Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
Vom Netzwerk:
Lichtjahre erreichte.
       Er war geradezu fasziniert vom Gedanken der Gesamtheit der
Materie, die im eigenen Wahrnehmungsabschnitt bereits enorm, aber nur ein geringfügiger
Bruchteil dessen war, was wirklich im Kosmos vor sich ging.
       »Und von diesem einzigen Urknall ist tatsächlich alles andere
ausgegangen?« Steff strich sich das kurze Haar aus der Stirn. »Wie lange mag
dann diese Expansion überhaupt anhalten?«
       Angelo überlegte. »Wenn es zwei voneinander unabhängige
Urknalle gegeben hätte, würde sich uns sicherlich auch Materie nähern. Aber wir
haben bis jetzt im wesentlichen nur Rotverschiebungen festgestellt, das heißt, dass
sich alle Sterne von uns entfernen.« Er schenkte sich sein Glas erneut voll.
Steff fiel auf, das er ziemlich viel trank. Aber er führte diesen Umstand auf
die Anspannung innerhalb der fremden Umgebung und deren verwirrende Eindrücke
zurück.
       Angelo fuhr fort: » D as heißt: bei einer sich von uns fortbewegenden Lichtquelle
treffen innerhalb einer Zeiteinheit weniger Wellen ein, und die Spektrallinien
verschieben sich nach dem roten Ende hin durch die Wärmebewegung der
leuchtenden Atome. Dabei sind jedoch leider keine Rückschlüsse auf die
Gesamtmasse des Kosmos und somit auf die ungeheuren Gravitationskräfte
möglich.«
       »Bedeutet der Umstand aber, dass sich alles von uns
wegbewegt, dass wir uns im Mittelpunkt des Universums befinden?« Ungläubig
schüttelte Steff den Kopf. »Das hört sich ja genauso an wie zu vorgalileischen
Zeiten der Satz, dass sich alles um die Erde dreht.«
      »Nein, so ist es nun auch nicht, Steff.« Mit seiner breiten,
kräftigen Hand wedelte er vor dessen Gesicht herum und wehrte die scheinbar
naive Anspielung ab. »Ein Beobachter in einem anderen Spiralnebel wie unsere Galaxie
wird einen ebensolchen Effekt für sich haben, da sich alle entfernenden
Bewegungen proportional zu ihrem Abstand zeigen.«
       Er lächelte Steff ermunternd zu. Zum ersten Mal konnte dieser
in seinen Augen eine freundliche Wärme erkennen.
       Mit einem Mal erscholl ein merkwürdiger Laut von der Theke
her. Steff sah, wie Dr. Anderson plötzlich vom Hocker fiel und stumm auf dem
Boden liegen blieb. Zuerst dachte er, dass Will nun doch etwas übertrieben und zu
viel getrunken hatte. Doch dann wunderte er sich, dass dieser überhaupt nicht
wieder aufstand, sondern völlig regungslos liegen blieb.
       Sofort hatten sich alle erhoben und begaben sich zum
Ohnmächtigen. Durch diese Traube von durcheinander stehenden Männern bahnte
sich Dr. Mancroft einen Weg. Er war der leitende Mediziner, schwergewichtig und
aufgrund seines kaputten Beines einwenig humpelnd, aber ein Genie seines Fachs.
Energisch schob er die Umstehenden beiseite und kniete neben Will Anderson
nieder.
       Er fühlte den Puls, zog ihm die Lider hoch und prüfte seine
Augenreflexe, roch an seinem Mund und legte letztlich den Kopf auf dessen Herz.
Dann stand er auf und blickte die Anwesenden der Reihe nach an.
       »Meine Herren«, begann er förmlich und sichtlich bemüht,
seine Gesichtsmimik unter Kontrolle zu halten, »ich möchte keine großen Umschweife
machen. Dr. Anderson ist tot.« Er machte eine kleine Pause und verschaffte sich
dann inmitten des aufkommenden Raunens wieder Ruhe. »Die begleitenden Umstände
geben allerdings zu den ernsthaftesten Vermutungen Anlass. Der Mageninhalt wird
noch untersucht werden müssen, aber ich bin sicher, dass er meine Diagnose nur
bestätigt. Dr. Anderson starb durch eine Überdosis kristallierten Ammoniaks,
ein Mittel, das die Santoganer benutzen, um ihre Körperflüssigkeit zu
regulieren, das aber für uns Menschen tödlich wirkt.«
       Voller Bedenken erhob er sich und rief die Sanitätsstube an.
Bald kamen zwei Assistenten und trugen Anderson auf einer Bahre in den Operationssaal.
Durch die eiligen Schritte der Männer aus dem Gleichgewicht gebracht, pendelte
dessen Kopf von einer Seite auf die andere.
       »Meine Herrschaften«, sagte der schwergewichtige Arzt im
Hinausgehen. »Ohne den Ermittlungen unbedingt vorausgreifen zu wollen, bitte
ich Sie doch zur Kenntnis zu nehmen, dass Will Anderson nicht eines natürlichen
Todes gestorben ist. Vielleicht wäre es im allgemeinen Interesse, so schnell
wie möglich die genaueren Umstände zu rekonstruieren. Natürlich mit der nötigen
Umsicht, Ruhe und Sorgfalt!«
       Dann drehte er sich endgültig um und stapfte den Sanitätern
hinterher.
     
     
     
    Der Schock, der durch die

Weitere Kostenlose Bücher