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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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Richtung seiner Hand
und sah das oszillierende Flimmern des Bildschirms. Er ging näher heran und
beugte sich über die Schulter von John Cavanac, der im Sessel davor saß. Das
Teleskop übertrug einen vergrößerten Ausschnitt von Europa. Nun drückte der Ire
einige Schalter, und der Ausschnitt vertiefte sich.
       Sie sahen jetzt einen Teil Norddeutschlands mit einem
Seitenarm der Thetys, der sich bis zum Borealen Meer zog. Aufs Bild waren
zusätzlich die Analyse des Sauerstoff-Luftgemisches und die farblichen
Höhenzüge des Thermalspektrums projiziert.
       Dann fuhr John noch einmal den Ausschnitt bis zum
nächstdichtesten Punkt heran. »Das ist jetzt das Äußerste, was wir visuell als
Bild wahrnehmen können.« Gespannt schaute er auf Steff. »Fällt dir dabei etwas
auf?«
       Steff blickte konzentriert auf den Suchschirm. Er konnte die
fast blaue Kolorierung des Meeres sehen. Daneben die bräunliche Färbung von
Land. Und dazwischen sichtlich ein Sumpfgebiet. ‚Was sollte daran besonderes
sein, dass sie mich deswegen aus dem Bett holen?’ ging es ihm durch den Kopf.
Dann erkannte er dicht vor dem Wasser einige rote Punkte. Verwundert schaute er
auf. ‚Sie hatten doch keine Rotverschiebung der Stratosphäre eingeblendet.’ Er
sah genauer hin. Diese Punkte bewegten sich auch nicht. Der übliche Tanz der
Positronen fand nicht statt.
       »Was zum Kuckuck ist das«, fragte er verwundert.
       »Da staunst du, was?« Kip deutete mit dem Finger auf die
roten Ansammlungen. »Das, was du hier siehst, mein Junge, ist festes Plasma.«
       Abrupt hob Steff den Kopf. »Plasma? Unmöglich. Doch nicht
direkt auf der Erde! Das müsst ihr mir erklären.«
       Mata-Hele schaute ihn eindringlich an. »Was Sie da vor sich
haben, Herr Maiger, ist wirklich Plasma. Eindeutig analysiert. Das interessante
dabei ist, dass es direkt von einer Stelle kommt, an der wir auch Iridium 100
vorfinden. Das heißt, dass wir auf einen Teil des Meteoriten gestoßen sind, der
für die Positronen verantwortlich ist. Aber nicht nur für sie.«
      Er schaltete jetzt eine weitere Eingabe auf den Bildschirm.
Deutlich konnten sie nun die Positronen tanzen sehen. Er zeigte auf ihre atomaren
Aufprallblitze. »Die Positronen in der Sphäre liegen nicht weit von diesem
Gebiet entfernt. Wir haben Wind - und Wärmebewegung berücksichtigt. Ihre Bahn
weist genau auf das Plasma hin.«
       Erneut versuchte er, Steffs Augenausdruck zu erfassen. »Und
jetzt sehen Sie sich mal die Werte der Luftanalyse über der Region an. Sie ergeben
einen starken Anteil an Schwefeldioxyd und anderen Sulfaten. Wissen Sie, was
das heißt, Herr Maiger?«
       Steff zögerte nicht lange mit der Antwort. »Vulkanoide
Tätigkeit, denke ich mir«, gab er unbekümmert zurück.
       »Genau. Nun ist bekannt, dass Chemosynthese auch auf sulfater
Basis arbeitet. Herr Maiger«, sagte er dann schlicht, »wir haben die Pflanze gefunden!«
       Was den anderen im Raum bereits klar zu sein schien, stand in
Steffs Gehirn erst am Anfang des Erfassens. Langsam, wie in Zeitlupe, drehte er
sich um. Dann sah er der Reihe nach seine Kollegen an. »Ich glaube, wir können
uns langsam mit dem Gedanken vertraut machen, bald wieder die Erde zu sehen.
Obwohl wir sie ja eigentlich nie aus den Augen verloren haben.« Glücklich
reichte er allen die Hand.
       Dann trat er voller Inbrunst zu Mata-Hele hin und nahm ihn
bei der Schulter. »Erinnerst du dich noch an unser Gespräch über Freundschaft?
In solchen Augenblicken überkommt es uns Menschen, sie einander anzubieten,
Mata.« Und er umarmte den etwas glatten und kühlen Körper des anderen.
       Dieser verstand sogleich, was Steff meinte, und sein Blick
fiel warm in die Augen des Freundes. Sanft glomm im blauen Meer seiner Retina
ein Funke, den kein anderer außer Steff wahrnahm. Dieser sah weiter, wie sich
das Glühen ausbreitete und bis in die hintersten Winkel der bernsteinernen
Gestade leuchtete.
       »Ich habe zwar nie vollkommen verstanden, was Freundschaft
bei euch ist«, sagte Mata-Hele nun, »aber sie muß etwas damit zu tun haben, dass
sich die Menschen nur bei halbem Namen nennen.«
       Daraufhin wandten sie sich erneut dem Bild zu. Doch dem
Santoganer ging unbemerkt von den anderen ein weiterer Gedanke durch den Kopf.
‚Dieses Plasma hat die Pflanze dazu gebracht, Positronen zu entwickeln. Und es
stammt von dem Meteoriten, der aus dem Weltraum gekommen ist.’ Er hielt kurz
inne, denn der nächste Gedanke ließ

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