Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
Mensch auf der Welt ist, der sich um ihn sorgt.
Der Gerichtsdiener schwang sein Hämmerchen, und die Ehrenwerte Mary Campbell trat durch eine Tür hinter der Richterbank in den Saal. Sie war eine intelligente, attraktive und sehr sachliche Brünette Anfang vierzig mit kurzen Haaren und noch kürzerem Geduldsfaden, die ein äußerst strenges Regiment führte. Weder in der Phase der Schuldfindung noch in der Phase der Strafzumessung hatte sie irgendwelche Mätzchen zugelassen, und Amanda glaubte, dass ihr Mandant einen fairen Prozess erhalten hatte - was allerdings schlecht war, wenn der Spruch der Geschworenen auf ein Todesurteil hinauslief.
»Holen Sie die Geschworenen!«, sagte Campbell zum Gerichtsdiener.
Mike Greene am Tisch der Staatsanwaltschaft machte ein grimmiges Gesicht. Amanda wusste, dass er ebenso angespannt war wie sie. Sie fand das tröstend, denn Greene war ein erfahrener Staatsanwalt. Amanda mochte Greene, der, als er vor zwei Jahren von LA nach Portland kam, von ihrem Vater noch kaum gehört hatte. Es war schwer gewesen für Frank Jaffes Tochter, ihre eigene Identität zu finden und einen eigenen Ruf zu begründen. Mike war einer der wenigen unter den Staatsanwälten, Verteidigern und Richtern, die sie nicht zuerst als Frank Jaffes kleines Töchterchen betrachteten.
Während die Geschworenen Platz nahmen, hielt Amanda den Blick geradeaus gerichtet. Sie versuchte schon seit langem nicht mehr, den Urteilsspruch zu erraten, indem sie die Mienen der Geschworenen musterte.
»Was passiert jetzt?«, fragte Dooling nervös, obwohl Amanda ihm das Verfahren schon mehrfach erklärt hatte.
»Die Richterin hatte den Geschworenen vier Fragen zur Beantwortung gestellt. Die Fragen sind vom Gesetz zur Strafzumessung bei heimtückischem Mord vorgeschrieben. Die Antwort der Geschworenen auf jede der Fragen muss einstimmig sein. Wenn alle Geschworenen alle Fragen mit Ja beantworten, muss das Gericht die Todesstrafe verhängen. Wenn die Antwort auch nur eines der Geschworenen auf eine dieser Fragen Nein lautet, muss die Richterin Ihnen das Leben schenken.«
Eine schlanke grauhaarige Frau mittleren Alters stand auf, als Richterin Campbell fragte, ob die Jury zu einer Entscheidung gekommen sei. Die Frau war Vivian Tahan, Wirtschaftsprüferin in einer großen Steuerberatungskanzlei. Amanda hätte Vivian Tahan nie als Geschworene akzeptiert, wenn sie die Chance dazu gehabt hätte, aber sie hatte ihre Möglichkeiten der Ablehnung von Geschworenen ohne Angabe von Gründen bereits ausgeschöpft, als Tahan aufgerufen wurde, und sie hatte keine Argumente finden können, sie wegen Befangenheit abzulehnen. Die Tatsache, dass die willensstarke Tahan die Sprecherin der Geschworenen war, machte Amanda sehr nervös.
Richterin Campbell nahm den schriftlichen Urteilsspruch vom Gerichtsdiener entgegen und las ihn durch. Amanda konnte den Blick nicht von dem Papierbündel lassen.
»Ich werde jetzt die Fragen vorlesen, die ich den Geschworenen gestellt habe, und ihre Antworten auf jede einzelne«, sagte Richterin Campbell. »Für das Protokoll stelle ich fest, dass jeder Geschworene das Urteilsformular unterschrieben hat. Zum ersten Punkt der Anklageschrift, auf die erste Frage, Entsprach das Verhalten des Angeklagten Timothy Roger Dooling, das den Tod von Mary Elizabeth Blair verursachte, vorsätzlichen Handlungen, die mit der begründeten Erwartung begangen wurden, dass daraus der Tod des Opfers resultieren würde? , haben die Geschworenen einstimmig mit Ja geantwortet.«
Während der Phase der Schuldfindung hatte die Jury entschieden, dass Dooling mit Absicht gehandelt hatte, als er Mary Blair strangulierte. Es gab einen juristischen Unterschied zwischen Absicht und Vorsatz, doch der war hauchdünn. Amanda überraschte der Spruch zwar nicht, dennoch setzte ihr Herz einen Schlag aus.
»Auf die zweite Frage, Besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte Timothy Roger Dooling weiterhin kriminelle Gewalttaten begehen wird, die eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen würden? , haben die Geschworenen einstimmig mit Ja geantwortet.«
Auch das war keine Überraschung. Timothy Dooling hatte seine erste Gewalttat in der dritten Klasse begangen; damals hatte er einen Hund angezündet. Seitdem hatten seine Anwandlungen von Brutalität nie aufgehört, sondern waren mit der Zeit immer schlimmer geworden.
Die dritte Frage lautete, ob die Tötung des Opfers durch den Angeklagten eine unangemessene Reaktion auf eine, falls
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