Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
worden. Früher hatte sie ein ganzes Stück weiter rechts gestanden. Ich schob das Möbelstück an den Platz zurück, den es damals eingenommen hatte.
»Ich sehe immer noch nichts«, sagte Flora.
Ich streckte die Hand aus und ergriff die ihre, während ich die Logrus-Wirkung ausweitete, damit auch sie sähe, was ich sah.
»Ach« - sie hob die andere Hand und fuhr einem schwachen rechteckigen Umriß an der Wand nach -, »das sieht ja wie eine... Geheimtür aus«, bemerkte sie.
Ich betrachtete die Linien - eine blasse Spur von erloschenem Feuer. Die Öffnung war offensichtlich verschlossen, und zwar seit geraumer Zeit. Nach und nach würden die Umrisse vollends verblassen und schließlich ganz verschwinden.
»Es ist eine Tür«, erwiderte ich.
Sie zog mich in den anderen Raum zurück, damit wir die Wand auf der Gegenseite untersuchten.
»Hier ist nichts«, stellte sie fest. »Sie durchbricht das Mauerwerk nicht.«
»Jetzt hast du begriffen«, sagte ich. »Sie führt irgendwo anders hin.«
»Wohin?«
»Dorthin, wo immer das Wesen hergekommen sein mag, das Julia getötet hat.«
»Kannst du sie öffnen?«
»Ich bin bereit, so lange davor stehenzubleiben, wie es sein muß«, sagte ich, »und es zu versuchen.«
Ich kehrte in den anderen Raum zurück und stellte noch einmal genaue Untersuchungen an.
»Merlin«, sagte sie, als ich ihre Hand losließ und die meine hochhob, »meinst du nicht, daß es an der Zeit ist, mit Random Verbindung aufzunehmen und ihm genau zu berichten, was geschehen ist, damit dir vielleicht Gerard zur Seite steht, wenn es dir gelingt, diese Tür zu öffnen?«
»Das sollte ich wahrscheinlich tun«, bestätigte ich, »aber ich werde es nicht tun.«
»Warum nicht?«
»Weil er vielleicht versuchen würde, mich davon abzuhalten.«
»Vielleicht hätte er recht damit.«
Ich ließ die Hände sinken und wandte mich zu ihr um. »Ich muß zugeben, dein Vorschlag ist nicht von der Hand zu weisen«, sagte ich. »Random muß über alles unterrichtet werden, und ich habe es wahrscheinlich schon zusehr auf die lange Bank geschoben. Ich bitte dich also um folgendes: Kehr zum Wagen zurück und warte. Gib mir eine Stunde Zeit. Wenn ich bis dahin nicht draußen bin, nimm Verbindung zu Random auf, berichte ihm alles, was ich dir erzählt habe, und berichte ihm auch über das Geschehene hier.«
»Ich weiß nicht so recht«, erwiderte sie. »Wenn du dich nicht blicken läßt, wird Random vielleicht sauer auf mich sein.«
»Sag ihm einfach, daß ich darauf bestanden habe und daß du nichts dagegen tun konntest. Was tatsächlich der Fall ist, wenn du es dir richtig überlegst.«
Sie kräuselte die Lippen. »Es gefällt mir nicht, dich allein hier zurückzulassen - obwohl ich auch kein gesteigertes Verlangen habe, hierzubleiben. Möchtest du vielleicht eine Handgranate bei dir haben?«
Sie hob ihre Handtasche hoch und machte sich daran, sie zu öffnen.
»Nein, danke. Übrigens, warum trägst du so etwas mit dir herum?«
Sie lächelte. »In diesem Schatten habe ich immer welche dabei. Manchmal erweisen sie sich als ganz praktisch. Aber in Ordnung, ich werde warten.«
Sie gab mir einen flüchtigen Kuß auf die Wangen und wandte sich zum Gehen.
»Und versuch, Fiona aufzutreiben«, rief ich ihr nach, »wenn ich nicht wieder auftauche! Erzähl auch ihr die ganze Geschichte. Sie hat vielleicht eine andere Erklärung dafür.«
Sie nickte und entfernte sich. Ich wartete, bis ich die Tür ins Schloß fallen hörte, dann konzentrierte ich meine Aufmerksamkeit ausschließlich auf das helle Rechteck. Seine Umrisse erschienen ziemlich ebenmäßig, lediglich mit einigen etwas dichteren, helleren und einigen feineren, dunkleren Bereichen. Ich fuhr mit dem rechten Handballen im Abstand von etwa zwei Zentimetern über der Wandoberfläche langsam die Linien nach. Dabei spürte ich ein leichtes Kribbeln, die Empfindung von Hitze. Wie vorherzusehen, war dieses Gefühl über den helleren Bereichen stärker. Ich nahm das als Anzeichen dafür, daß die Versiegelung an diesen Stellen weniger vollkommen war. Sehr gut. Ich würde bald herausfinden, ob das Ding gewaltsam geknackt werden konnte, und dies sollten meine Angriffspunkte sein.
Ich schraubte meine Hände tiefer in den Logrus, bis ich jene Glieder an mir hatte, die ich mir als feinfingerige Panzerhandschuhe gewünscht hatte - stärker als Metall, feinfühliger als Zungen an ihren empfindsamsten Stellen. Ich schob die rechte Hand zum nächstgelegenen Punkt, auf der
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