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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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gigantische Staubwolke vor ihren
Augen. Niemals wieder bekam Steff eine derart grelllodernde Erscheinung solch
kosmischen Ausmaßes zu sehen.
       »Und dieses ist schon fast der Endzustand des ehemaligen
roten Riesens, meine Herren,« sagte Erolandar. »Aber sicherlich können Sie sich
nicht das Ausmaß dessen vorstellen, was die Supernova zu Zeiten ihres Höhepunktes
dargestellt hat. Ihren jetzigen Umfang mit 15 zu multiplizieren ist zu einfach.
Hinzu kommen ihre Hitze und das damit unmögliche Erkennen der
unterschiedlichsten Farben. Erst jetzt, in ihrem relativ erkalteten Zustand, erscheinen
auch andere Farbtöne wie grün, blau und gelb. Außerdem, muss ich gestehen, ist
es uns auch nur jetzt möglich, in ihre Nähe zu gelangen. Unsere Schutzschilde
hätten zwar vorher der Hitze noch standhalten können, aber einem sicherlich
nicht mehr: der wahnsinnig hohen Aufprallgeschwindigkeit der Wasserstoffkerne.«
       Er hielt inne und zeigte erneut auf die Supernova. »Selbst
jetzt werden die Protonen noch außerordentlich stark ausgestoßen, so dass sie
unsere Panzerwände durchschlagen würden. Aber wir können es bereits wagen, uns ihnen
aufgrund unserer Plasmaschirme zu nähern.«
       Noch Stunden nach menschlicher Zeit saßen die irdischen Wissenschaftler
vor dem Fenster und genossen das Schauspiel der explodierenden Nova. Einige
machten Aufzeichnungen, andere filmten oder fotografierten. Allerdings nur für
die eigene Erinnerung. Die Mannschaft der Santoganer war längst darauf
vorbereitet und hatte vor allem die entsprechende und weitaus raffiniertere
Gerätschaft, um den Vorgang zu dokumentieren und zu analysieren.
       »Meine Herren«, sagte Erolandar nun und trat zu den Menschen
hinüber, »Sie werden sich vorher vielleicht einwenig gewundert haben, was passiert
war, aber wir wollten sie bewusst überraschen. Wir wissen, wie sie sich auf
Geschenke zu freuen pflegen und ich hoffe, dass wir den auslösenden Punkt Ihres
Vergnügens richtig getroffen haben.« Und beruhigend fügte er hinzu: »Wir wissen
ja, dass es fast einen ganzen Tag dauern wird, bis wir den Flugwinkel unserer
Reise derart verändern müssen, dass wir die Nova aus dem Sichtfenster verlieren.
Zeit genug also für Sie, mit all Ihren Mitteln dieses Ereignis festzuhalten.«
    Steff, der weniger astrologische Kenntnis besaß, hockte
lediglich davor und ließ die schaurig schöne Wirkung des brennenden Sterns auf
sich eingehen. Immer noch veränderten sich die Farben des flammenden Infernos.
Angelegentlich rieb er sich die Stirn, so als wollte er sich in einen Wachzustand
zurückrufen.
       Angelo, der neben ihm saß, bemerkte zu ihm: »Weißt du
eigentlich, dass vielleicht alle 50 Millionen Jahre eine Supernova dieser
Helligkeit auftritt? Und nur alle 800 Millionen Jahre eine dreimal so helle?
Wenn du jetzt noch etwas von der Reise erwartest, Steff, dann bist du
größenwahnsinnig.«
       Andächtig schaute er zu dem flammenden Feuerball aus Gas und
Staub, der nun langsam an der linken Seite des Sichtfensters zu verschwinden begann.
Eine Woche waren sie nun unterwegs. Vom vielen Hinschauen müde, rieb sich Steff
die Augen. Es war bekannt, dass Angelo ein Enthusiast war.
     
     
     
    Auf John Cavanacs Stirn begannen sich erste Schweißtropfen zu
bilden. Sein Atem flatterte, und das Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse.
Aber er biss die Zähne aufeinander. Mit größter Willensanstrengung schöpfte er
die letzten Kraftreserven, bis ihm die Sehnen am Hals hervortraten. Schaffte er
es noch?
       Er hielt durch. Völlig ausgepumpt stieg er vom Trimmrad. Fünf
Kilometer in drei Minuten. Fast knickten ihm die Knie ein. Sein rotblondes Haar
war in nassen Strähnen an die Stirn geklebt. Erschöpft holte er Luft. Dann
übergab er das Gerät an Kipchote Vida, einem großen, bulligen Kernphysiker aus
dem Tschad. Kip, wie ihn alle nannten, war der Sportlichste von ihnen, aber
jeder hatte seinen Ehrgeiz, ihn in irgendeiner Disziplin zu schlagen.
       John ging an die Bar. Immer noch schweißnass ließ er sich auf
einen Hocker nieder und bestellte ein Mineralwasser. Neben ihm saß Dr. Anderson,
ein Erdölexperte aus Neuseeland. Mit seinen runden Kulleraugen und dem Bart sah
er wie ein Tanzbär aus, dessen untersetzte Gestalt nichts mehr zu lieben
schien, als sich nach einem gestampften Takt im Kreis zu drehen.
       »Na, nicht doch einen Whisky, John?« Als er zu lachen begann,
gruben sich kleine Falten in seine dicken Backen.
       »Oh ja,

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