Amarilis (German Edition)
einnahm.
Abschließend gab er eine Zusammenfassung der Auswertung, eine
Straffung der Entstehungsthese der Positronen und einen Ausblick auf ihren
heutigen, möglichen Verbleib. Danach verwies er auf die spezielle Berichterstattung,
Erläuterungen und Auswertungen der einzelnen Fachgruppen.
Morgen sollten sich dann die beteiligten Paläontologen und
andere mit Erskin und Ambros in der Universität treffen. Bis dahin wollte sich
Steff einen freien Tag nehmen und mit Meika zusammen sein.
Noch etwas müde blinzelte er mit den Augen. Mit einem
merkwürdigen Gefühl musste er an den ersten Augenblick ihres Wiedersehens
denken. Sie war den Tränen nahe gewesen. Aber nicht allein der gefahrvollen Ereignisse
wegen, die er auf der Reise erlebt hatte. Es war noch etwas anderes. Während
für ihn nur sechs Wochen verstrichen waren, hatte sich für sie sein Flug
fünfeinhalb Monate hingezogen. Ihn überkam ein Schauer. Trotzdem sich ihre
Körper nicht verändert hatten, lag etwas zwischen ihnen. Es war die Zeit, die für
jeden von ihnen anders getickt hatte, die sie trennte. Nicht bewusst. Und das
Gefühl der Verfremdung war auch nur kurz gewesen, bevor sie sich erneut in den
Armen gelegen hatten.
Er war aufgestanden und putzte sich die Zähne. Nachdem er
sich geduscht hatte, fühlte er sich wieder frisch und ausgeruht. Interessiert
beobachtete er, wie die Bürste in seinem Mund auf und ab glitt und die Winkel
seiner Wange ausbeulte.
»Da steh ich nun inmitten meiner Schönheit«, sagte er leise,
zog den Bauch ein und trat einen Schritt vom Spiegel zurück. Auf unnatürliche
Weise fühlte er sich einwenig stolz.
»Was hast du gesagt?« rief Meika aus dem Schlafzimmer.
»Oh, nichts... Garnichts.« Mit einem pfeifenden Ton ließ er
die Luft wieder heraus.
Er ging in die Küche und bereitete das Frühstück vor. Es
machte ihm direkt Spaß, wieder selbst eine richtige Mahlzeit zusammenzustellen.
Eier, Milch, Joghurt und Obstsaft. Dazu frischen Schafskäse und Knoblauch. Fast
gierig öffnete er den Verschluss der Fruchtflasche und trank direkt aus ihrem
schmalen Hals. Er spürte, wie ihm das Interieur der Küche allmählich wieder
vertraut vorkam, und er sich wohler fühlte.
Meika setzte sich an den gedeckten Tisch. Mit einem feuchten Kuss
bedankte sie sich für seine Bemühungen. Es war ihm fast peinlich, aber er
freute sich darüber wie ein kleines Kind. Hungrig schnitt er sich ein Brötchen
auf.
Er hatte ihr bereits, soviel er konnte, von der Fahrt erzählt,
von der Sabotage Angelos, den sie persönlich kannte, und von den weitergehenden
Intrigen auf der Hochebene des Planeten selbst. Erschreckt hatte sie ihm
zugehört und dann versichert, dass sie ihn unter diesen Umständen kein zweites
Mal fahren lassen würde.
Dann teilte er ihr etwas mit, das sie zunächst zu einem
erstaunten Ausruf veranlasste. Endlich konnte er ihr eine Zusage geben, die
noch gar nicht offiziell verlautbart war, aber bereits als Sensation gesehen
wurde: die Santoganer hatten beschlossen, alle Frauen der Erde trotz immer noch
bestehender Zweifel ausnahmslos als gleichberechtigt anzuerkennen. Dazu mussten
sie sich in gewissem Maße von ihrem kollektiven Denkansatz lösen. Es wurde für
sie nun unumgänglich, sich mit der Frau als Individuum zu befassen. Denn das Bewusstsein
entspringt nicht nur den Gegebenheiten der Gesellschaft, sondern auch dem
Willen des Einzelnen. Sie ließen sich jetzt auf alle Bedingungen ein, die die
Menschen ihnen gestellt hatten. Lediglich ein Umstand machte ihnen dabei noch
zu schaffen: das Gebären der Frau. Einen solchen Vorgang wollten sie zunächst
weiterhin nicht als natürliches Ereignis verstehen, denn die menschliche Geburt
schien ihnen nach wie vor ein künstlich herbeigeführter Vorgang. Zwar wussten
sie von ihren einheimischen Tieren um diese Tatsache, hielten sie jedoch für
ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zur intelligenten Spezies. Aber in dieser
Angelegenheit war es lediglich eine Frage der Zeit, die Santoganer von der
vollkommenen Natürlichkeit des Kinderkriegens zu überzeugen.
Wichtig dabei wurde jedoch, dass beide - Frau und Exterraner
- aufeinander zukamen und sich nicht mehr voreinander versteckten. Schließlich
konnten von nun an auch Frauen nach Santoga fliegen.
Deshalb erzählte er ihr insbesondere von der prächtigen
Umgebung des Planeten, seinen Blumen und Knochenbäumen, den zweischwänzigen
Schlangentieren und der Stadt.
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