Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
meine ebenfalls mit hinaufgenommen, um mich zu ihm zu gesellen und unsere Unterhaltung fortzusetzen. Wenn ich das jedoch getan hätte, hätte mich Vinta begleitet, und das Gespräch wäre nicht zustande gekommen. Ebensowenig hätte ich mich unter diesen Umständen weiter mit ihr unterhalten können. Also mußte ich ihr hier unten Gesellschaft leisten, was bedeutete, daß ich Luke länger alleinlassen mußte, als mir lieb war.
Also ging ich mit ihr, als sie sagte: »Wir werden hier drinnen essen«, und mich in einen großen Saal führte. Ich vermutete, daß sie ihn ausgewählt hatte, weil mein Zimmer mit den offenen Fenstern über der Veranda lag und Luke uns gehört hätte, wenn wir uns dort draußen unterhalten hätten.
Wir saßen an den beiden Enden eines langen Tisches aus dunklem Holz, wo wir bedient wurden. Als wir wieder allein waren, fragte sie: »Was wirst du jetzt tun?«
»Wie meinst du das?« fragte ich und trank einen Schluck Traubensaft.
Ihre Augen verdrehten sich nach oben. »Mit ihm«, sagte sie. »Wirst du ihn mit zurücknehmen nach Amber?«
»Das erscheint mir am vernünftigsten«, antwortete ich.
»Gut«, sagte sie. »Dann solltest du ihn möglichst bald dorthin transportieren. Im Palast verfügt man über ordentliche medizinische Einrichtungen.«
Ich nickte. »Ja, das stimmt.«
Wir aßen einige Happen, dann fragte sie: »Das beabsichtigst du doch nicht zu tun, oder nicht?«
»Warum fragst du?«
»Weil alles andere vollkommen hirnrissig wäre, aber offenkundig will er es nicht. Deshalb wird er versuchen, dich zu einer anderen Lösung zu überreden,
zu einer Lösung, die ihm während seiner Genesungszeit mehr Freiheit gewährt. Du weißt ja, wie gut er reden kann. Er wird es so darstellen, als sei es eine großartige Idee, was immer es sein mag. Du darfst nicht vergessen, daß er ein Feind Ambers ist, und wenn er so weit wiederhergestellt ist, um den nächsten Zug zu unternehmen, wirst du ihm im Wege stehen.«
»Das klingt einleuchtend«, sagte ich.
»Ich bin noch nicht fertig.«
»Oh?«
Sie lächelte und aß ein paar Bissen, um meine Spannung zu steigern. Schließlich fuhr sie fort: »Er kam aus einem bestimmten Grund zu dir. Er hätte an allerlei Orte kriechen können, um sich die Wunden zu lecken. Aber er kam zu dir, weil er etwas wollte. Er treibt ein Glücksspiel, aber er hat seine Chancen berechnet. Geh nicht darauf ein, Merle. Du schuldest ihm nichts.«
»Warum nimmst du an, ich könnte nicht selbst auf mich aufpassen?« fragte ich.
»Das habe ich nie angenommen«, entgegnete sie. »Aber einige Entscheidungen müssen fein ausgewogen werden. Ein kleines zusätzliches Gewicht auf der einen oder anderen Seite macht einen großen Unterschied. Du kennst Luke, aber ich kenne ihn auch. Jetzt ist nicht die Zeit, um ihn zum Zuge kommen zu lassen.«
»Damit hast du sicherlich recht«, bestätigte ich.
»Dann hast du also beschlossen, ihm zu geben, was er will.«
Ich lächelte und trank einen Schluck Kaffee. »Herrje, er ist noch nicht lange genug wieder bei Bewußtsein, um mich über alles aufzuklären«, sagte ich. »Ich habe über diese Dinge nachgedacht und möchte ebenfalls wissen, was er im Sinn hat.«
»Ich habe nie verlangt, daß du so viel herausfinden sollst, wie du kannst. Ich wollte dich nur daran erinnern, daß eine Unterhaltung mit Luke manchmal so sein kann, als ob du mit einem Drachen sprichst.«
»Ja«, stimmte ich ihr zu. »Ich weiß.«
»Und je länger du wartest, desto schwieriger wird es sein«, fügte sie hinzu.
Ich trank wieder einen Schluck Kaffee. »Hast du ihn gemocht?« fragte ich.
»Gemocht?« wiederholte sie. »Ja, ich habe ihn gemocht. Und ich mag ihn immer noch. Das ist an diesem Punkt jedoch ohne Bedeutung.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte ich.
»Wie meinst du das?«
»Du würdest ihm keinen Schaden zufügen, ohne einen guten Grund dafür zu haben.«
»Nein, das täte ich nicht.«
»Zur Zeit stellt er keine Bedrohung für mich dar.«
»Anscheinend nicht.«
»Angenommen, ich würde ihn hier deiner Obhut überlassen und nach Amber gehen, um das Muster zu durchwandeln und die Leute dort auf die Neuigkeit vorzubereiten?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein«, brauste sie auf. »Das ist unmöglich - ich kann diese Verantwortung jetzt nicht übernehmen!«
»Warum nicht?«
Sie zögerte.
»Und bitte red dich nicht wieder darauf hinaus, daß du es mir nicht sagen kannst«, fuhr ich fort. »Finde einen Weg, mir soviel wie möglich
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