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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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jeder einzelne von ihnen besessen sein, um eine solche Tat zu begehen? Wo waren sie jetzt? Und welche Alibis hatten sie? Könnte es sein, daß sich eine Koalition zusammengefunden hatte? Oder könnte es ein Außenseiter gewesen sein? Wenn das so war, wie hatte er sich den Zugang zu dem einheimischen Vorrat an Explosivstoffen beschafft? Oder war es eingeführtes Zeug? Oder hatte jemand von hier die richtige Formel gefunden? Wenn es sich um einen Außenseiter handelte, welches waren seine Beweggründe, und woher stammte diese Person? Hatte einer von uns einen Attentäter eingeschleust? Warum?
    Während wir an der Gruft vorbeidefilierten, dachte ich flüchtig an Caine, aber eher als Teil eines Puzzle-Bildes denn als Individuum. Ich hatte ihn nicht allzugut gekannt. Doch einige der anderen hatten mir zuvor erzählt, daß er kein Mann war, den man leicht kennenlernte. Er war grob und zynisch und hatte eine grausame Ader. Er hatte sich im Lauf der Jahre viele Feinde geschaffen und schien auf diesen Umstand sogar stolz zu sein. Mit mir war er immer einigermaßen anständig umgegangen, aber wir waren auch niemals wegen irgend etwas aneinandergeraten. Deshalb hegte ich für ihn nicht so tiefe Gefühle wie für die meisten anderen. Julian war ebenfalls ein Mann von seinem Zuschnitt, wenn auch äußerlich geschliffener. Und niemand konnte sicher sein, was eines Tages unter dieser Oberfläche zum Vorschein kommen mochte. Caine... Ich wünschte, ich hätte dich besser kennengelernt. Ich bin sicher, daß dein Dahinscheiden ein Verlust für mich ist, auch wenn ich den Grund dafür nicht begreife.
    Als wir später zum Palast aufbrachen, um zu essen und zu trinken, fragte ich mich - nicht zum erstenmal -, auf welche Weise meine Probleme und die aller anderen im Zusammenhang standen. Denn ich hatte das Gefühl, daß ein solcher Zusammenhang bestand. Bei kleinen Zufällen bleibe ich ungerührt, aber bei großen werde ich mißtrauisch.
    Und Meg Devlin? Wußte sie auch irgend etwas? Steckte sie in der Sache mit drin? Mir erschien das durchaus möglich. Ehemann oder nicht, entschied ich, wir waren miteinander verabredet. Bald.
    Später, in dem großen Speisesaal, zwischen dem Gewirr von Stimmen und dem Klappern von Besteck und Geschirr, kam mir ein undeutlicher Gedanke, und ich beschloß, ihn sofort zu verfolgen. Ich entfernte mich mit einer Entschuldigung aus der kühlen, wenn auch reizvollen Gesellschaft von Vinta Bayle, Tochter aus niedrigem Adel und offenbar Caines letzte Geliebte, und begab mich zum anderen Ende des Saales, wo eine kleine Gruppe von Leuten Random umringte. Ich stand mehrere Minuten lang dort und überlegte, wie ich an ihn herankommen könnte, als er mich erspähte. Er entschuldigte sich sofort bei den anderen, trat zu mir und hielt mich am Ärmel fest.
    »Merlin«, sagte er, »ich habe jetzt keine Zeit, aber ich möchte dir auf jeden Fall sagen, daß ich unser Gespräch nicht als beendet betrachte. Ich möchte mich heute am Spätnachmittag oder am Abend noch einmal mit dir zusammensetzen - sobald ich frei bin. Also lauf nicht irgendwohin davon, bevor wir miteinander gesprochen haben, ja?«
    Ich nickte.
    »Schnell eine Frage«, sagte ich, als er sich umwandte, um sich wieder den anderen zu widmen.
    »Schieß los!« sagte er.
    »Halten sich zur Zeit irgendwelche Amberiten auf dem Schatten Erde auf, den ich soeben verlassen habe -irgendwelche Mittelsleute?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich habe keine dorthin abgesandt, und ich glaube, von den anderen zur Zeit auch niemand. Ich habe dort eine Reihe von Kontaktleuten an verschiedenen Stellen, aber das sind ausnahmslos Einheimische - wie Bill.«
    Seine Augen verengten sich. »Hat sich etwas Neues ergeben?« fragte er dann.
    Ich nickte wieder.
    »Etwas Ernstes?«
    »Möglicherweise.«
    »Ich wollte, ich hätte Zeit, es mir anzuhören, aber wir müssen es leider auf unser späteres Gespräch verschieben.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich werde dich holen lassen«, sagte er und wandte sich wieder seinen Begleitern zu.
    Das machte die einzige Erklärung zunichte, die mir bezüglich Meg Devlin eingefallen war. Es schloß auch die Möglichkeit aus, daß ich mich sofort nach dem Ende der Versammlung aus dem Staub machen könnte, um sie zu sehen.
    Ich tröstete mich mit einem weiteren Teller voll Essen. Nach einiger Zeit betrat Flora den Saal, musterte sämtliche Menschengruppen und bahnte sich dann einen Weg zwischen ihnen hindurch, um sich neben mir auf der Bank unter dem Fenster

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