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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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Ermordung von Dr. Anderson entstanden
war, saß tief. Wie gelähmt gingen die Menschen ihren täglichen Verrichtungen
nach, taten ihre Arbeit und sprachen kaum miteinander. In den Aufenthaltsräumen,
den Bars und Mensen herrschte betretene Stille, kein Lachen oder ein Zuruf der
Freude durchschnitt die bleierne Sphäre.
       Bei den Untersuchungen war nicht viel herausgekommen. Es
wurde lediglich ermittelt, dass Will das Gift in sein Bier geschüttet bekommen
haben musste, wahrscheinlich als ein sich schnell auflösendes Pulver. In dieser
Form kam Ammoniak schließlich, wenn es durch ein bestimmtes thermisches
Verfahren kristallisiert wurde, am häufigsten vor.
      Die Umstände ließen den Stewart sogleich in Verdacht geraten,
da er erstens ein Santoganer war, der über das Mittel verfügte und zweitens
durch seinen Bierausschank die beste Möglichkeit von allen besessen hatte, das
für die Menschen tödliche Gift zu verabreichen.
       Doch er beteuerte nach wie vor seine Unschuld, und da ihm die
Tat nach santoganischem und auch menschlichem Maßstab nicht nachzuweisen war,
blieb er auf freiem Fuß. Er wurde lediglich durch einen irdischen Wissenschaftler
ersetzt, der sich freiwillig für das Amt des Barkeepers zur Verfügung stellte.
       Dieser Umstand aber deutete bereits auf einen sich
anbahnenden Konflikt zwischen beiden Rassen hin. Denn die Menschen fragten
sich, welches Interesse einer Ihresgleichen überhaupt haben sollte, einen
Kollegen zu ermorden - obwohl – abstrakt gesehen - sie es bereits genug auf der
Erde getan hatten. Aber was für ein Interesse konnte ein Santoganer daran haben?
Doch nichts desto trotz hingen die latenten Anschuldigungen über den Köpfen
aller wie eine dunkle Wolke, und niemand wusste, wohin dieses Problem noch
führen mochte.
       In der wissenschaftlichen Zusammenarbeit gab es jedoch
weiterhin kaum Schwierigkeiten, da sich hier beide Rassen auf das persönlichste
kannten und einander vertraut waren. Lediglich in den Gemeinschaftsräumen und
öffentlichen Einrichtungen wie der Bibliothek oder der äußeren Beobachtungsstation
herrschte eine schneidende Kälte untereinander.
       Es wurde trotzdem nichts außer Acht gelassen, um den
Schuldigen zu finden. In diesem gemeinsamen Bestreben lag die einzige
Möglichkeit, das Klima wieder zu erwärmen. Wenn auch bislang noch keine ihrer
Recherchen von Erfolg gekrönt war.
       Steff lag auf seinem Bett und starrte an die sich über ihm
wölbende Decke. Bestand zwischen dem Attentatsversuch auf ihrer Konferenz zwei
Tage vor dem Abflug und dem vorgestrigen Mord ein Zusammenhang? Wenn ja, war es
dann etwa einem der Verschwörer gelungen, sich auf das Schiff zu schmuggeln?
Oder war es gar - keiner wollte diese Möglichkeit bisher offen aussprechen -
war es vielleicht einer aus ihrer eigenen Crew?
       Er selbst glaubte nicht daran, dass der Mörder ein Santoganer
war. Auch diese letzte Aktion stand für ihn deutlich im Einklang mit den Intentionen
des Geheimbundes, einen Keil zwischen beide Rassen zu treiben, und somit eine
Verbrüderung und einen wirtschaftlichen oder kulturellen Austausch zu
verhindern. Aber mit welchem Interesse? Und in wessen Auftrag?
       Unentschlossen stand er auf und ging zum Fenster. ‚Was hatte
Angelo gesagt? Ich schaue immer wieder nach draußen und fange an zu suchen.’ Er
starrte in das Dunkel des Kosmos. ‚Suchte er wirklich nur nach etwas Materiellem?’
Steff hatte das Gefühl gehabt, dass Angelo nach mehr Ausschau hielt, als nur
nach einem fassbaren Anhaltspunkt. Vielleicht war er doch mehr Idealist, als er
sich selbst zugeben mochte. Vielleicht versuchte er zu begreifen, was da
zwischen den Sternen stand. Diese unendliche Kraft, die den Kosmos
zusammenhielt, die ihn auseinander explodieren und wieder zusammenstürzen ließ.
       Und von alledem war nichts zu sehen. Nur ganz entfernt, wie
eine Armee kleiner Glühwürmer, blinkten ihn die Sterne an. Steff nahm seinen
Stuhl und setzte sich vor die klare Sichtscheibe.
       Heute war es nun soweit, dass sie eines dieser unfassbaren
kosmischen Gesetze nutzen wollten, um an einen Ort zu gelangen, zu dem andere
hunderte von Generationen brauchten. Den Hypersprung. Eine verrückte Kombination
aus Raum, Zeit und Geschwindigkeit. Erolandar hatte versucht, es ihm zu
erklären, aber es war ihm nur annähernd gelungen.
       Steff stützte den Kopf in die Hände. Vor ihm glitt die
Schwärze des Alls unmerklich vorüber. Sie waren bereits 260

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