Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
die Tür öffnete. Dann trat ich in den Flur hinaus und ging bis zur Ecke. Niemand war zu sehen.
»Alles klar«, flüsterte ich, als ich ins Zimmer zurückkam.
Luke war verschwunden. Gleich darauf hörte ich ihn im Bad.
»Verdammt! Ich hätte dir doch geholfen!« schimpfte ich.
»Ich kann immer noch allein pinkeln«, antwortete er und taumelte zurück ins Zimmer, wobei er sich mit der unversehrten Hand an der Wand entlangtastete. »Ich wollte mal versuchen, ob ich es schaffe«, fügte er hinzu, während er sich auf die Bettkante niederließ. Er legte sich die Hand auf den Brustkorb und keuchte. »Scheiße! Das strengt an.«
»Ich helfe dir beim Hinlegen.«
»Okay. Hör zu, erzähl ihr nicht, daß ich nicht einmal das kann.«
»Okay«, sagte ich. »Entspann dich jetzt. Ruh dich aus.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich möchte dir soviel wie möglich erzählen, bevor sie wieder hier hereingeschneit kommt«, sagte er. »Und das wird sie - glaub mir.«
»Weißt du das hundertprozentig?«
»Ja. Sie ist nicht menschlich, und sie ist mehr auf uns beide eingestellt, als es irgendein blauer Stein jemals war. Ich verstehe deine Art der Magie nicht, aber ich habe meine eigene, und ich weiß, was sie mir sagt. Es war jedoch deine Frage, was sie gewesen sei, die mir den Anstoß gab, mich mit dem Problem zu beschäftigen. Bist du dir inzwischen klar geworden über sie?«
»Noch nicht ganz, nein.«
»Nun, ich weiß, daß sie ihre Gestalt wechseln kann wie andere Leute die Kleidung - und sie beherrscht die Schatten-Durchquerung.«
»Sagen dir die Namen Meg Devlin oder George Hansen etwas?« fragte ich ihn.
»Nein. Sollten sie das?«
»Ich hatte es nicht angenommen. Aber sie war beide Personen, davon bin ich überzeugt.«
Ich ließ Dan Martinez aus, nicht weil er Luke als Vorwand benutzt hatte und weil es Lukes Mißtrauen ihr gegenüber noch verstärkt hätte, wenn ich ihm davon erzählt hätte, sondern weil ich nicht wollte, daß er von meinem Wissen um die Guerilla-Operation in New Mexico erfuhr - und ich hatte so eine Ahnung, daß die Dinge in diese Richtung laufen würden.
»Außerdem war sie Gail Lampron.«
»Deine alte Freundin, damals in der Schule?« fragte ich.
»Ja. Ich dachte gleich, daß mir irgend etwas an ihr bekannt vorkam. Aber erst später kam ich drauf. Es waren Gails kleine Eigenarten - wie sie den Kopf drehte, die Art, wie sie beim Sprechen die Hände und Augen gebrauchte. Dann erwähnte sie zwei Ereignisse, bei denen es nur eine einzige - und zwar jeweils dieselbe - Zeugin gegeben hatte: Gail.«
»Das hört sich so an, als ob sie dir absichtlich einen Hinweis geben wollte.«
»Ich glaube auch, daß sie das wollte«, stimmte er mir zu.
»Warum rückte sie dann nicht einfach mit der Sprache heraus und bekannte sich ganz offen dazu?«
»Ich glaube, das kann sie nicht. Vielleicht ist sie mit so etwas wie einem Bann belegt, obwohl das schwer zu beurteilen ist, weil sie ja nicht menschlich ist und all so was.« Er schaute angespannt zur Tür, während er das sagte. »Sieh doch noch mal nach«, fügte er dann hinzu.
»Immer noch alles in Ordnung«, beruhigte ich ihn. »Also, was ist nun mit...«
»Ein andermal«, entgegnete er. »Ich muß von hier abhauen.«
»Ich verstehe, daß du von ihr weg willst...«, begann ich.
Er schüttelte den Kopf. »Darum geht es nicht«, sagte er. »Ich muß zum Hort der Vier Welten - und zwar bald.«
»Dein Zustand...«
»Darum geht es. Das meine ich. Ich muß von hier verschwinden, damit ich bald wieder in Form bin. Ich glaube, der alte Sharu Garrul ist freigekommen. Das ist die einzige Möglichkeit für mich, zu erfahren, was geschehen ist.«
»Was ist denn eigentlich geschehen?«
»Ich erhielt einen Notruf von meiner Mutter. Sie ist zum Hort zurückgekehrt, nachdem ich sie von dir losgeeist hatte.«
»Warum?«
»Warum was?«
»Warum hat sie sich in den Hort begeben?«
»Nun, dieser Ort ist ein Kräftezentrum. Die Art und Weise, wie die vier Welten Zusammenkommen, setzt dort eine unglaubliche Menge von Kraft frei, die ein gelehriger Schüler anzapfen kann, um...«
»Dort treffen tatsächlich vier Welten aufeinander? Heißt das, man befindet sich jeweils in einem anderen Schatten, je nachdem, aus welcher Richtung man eintritt?«
Er betrachtete mich eine Zeitlang forschend. »Ja«, sagte er schließlich, »aber ich komme mit dieser Geschichte niemals zum Ende, wenn du jede kleine Einzelheit wissen willst.«
»Und ich verstehe sie nicht, wenn du zuviel
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