Am Ufer (German Edition)
Eisenwarenlager und konnte gleich auf Expansion setzen: das Geschäft, sein Eintritt als Sozius in das Abfallunternehmen, die ersten Bauträgerprojekte. Man munkelte, er hätte das große Los gezogen oder einen Coup gelandet, von einer seiner Reisen etwas mitgebracht; dass er als Bote für Guillén gearbeitet hatte, von dem wir alle wissen, woher er das Geld hat. Für mich hingegen war das mit Pedrós der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Jetzt sehe ich das ganz klar. Er hat sich mit mir zusammengetan, weil er wusste, dass er sich auf ein risikoreiches Spiel eingelassen hatte. Er war sich nicht sicher, ob es mit diesem Immobilienprojekt vorangehen würde, es ging ihm also nicht darum, die Gewinne zu verteilen, falls denn die Kugel auf der Glücksnummer liegen blieb, sondern darum, die Verluste zu minimieren, falls, wie es naheliegend war, die Kugel auf eines der glücklosen Fächer fiel. Sein Einsatz war mein Scheitern, ein Glied mehr in der Kette der nichtbezahlten Aufträge der letzten zwei Jahre: bei den Schreiner- und Zimmermannsaufträgenfür seine Fincas forderte er rasche Verarbeitung und minderwertige Materialien, Türen und Paneele aus Spanplatten, gepresste Sägespäne zwischen zwei dünnen Furnierplatten; das Edelste, mit dem man arbeitete, war die frisch geschlagene und nicht gelagerte Kiefer, schnell zusammengehämmert. Aber was erzähl ich da, so haben doch alle gearbeitet, Aufträge, um sich über Wasser zu halten und Kunden zu bezirzen, die sich, weil sie nicht mit Picke und Schaufel arbeiten, zur Mittelklasse zählen, dabei aber die tristeste Unterschicht unserer Tage darstellen. Das Projekt von Pedrós sollte mir erlauben, das Elternhaus und die Werkstatt zu verkaufen, unter uns Erben den Erlös zu verteilen, um dann wie die Raubvögel auseinanderzustieben, mit eben der Haltung, welche die Civeras an den Tag gelegt hatten: ein für alle Mal all das hier abwickeln, was schon allzu lange währt, und mit dem, was ich durch den Schachzug erhalten würde (ja, Schachzug), und mit den Ersparnissen, die ich vor dem Falkenauge versteckt hatte, wollte ich ein Haus in den Bergen bauen, um mich dort mit dem Hund und mit ein paar Werkzeugen zurückzuziehen, ich hätte anfangen können, das Kunsttischlern als Liebhaberei zu betreiben, und wenn dabei auch nur ein schwerer, altmodischer Tisch herausgekommen wäre mit Grotesken und Medaillons im archaischen Stil der Frührenaissance, wie der Tisch, den mein Großvater angefertigt hat, oder mein Vater, oder beide gemeinsam.
Während er sich mit einem schnellen, trockenen Schlag des Kreuz-Ass entledigt, mischt sich Francisco ein, der Pedrós noch nie mochte, weil er wohl meint, dass dieser ihm sowohl am Tresen wie in der örtlichen Gesellschaft einen Teil der Rolle stiehlt, die er ganz für sich beansprucht; er vervollständigt die Argumentation des Freibeuters Lecter (in diesen Zeiten kommt es zu kuriosen Reisegemeinschaften):
»Die Werbung im Radio und im lokalen Fernsehen, die Geschäftsführung beim Fußball, die Präsidentschaft in der Festekommission.Gier. Dieser Mann ist ein Vielfraß, er wollte sich alle Löffel auf einmal in den Mund stecken. Bei chinesischen Banketts stellen sie alle Schüsselchen hin, sie werden gleichzeitig serviert, aber du nimmst eine nach der anderen von dem Drehtablett, eine Art Roulettespiel, bei dem du nach deinem Geschmack kombinieren kannst. Aber du steckst das alles nicht gleichzeitig in den Mund. Der Eisenwarenhandel, der Laden für Elektrogeräte, die Bauträgerfirma, die Teilhabe an der Gesellschaft für Abfallbeseitigung und an der Wasserkläranlage: dieser Mann hat – oder hatte – mehr Abteilungen als das Kaufhaus Corte Inglés.«
»Er hat das genutzt, was er in der Sprache der großen Konzerne Synergien nannte, um sich an allen Fronten durchzusetzen; wenn man hinzurechnet, dass er überall mitmischen, dabei sein und im Gesellschaftsleben glänzen will, dann kommt da ein Sprengsatz heraus, der jeden Augenblick in die Luft gehen kann: Neid ist eine gefährliche Sache. Ragt ein Kopf zwischen allen anderen hervor, will jedermann ihn abhacken; wenn einer als Erster im Marathon rennt, wird es immer einen Zuschauer geben, der bereit ist, ihm ein Bein zu stellen. Was will man machen, ob es der Herr oder die Natur war, wir sind nun mal so gemacht. Die Leute ertragen es nicht, wenn sie einen wie Schaum hochsteigen sehen. Je mehr Beziehungen du knüpfst und je mehr Freunde du dir suchst, desto mehr Feinde machst du
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