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Amber-Zyklus 09 - Ritter der Schatten: der Titel

Titel: Amber-Zyklus 09 - Ritter der Schatten: der Titel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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natürlich auch nicht: eine Annahme.
    Als ich zu einem Querkorridor gelangte, der mich links zur Treppe oder nach rechts wieder in meine Gemächer geführt hätte, zögerte ich. Auf der anderen Seite, etwas nach links versetzt, lag ein Salon, gegenüber Benedicts selten benutzten Räumen. Dorthin ging ich und ließ mich in einen schweren Sessel in der Ecke sinken. Ich wollte nichts anderes, als mich mit meinen Feinden auseinanderzusetzen, meinen Freunden zu helfen, meinen Namen von jeder verdammten Liste der zur Zeit Schwerbeschäftigten zu tilgen, meinen Vater ausfindig zu machen und zu irgendeiner Vereinbarung mit dem Ti'yga zu kommen. Dann könnte ich mir Gedanken machen über die Fortsetzung meines unterbrochenen Wanderjahrs. All dies erforderte, so wurde mir bewußt, daß ich mir erneut die nun beinahe theoretische Frage stellte, wieviel von meinen Anliegen und Angelegenheiten ich Random offenbaren wollte.
    Ich sah ihn wieder vor mir, in der Bibliothek, wo er mit seinem mehr oder weniger entfremdeten Sohn ein Duett spielte. Ich begriff, daß er einst ein ziemlich wilder Vogel und aufsässiger Tunichtgut gewesen sein mußte und sich bestimmt nicht danach gedrängt hatte, in dieser archetypischen Welt zu herrschen. Doch Elternschaft, Heirat und die Entscheidung des Einhorns hatten ihm anscheinend allerlei aufgebürdet - und seinen Charakter gestärkt, wie ich annehme, und zwar um den Preis vieler vergnüglicher Dinge im Leben. Zur Zeit hatte er offenbar beträchtliche Probleme mit dieser Kashfa-Begma-Geschichte, indem er sich möglicherweise gerade erst zur Duldung eines Mordes durchgerungen und einer eher ungerechten Vereinbarung zugestimmt hatte, um das komplizierte Gleichgewicht der politischen Kräfte innerhalb des Goldenen Kreises zu bewahren. Und wer wußte, was sich irgendwo sonst noch abspielen mochte, um seinen Schwierigkeiten weitere hinzuzufügen? Wollte ich diesen Mann wirklich in etwas hineinziehen, das ich durchaus allein erledigen konnte, da er nicht den geringsten Nutzen davon hatte, wenn er darüber Bescheid wußte, ganz zu schweigen davon, wenn er sich deswegen auch noch Sorgen machte? Außerdem, wenn ich ihn in meine Geschichten einweihen würde, war es sehr wahrscheinlich, daß er mir einige Beschränkungen auferlegen würde, die mich eventuell behindern würden, wenn es darum ginge, auf die offenbar alltäglichen Anforderungen meines Lebens zu reagieren. Und überdies könnte bei dieser Gelegenheit wieder eine uralte Sache ausgegraben werden, die vor vielen Jahren verdrängt worden war.
    Ich hatte niemals Loyalität gegenüber Amber geschworen. Niemand hatte mich dazu aufgefordert. Schließlich war ich Corwins Sohn, und ich war bereitwillig hierhergekommen und hatte mich hier eine Zeitlang zu Hause gefühlt, bevor ich zum Schatten Erde aufbrach, wo so viele der Amberiten zur Schule gegangen waren. Ich kehrte häufig hierher zurück, und ich hatte den Eindruck, daß ich mit allen in gutem Einvernehmen verkehrte. Ich sah nicht ganz ein, warum das Prinzip der doppelten Staatsbürgerschaft nicht angewendet werden sollte.
    Lieber wäre es mir jedoch gewesen, die Sache wäre überhaupt nichts auf Tapet gekommen. Mir gefiel der Gedanke nicht, gezwungen zu sein, mich zwischen Amber und den Burgen zu entscheiden. Ich würde es weder für das Einhorn noch für die Schlange, weder für das Muster noch für den Logrus tun, und ich hatte ebensowenig Lust, es für die königlichen Herrschaften des einen oder anderen Hofes zu tun.
    All dies legte den Schluß nahe, daß Vialle nicht einmal eine skizzenhafte Version meiner Geschichte zu hören bekommen sollte. Jede Version, wie abgeschwächt sie auch immer sein mochte, würde irgendwann eine Art Ausgleich erfordern. Wenn der Juwel jedoch ohne weitere Erklärung einfach an seinen vorherigen Platz zurückgelegt würde, dann würde niemand mich mit der Sache in Verbindung bringen, und dennoch wäre alles wieder im Lot. Wieso sollte ich lügen, wenn ich nicht einmal gefragt wurde?
    Auf diese Weise grübelte ich noch eine Zeitlang. Was ich durch meine Zurückhaltung wirklich erreichte: einem müden, besorgten Mann die Last zusätzlicher Probleme zu ersparen. Er konnte oder durfte auf die meisten meiner Angelegenheiten keinerlei Einfluß nehmen. Was immer sich zwischen dem Muster und dem Logrus abspielen mochte, hatte anscheinend lediglich in metaphysischer Hinsicht Bedeutung. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß im praktischen Bereich irgend etwas Gutes oder

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