Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
zu sagen.«
Dann sprach sie langsam, als ob sie jedes einzelne Wort behutsam abwäge. »Weil es mir wichtiger ist, dich zu beobachten als Luke. Es besteht immer noch eine Gefahr für dich, die ich nicht durchschaue, obwohl sie nicht mehr von ihm auszugehen scheint. Dich gegen diese unbekannte Bedrohung zu beschützen, ist vorrangig gegenüber der Aufgabe, ein Auge auf ihn zu haben. Deshalb kann ich nicht hierbleiben. Wenn du nach Amber zurückkehrst, dann werde ich es auch tun.«
»Ich nehme deine Besorgnis hochschätzend zur Kenntnis«, sagte ich, »aber ich möchte nicht, daß du wie ein Hund meinen Schritten folgst.«
»Keiner von uns hat die Wahl.«
»Angenommen, ich trumpfe mich einfach von hier in einen entfernten Schatten?«
»Ich wäre gezwungen, dir zu folgen.«
»In dieser Erscheinungsform oder in einer anderen?«
Sie wandte den Blick ab. Sie tippte mit dem Fuß auf den Boden.
»Du hast bereits zugegeben, daß du eine andere Person sein kannst. Du machst mich auf geheimnisvolle Weise ausfindig, dann nimmst du Besitz von der Gestalt einer Person aus meiner Umgebung.«
Sie trank einen Schluck Kaffee.
»Vielleicht hält dich etwas davon ab, es auszusprechen«, fuhr ich fort, »aber so verhält es sich. Ich weiß es.«
Sie nickte einmal kurz und beschäftigte sich wieder mit dem Frühstück.
»Angenommen, ich würde mich in diesem Augenblick davontrumpfen«, sagte ich, »und du würdest mir auf deine eigenartige Weise folgen.« Ich dachte zurück an meine Telefongespräche mit Meg Devlin und Mrs. Hansen. »Dann würde die echte Vinta Bayle in ihrem eigenen Körper mit einer Gedächtnislücke aufwachen, stimmt's?«
»Ja«, antwortete sie leise.
»Und dann bliebe Luke hier in der Gesellschaft einer Frau zurück, die glücklich wäre, ihn zu vernichten, wenn sie irgendeinen Hinweis darauf hätte, wer er wirklich ist.«
Sie lächelte schwach. »Genauso ist es«, bestätigte sie.
Wir setzten eine Zeitlang unsere Mahlzeit schweigend fort. Sie hatte versucht, alle meine Entscheidungen zu beeinflussen, mich zu zwingen, mich zurück nach Amber zu trumpfen und Luke mitzunehmen. Es gefällt mir nicht, wenn ich manipuliert oder zu etwas gezwungen werde. Mein automatischer Reflex, etwas anderes als das von mir Gewünschte zu tun, wird dadurch angeregt.
Nachdem ich mit dem Essen fertig war, füllte ich unsere Kaffeetassen erneut. Ich betrachtete eine Sammlung von Hundeporträts, die an der Wand mir gegenüber hingen. Ich nippte genießerisch am Kaffee. Ich sagte nichts, weil mir nichts mehr zu sagen einfiel.
Schließlich ergriff sie das Wort. »Was wirst du jetzt also tun?« fragte sie.
Ich trank den Rest meines Kaffees und erhob mich. »Ich werde Luke seinen Stock bringen«, sagte ich.
Ich schob meinen Stuhl an seinen Platz zurück und ging in die Ecke des Raums, wo ich den Stock angelehnt hatte.
»Und dann?« fragte sie. »Was wirst du dann tun?«
Ich sah zu ihr zurück, während ich den Stock an mich nahm. Sie saß sehr aufrecht da, die Hände flach auf den Tisch gelegt. Rachelust hatte ihre Gesichtszüge wieder überlagert, und ich konnte beinahe Elektrizität in der Luft spüren.
»Was ich tun muß«, antwortete ich und ging zur Tür.
Sobald ich außer Sichtweite war, beschleunigte ich meine Schritte. Als ich die Treppe erreicht hatte und feststellte, daß sie mir nicht folgte, nahm ich zwei Stufen gleichzeitig. Auf dem Weg hinauf holte ich die Karten aus der Tasche und suchte die richtige heraus.
Als ich den Raum betrat, sah ich, daß Luke ruhte, den Rücken gegen das Kopfkissen gelehnt. Sein Frühstückstablett stand auf dem Stuhl neben dem Bett. Ich ließ den Riegel an der Tür herunter.
»Was ist los, Mann? Werden wir angegriffen oder was?« fragte Luke.
»Versuch mal allmählich, aufzustehen«, sagte ich.
Ich nahm seine Waffe und trat zu ihm ans Bett. Ich stützte ihn, als er sich aufrichtete, und warf ihm den Stock und die Klinge zu.
»Mein Handeln war erzwungen«, sagte ich. »Ich habe nicht die Absicht, dich an Random auszuliefern.«
»Das ist beruhigend«, stellte er fest.
»Aber wir müssen von hier abhauen - sofort.«
»Soll mir recht sein.«
Er stützte sich mit dem Stock ab und stand langsam auf. Ich hörte ein Geräusch im Flur, doch es war bereits zu spät. Ich hatte die Karte hochgehoben und konzentrierte mich.
An der Tür wurde geklopft.
»Du hast etwas vor, und ich glaube, es ist die falsche Zeit dafür!« rief Vinta.
Ich antwortete nicht. Die Vision wurde bereits
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