertrauen, Kamal. Wenn dir überhaupt jemand helfen kann, dann ist er es.«
    »Inschallah«, erwiderte Kamal leise. »Wenn er dein Vertrauen hat, dann hat er selbstverständlich auch das meine. Ich fürchte nur, dass alle gegen uns sind.«
    »So wie immer, nicht wahr?« Der Anflug eines Lächelns huschte über ihre von Tränen gezeichneten Züge. »Umso mehr müssen wir zusammenarbeiten. Ich brauche deine Unterstützung, Kamal.«
    »Meine Unterstützung?« Sein Blick

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