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Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel

Titel: Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Wachtposten am Ende des kurzen Ganges, der zur Treppe führte, war mir nicht bekannt. Er wußte jedoch, wer ich war, musterte Coral neugierig, öffnete die Tür, besorgte uns eine Laterne und zündete sie an.
    »Ich habe gehört, daß es hier eine lose Stufe gibt«, bemerkte er, während er mir das Licht reichte.
    »Welche ist es?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Prinz Gerard hat es mehrmals gemeldet«, sagte er, »aber außer ihm scheint es niemand zu bemerken.«
    »Gut«, sagte ich. »Danke.«
    Diesmal hatte Coral nichts dagegen einzuwenden, daß ich die Führung übernahm. Diese Treppe hier war vergleichsweise noch beängstigender als diejenige an der Klippe, vor allem deshalb, weil man den Boden nicht sah und weil man nach einigen Schritten außerhalb des Lichtkreises, innerhalb dessen man sich beim geschlängelten Abstieg bewegte, so gut wie überhaupt nichts mehr erkennen konnte. Und ein starkes Gefühl der Unendlichkeit überkam einen hier. Ich habe den Ort niemals bei Licht gesehen, aber ich vermute, daß dieser Eindruck nicht unrichtig ist. Es ist eine sehr große Höhle, und man steigt in ihrer Mitte rundherum und wieder rundherum immer tiefer hinab und fragt sich, wann man wohl endlich den Boden erreicht.
    Nach einer Weile räusperte sich Coral und sagte: »Würdest du mal kurz anhalten?«
    »Natürlich«, gab ich zurück und blieb stehen. »Außer Atem?«
    »Nein«, sagte sie. »Wie weit ist es noch?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich. »Jedesmal, wenn ich diese Strecke zurücklege, kommt mir die Entfernung unterschiedlich vor. Wenn du umkehren möchtest, um zum Abendessen zurück zu sein, dann können wir das Unterfangen morgen wiederholen. Du hattest einen anstrengenden Tag.«
    »Nein«, entgegnete sie. »Aber ich hätte nichts dagegen, wenn du mich für einen Augenblick in den Arm nähmest.«
    Ich hielt diesen Ort nicht sonderlich passend für Romantik, also folgerte ich scharfsinnig, daß sie einen anderen Grund hatte, schwieg und gehorchte.
    Ich brauchte eine Weile, bis mir bewußt wurde, daß sie weinte. Sie war sehr gut darin, es zu verbergen.
    »Was ist denn los?« fragte ich schließlich.
    »Nichts«, antwortete sie. »Vielleicht Nervosität. Ein primitiver Reflex. Angst vor der Dunkelheit. Klaustrophobie. Irgend etwas in der Art.«
    »Laß uns umkehren.«
    »Nein.«
    Also setzten wir unseren Weg nach unten fort.
    Etwa eine halbe Minute später entdeckte ich etwas Weißes neben einer der unteren Stufen. Ich verlangsamte meine Schritte. Dann stellte ich fest, daß es nur ein Taschentuch war. Als ich jedoch etwas näher herangekommen war, sah ich, daß es mit einem Dolch festgespießt war. Außerdem waren Zeichen darauf. Ich hielt inne, griff nach dem Tuch, strich es glatt und las:
    DIESE HIER IST ES, VERDAMMT - GERARD.
    »Vorsichtig auf dieser Stufe!« warnte ich Coral.
    Ich war im Begriff, einen weiten Schritt über sie hinweg zu machen, doch eine ubestimmte Eingebung bewog mich, mit einem Fuß leicht daran zu tasten. Kein Quietschen. Ich drückte mit mehr Gewicht. Nichts. Sie fühlte sich fest an. Ich trat darauf. Dasselbe. Ich zuckte mit den Schultern.
    »Sei trotzdem vorsichtig«, sagte ich.
    Auch als sie darauftrat, geschah nichts, und wir gingen weiter. Kurze Zeit später bemerkte ich ein Flackern weit unter uns. Es bewegte sich, und ich vermutete,
    daß es von einem Patrouillengänger stammte. Doch ich fragte mich, warum hier eine Patrouille eingesetzt war. Gab es hier Gefangene, die versorgt und bewacht werden mußten? Wurden bestimmte Höhleneingänge als leicht anzugreifende Punkte angesehen? Und was war mit der Gepflogenheit, das Gewölbe des Musters abzuschließen und den Schlüssel an die Wand neben der Tür zu hängen? Drohte möglicherweise eine Gefahr aus diesen Gemächern? Wie? Warum? Ich notierte mir im Geist, daß ich diesen Fragen in den nächsten Tagen nachgehen sollte.
    Als wir am Boden angelangt waren, war jedoch kein Wachtposten in Sicht. Der Tisch, die Waffengestelle und einige Fußschellen - aus denen die Einrichtung der Wachstation bestand - waren durch eine Reihe von Laternen beleuchtet, doch der Wachhabende war nicht auf seinem Posten. Schade. Es wäre hochinteressant gewesen zu fragen, was die Befehle für den Fall einer Notsituation vorsahen - verbunden mit der Hoffnung, daß dabei auch die Natur der möglichen unterschiedlichen Notfälle zur Sprache käme. Zum erstenmal fiel mir jedoch ein Seil auf, das aus der Dunkelheit in das Dämmerlicht neben einem der

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