Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
Vom Netzwerk:
Salon. Er war von mittlerer Größe, dämmrig beleuchtet, kühl und verhältnismäßig gut besucht, unterteilt in zwei mit einem breiten Durchgang verbundene Räume mit niedrigen, bequem aussehenden Sesseln und kleinen Tischen.
    Ein junges Paar verließ soeben einen Ecktisch zu meiner Linken, die Gläser in der Hand, um einem Ober in den angrenzenden Speisesaal zu folgen. Ich nahm an dem freigewordenen Tisch Platz. Kurze Zeit später trat eine Getränkekellnerin zu mir, und ich bestellte ein Bier.
    Während ich so dasaß, an meinem Bier nippend, und meinen Geist über die auf absonderliche Weise miteinander verquickten Ereignisse der vergangenen Tage schweifen ließ, bemerkte ich, daß eine der vorbeiziehenden Gestalten nicht weitergegangen war. Sie war neben mir stehengeblieben - gerade weit genug im Hintergrund, um nur als dunkle Erscheinung am Rande wahrgenommen zu werden.
    Sie sprach leise. »Entschuldigen Sie. Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    Ich wandte den Kopf um und erblickte einen schmächtigen kleinen Mann von spanischem Aussehen, dessen Haupt und Schnauzbarthaare von Grau durchzogen waren. Er war einigermaßen gut gekleidet und gepflegt, um wie ein ortsansässiger Geschäftsmann zu erscheinen. Ich bemerkte einen abgebrochenen Vorderzahn, als er ein flüchtiges Lächeln aufsetzte - nur ein Zucken, das Nervosität andeutete.
    »Mein Name ist Dan Martinez«, sagte er, ohne mir die Hand anzubieten. Er warf einen Blick auf den Sessel mir gegenüber. »Darf ich mich für einen Augenblick setzen?«
    »Worum geht es? Wenn Sie etwas verkaufen wollen - ich bin nicht interessiert. Ich erwarte jemanden und...«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, nichts dergleichen. Ich weiß, daß Sie jemanden erwarten - einen Mr. Lucas Raynard. Genaugenommen hat er auch damit zu tun.«
    Ich deutete auf den Sessel.
    »Okay. Nehmen Sie Platz, und stellen Sie Ihre Frage.«
    Er folgte der Aufforderung, verschränkte die Hände und legte sie auf den Tisch zwischen uns. Er beugte sich vor.
    »Ich habe Ihre Unterhaltung in der Eingangshalle mitangehört«, fing er an, »und ich hatte den Eindruck, daß Sie ihn ziemlich gut kennen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu sagen, wie lange Sie ihn schon kennen?«
    »Wenn das alles ist, was Sie wissen möchten«, antwortete ich. »Seit etwa acht Jahren. Wir besuchten zusammen das College, und danach arbeiteten wir einige Jahre lang bei derselben Firma.«
    »Grand Design«, warf er ein, »eine Computerfirma in San Francisco. Und vor dem College, kannten Sie ihn da nicht auch schon?«
    »Anscheinend wissen Sie schon so einiges«, entgegnete ich. »Was wollen Sie überhaupt? Sind Sie so etwas wie ein Bulle?«
    »Nein«, sagte er, »weit gefehlt. Ich versichere Ihnen, es geht mir nicht darum, Ihren Freund in Schwierigkeiten zu bringen. Ich versuche lediglich, mir selbst einige zu ersparen. Darf ich Sie noch fragen...«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie haben keine Frage mehr frei«, unterbrach ich ihn. »Ich habe keine Lust, mit Fremden über meine Freunde zu reden, wenn es keinen sehr guten Grund dafür gibt.«
    Er entfaltete die Hände und spreizte sie weit.
    »Ich habe nichts dagegen«, sagte er, »wenn Sie ihn davon unterrichten. Genauer gesagt, ich möchte es sogar. Er kennt mich. Ich möchte, daß er weiß, daß ich mich nach ihm erkundige, okay? Es wird ihm sogar zum Vorteil gereichen. Verdammt, ich spreche doch mit einem Freund von ihm, oder nicht? Mit jemandem, der vielleicht sogar bereit wäre, seinetwegen zu lügen, um ihm aus der Patsche zu helfen. Und ich brauche nur ein paar einfache Fakten...«
    »Und ich brauche einen einfachen Grund: Warum wollen Sie diese Information?«
    Er seufzte. »Okay«, sagte er. »Er bot mir - unter Vorbehalt, nicht daß Sie mich falsch verstehen - eine sehr interessante Investment-Gelegenheit an. Dabei geht es um eine große Summe Geld. Die Sache ist nicht ohne Risiko, wie meistens, wenn neue Firmen in einer heiß umkämpften Branche mitmischen wollen, aber der voraussichtliche Profit macht sie verlockend.«
    Ich nickte.
    »Und Sie möchten wissen, inwieweit er ehrlich ist.«
    Er schmunzelte. »Es ist mir eigentlich gleichgültig, ob er ehrlich ist«, antwortete er. »Mir geht es lediglich darum, ob er ein Produkt ohne Haken liefern kann.«
    Etwas an der Art, wie dieser Mann sprach, erinnerte mich an jemanden. Ich strengte mein Gedächtnis an, doch mir fiel nicht ein, an wen.
    »Aha«, sagte ich und trank einen Schluck Bier. »Ich bin heute

Weitere Kostenlose Bücher