Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel
Situation. Abgesehen von dem Umstand, daß ich sie nicht beunruhigen wollte, konnte ich ihr nicht gut erzählen, was geschehen war, ohne offenzulegen, daß ihre Schwester in Wirklichkeit eine uneheliche Tochter von Oberon war. In Zeiten wie diesen, in denen ich mich sorgsam hütete, irgend etwas zu sagen, das die Beziehungen zwischen Amber und Begma belastet hätte, hatte ich nicht die Absicht, der Tochter des begmanischen Premierministers gegenüber die Gerüchte zu bestätigen, daß ihre Mutter ein Verhältnis mit dem früheren König von Amber gehabt hatte. Vielleicht war das ein offenes Geheimnis in Begma, und niemand scherte sich einen Deut darum. Vielleicht aber auch nicht. Ich wollte Random nicht mit dem Ersuchen um Rat behelligen, zum Teil deshalb, weil er zur Zeit möglicherweise in Kashfa sehr in Anspruch genommen wurde, hauptsächlich jedoch deshalb, weil er vielleicht auf die Idee kommen könnte, mich nach meinen eigenen unmittelbaren Plänen und Problemen zu fragen, und ich wollte ihn nicht anlügen. Dadurch konnte ich in allzu große Schwierigkeiten geraten. Ein solches Gespräch konnte womöglich auch zur Folge haben, daß er mir meinen Angriff auf den Hort untersagte. Die einzige andere Person, mit der ich über Coral sprechen konnte und von der ich erwarten durfte, so etwas wie eine offizielle Antwort auf die Frage zu bekommen, inwieweit ich ihre Familie informieren sollte, war Vialle. Leider war Vialle zur Zeit mit ihrer Rolle als Gastgeberin vollkommen ausgelastet.
Ich seufzte und wandte mich wieder meinem Essen zu.
Bill zog meine Aufmerksamkeit auf sich und beugte sich ein wenig zu mir herüber. Ich beugte mich ihm ein wenig entgegen.
»Ja?« sagte ich.
»Es gibt ein paar Dinge, die ich Ihnen unbedingt sagen möchte«, fing er an. »Ich hatte allerdings gehofft, dies an einem ruhigen, ungestörten Ort unter vier Augen tun zu können.«
Ich schmunzelte.
»Genau«, fuhr er fort. »Ich glaube, besser als jetzt werden wir es in der nächsten Zeit nicht treffen. Zum Glück hört man die Stimmen hier am Tisch nicht sehr weit, wenn man sie einigermaßen dämpft. Ich habe zum Beispiel nicht mitbekommen, worüber Sie mit Nayda gesprochen haben. Es ist also wahrscheinlich alles in Ordnung, solange die Musik spielt.«
Ich nickte und steckte mir noch ein paar Bissen in den Mund.
»Die Sache ist die, daß die Begmanier nichts davon hören sollten - einerseits. Andererseits habe ich das Gefühl, daß Sie es vielleicht erfahren sollten, weil Sie sich mit Luke und Jasra auf ein gemeinsames Unternehmen eingelassen haben. Wie sieht Ihr Plan also aus? Ich würde es Urnen lieber später erzählen, aber wenn Sie in nächster Zeit unabkömmlich sein werden, dann kann ich Ihnen auch jetzt gleich die Hauptsache verraten.«
Ich warf einen Blick zu Nayda und Cade. Sie schienen vollkommen mit ihrem Essen beschäftigt zu sein und nicht hören zu können, was wir sprachen. Leider hatte ich gerade keinerlei abschirmende Bannsprüche parat.
»Schießen Sie los!« flüsterte ich hinter meinem Weinglas.
»Zunächst einmal«, begann er, »hat mir Random einen ganzen Stapel Papier zum Durcharbeiten geschickt. Es handelt sich um den Entwurf einer Vereinbarung, wonach Amber Kashfa einen bevorzugten Handelsstatus einräumen wird, vergleichbar mit Begma. Sie werden also auf jeden Fall in den Goldenen Kreis auf genommen.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Das kommt für mich nicht ganz überraschend. Aber es ist gut, mit Sicherheit zu wissen, was vor sich geht.«
Er nickte.
»Es steckt jedoch noch viel mehr dahinter«, fuhr er fort.
Genau in diesem Augenblick verstummte die Musik, und ich hörte wieder die Stimmen rings um den Tisch. Ich blickte nach rechts und sah, daß ein Diener soeben den Musikanten ein Tablett mit Speisen und Wein gebracht hatte. Sie legten ihre Instrumente aus der Hand und machten eine Pause. Wahrscheinlich hatten sie schon eine ganze Zeitlang gespielt, bevor ich gekommen war, und hatten sich jetzt eine Unterbrechung verdient.
Bill grinste.
»Später«, sagte er.
»In Ordnung.«
Es folgte eine komische kleine Fruchtspeise mit einer erstaunlichen Sauce. Ich löffelte sie gierig in mich hinein. Nayda bat mit einer Handbewegung um meine Aufmerksamkeit, und ich beugte mich wieder zu ihr hinüber.
»Also, was ist nun mit heute nacht?« flüsterte sie.
»Wie meint Ihr das? Ich sagte doch, ich würde nach ihr suchen, wenn sie nicht auftaucht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Davon sprach ich nicht«,
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