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.Am Vorabend der Ewigkeit

.Am Vorabend der Ewigkeit

Titel: .Am Vorabend der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: .Brian W. Aldiss
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verschwunden.
    Sie wußte nun, daß sie nicht die einzigen Lebewesen des unwirtlichen Gebirges waren.
    »Yattmur!« Grens Stimme klang laut durch das Schneetreiben.
    »Wo bist du? Ich habe die Fischer alle bei mir.«
    Sie rannte zu ihm. Alle Schmerzen waren vergessen, und ihre Glieder waren auch nicht mehr steif.
    »Wir sind nicht allein, Gren. Es ist hell, fast weiß. Grauenhafte Zähne und lange, aufstehende Ohren.«
    Die drei Fischer begannen ihr gewohntes Jammern und riefen ihre Götter an. Yattmur und Gren versuchten, die wirbelnden Schneeflocken mit ihren Blicken zu durchdringen.
    »Es ist unmöglich, etwas zu sehen«, sagte Gren und wischte sich die Nässe aus dem Gesicht.
    Sie hatten ihre Messer gezogen und warteten auf einen Angriff. Dann hörte es plötzlich auf zu schneien. Gleichzeitig brach die Sonne durch die Wolken und ließ die Dämmerung weichen. Die Sicht wurde besser.
    Etwa ein Dutzend bleiche Gestalten bewegten sich über den nahen Kamm auf die Nachtseite zu. Sie zogen eine Art Schlitten, der mit Säcken beladen war. Hinter ihnen war eine Spur aus Stelzersamen. Als fürchteten sie das Sonnenlicht, verschwanden die Unbekannten schnell und behende hinter dem Grat.
    Gren und Yattmur sahen sich an.
    »Sind es Menschen?« fragte er.
    Sie gab keine Antwort, denn sie wußte keine. Waren denn die Fischer, die sich schreiend im Dreck wälzten und irgend jemand um Gnade anflehten als Menschen zu bezeichnen? Oder Gren, völlig von der Morchel beherrscht, war er noch ein Mensch?
    Es gab so viele Rätsel. Yattmur konnte sie kaum in Worte kleiden, wie hätte sie da die Antworten finden können?
    Die Sonne schien wieder – das zählte. Sie schien auf die nahen Berghänge, in denen die Eingänge zahlreicher Höhlen gähnten. Dort konnte man sich verkriechen, ein Feuer machen und in Geborgenheit und Wärme schlafen.
    Yattmur strich sich die Haare aus der Stirn und begann, auf die Höhlen zuzugehen. Sie wußte, daß die anderen ihr folgen würden.

22
     
    Das Leben am großen Hang war zu ertragen. Dank der menschlichen Natur, die aus Hügeln der Freude Gebirge der Glückseligkeit zu machen verstand.
    In der gewaltigen Landschaft waren die Menschen nicht mehr als Zwerge. Langsam vollzog sich das Drama des Weltunterganges, ohne sich um die winzigen Kreaturen zu kümmern. Zwischen den Gipfeln und Wolken, im Schein der ständig untergehenden und doch niemals versinkenden Sonne spielte sich das einfache Leben der Menschen ab.
    Weder Tag noch Nacht gab Aufschluß über das Vergehen der Zeit. Aber es gab andere Hinweise, daß sie nicht stillstand. Stürme erhoben sich, wenn die Temperaturen sanken, manchmal fiel der Regen als Schnee oder Hagel, und oft so dicht, daß reißende Bäche ins Tal der Finsternis hinabstürzten. Dann hockten die fünf in ihren Höhlen und warteten auf die Rückkehr der Sonne.
    Gren wurde immer verschlossener. Die Morchel erkannte, daß die Reise sie ihrem gemeinsamen Ziel nicht näher gebracht hatte. Sie ließ Gren dafür büßen und quälte ihn. Oft hinderte sie ihn aus Boshaftigkeit daran, mit Yattmur und den Fischern zu sprechen.
    Und noch etwas war da, woran sie erkennen konnten, daß die Zeit unaufhörlich verstrich. Während eines furchtbaren Sturmes gebar Yattmur einen Sohn.
    Er wurde von nun an der Inhalt und Zweck ihres Lebens. Sie nannte ihn Laren und war sehr glücklich.
     
    Sie wiegte ihr Kind in den Armen und stand am Eingang der Höhle. Dabei sang sie. Laren schlief, denn er war satt.
    Warm schien die Sonne auf die Hänge des Gebirges. Die Täler verloren sich in der Finsternis immerwährender Nacht. In dieser Dunkelheit lebten unbekannte Kreaturen, die von der übervölkerten Tagseite ausgewandert waren. Die Lederschwingen gehörten auch dazu.
    Ein Paar von ihnen kreiste hoch über dem Kopf der jungen Mutter und erfreute sich seiner Geschicklichkeit. Sie legten die Schwingen an und stürzten vom Sonnenlicht hinab in die schwarze Tiefe. Dann stiegen sie wieder auf, getragen von Wind und Strömungen und der Sehnsucht nach Helligkeit und Wärme.
    Das Baby erwachte. Yattmur deutete zum Himmel empor.
    »Schau nur, wie gut sie fliegen können, Laren. Hinauf zum Tag, hinab in die Nacht.«
    Die Lederschwingen schnappten während des Fluges nach in der Luft schwebenden Samen, von denen es mehr als genug gab. Von der Tagseite her trug der Wind ganze Wolken von ihnen heran. Laren schrie vor Vergnügen. Auch seine Mutter freute sich, denn das Glück ihres Kindes war auch das ihre.
    Eine

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