Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
was er dir als Folge deiner Anpassung zielstrebig auf den Hals gehetzt haben könnte.«
»Du hast gelauscht.«
»Eine alte Angewohnheit von mir«, gestand sie.
Ich wandte mich an Luke und stellte sie vor. »Luke, das ist Vinta Bayle - sozusagen.«
Luke hob die rechte Hand, und seine Augen waren unverwandt auf ihr Gesicht gerichtet. »Ich möchte nur eines wissen...«, begann er.
»Das kann ich mir denken«, unterbrach sie ihn. »Werde ich dich töten oder nicht? Verharre ruhig weiter im ungewissen. Ich habe mich noch nicht entschieden. Erinnerst du dich an damals, als du nördlich von San Luis Obispo kaum noch Benzin hattest und entdecktest, daß deine Brieftasche abhanden gekommen war? Du mußtest dir Geld von dem Mädchen leihen, mit dem du unterwegs warst, um bis nach Hause zurückzukommen. Sie mußte dich übrigens zweimal darauf ansprechen, bevor du es ihr zurückgezahlt hast.«
»Wie kannst du das wissen?« flüsterte er.
»Einmal bist du mit drei Motorradfahrern in Streit geraten«, fuhr sie fort. »Du hättest beinahe ein Auge eingebüßt, als dir einer von ihnen eine Kette um den Kopf wickelte. Anscheinend ist es ganz gut verheilt. Ich sehe gar keine Narbe mehr...«
»Und ich habe gewonnen«, fügte er hinzu.
»Ja. Es gibt nicht viele Leute, die eine Harley aufheben und damit werfen können, wie du es getan hast.«
»Ich muß wissen«, sagte er, »wie du alle diese Dinge erfahren hast.«
»Vielleicht verrate ich dir auch das eines Tages«, sagte sie. »Ich habe sie nur erwähnt, um dich zur Wahrheit zu mahnen. Jetzt möchte ich dir einige Fragen stellen, und dein Leben hängt davon ab, daß du mir ehrliche Antworten gibst. Verstehst du...«
»Vinta«, fiel ich ihr ins Wort, »du hast behauptet, nicht daran interessiert zu sein, Luke zu töten.«
»Er steht nicht an erster Stelle auf meiner Liste«, antwortete sie, »doch wenn er sich mir in den Weg stellt, dann ist er fällig.«
Luke gähnte. »Ich werde dir etwas über die blauen Steine erzählen«, murmelte er. »Ich habe jetzt niemanden mehr auf dem Blaue-Steine-Kieker; Merle war der letzte.«
»Könnte es sein, daß Jasra ihn auf diese Weise ausfindig gemacht hat?«
»Möglich. Ich weiß es nicht.«
»Was ist mit den Typen, die ihn gestern abend in Amber angegriffen haben?«
»Davon höre ich zum erstenmal«, sagte er und schloß die Augen.
»Sieh dir das an!« befahl sie und holte den blauen Knopf aus ihrer Tasche.
Er öffnete die Augen und betrachtete ihn blinzelnd.
»Erkennst du ihn?«
»Nein«, sagte er und schloß die Augen wieder.
»Und du willst Merle jetzt keinen Schaden mehr zufügen?«
»So ist es«, antwortete er mit ersterbender Stimme.
Sie setzte erneut zum Sprechen an, und ich sagte: »Laß ihn schlafen. Er kann nicht abhauen.«
Sie warf mir einen beinahe wütenden Blick zu, dann nickte sie. »Du hast recht«, sagte sie.
»Was hast du jetzt vor - willst du ihn umbringen, während er weggetreten ist?«
»Nein«, erwiderte sie. »Er hat die Wahrheit gesagt.« »Und macht das einen Unterschied?«
»Ja«, erklärte sie, »zumindest im Augenblick.«
- 7 -
I ch schlief nachts darauf tatsächlich ziemlich gut, trotz aller Widrigkeiten, einschließlich eines entfernten Hundekampfes und allerlei Geheuls. Vinta war nicht geneigt gewesen, das Frage- und Antwort-Spiel fortzusetzen, und ich hatte sie davon abgehalten, Luke weiter zu belästigen. Ich überredete sie dazu, ihn zu verlassen und uns allen etwas Ruhe zu gönnen. Ich sackte in dem bequemen Sessel zusammen, die Füße auf einen anderen gelegt. Ich hoffte, meine Unterhaltung mit Luke unter vier Augen fortsetzen zu können. Ich erinnere mich, daß ich regelrecht schmunzelte, als ich vor dem Einschlafen zu entscheiden versuchte, wem von den beiden ich weniger mißtraute.
Ich wurde durch den ersten hellen Streifen am Himmel und das Gezänk einiger Vögel aufgeweckt. Ich reckte mich ein paarmal, dann begab ich mich ins Bad. Nachdem ich mich halbwegs gewaschen hatte, hörte ich Luke husten und meinen Namen flüstern.
»Wenn du nicht gerade zu verbluten drohst, dann wart bitte einen Augenblick«, antwortete ich, während ich mich abtrocknete. »Brauchst du Wasser?« fragte ich.
»Ja. Bring mir etwas.«
Ich warf mir das Handtuch über die Schulter und brachte ihm etwas zu trinken.
»Ist sie immer noch da?«
»Nein.«
»Gib mir das Glas und sieh im Flur nach, ja? Ich komme schon zurecht.«
Ich nickte und reichte ihm das Glas. Ich verhielt mich sehr leise, als ich
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