Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
allergische Reaktion oder so was. Melissa Cassidy hat mir sogar erzählt, eine sei gestorben, aber die glaubt ja alles, was sie hört. Ich kann mir vorstellen, daß sich Boob immer kränker stellt, weil sie der Spritze entkommen will. Nicht dumm, Boob, nicht dumm. Das war's für heute. Muß jetzt lernen. Es gibt Typen, die lesen Silas Mariner noch einmal! Die spinnen noch mehr als meine verrückte Familie.
     

10. März
    Lori war tatsächlich heute nicht in der Schule, also hat sie die Wahrheit gesagt. Ich hoffe, sie weiß, was sie tut, bezweifle es aber.
    Boob geht es wieder besser. Natürlich gibt sie immer noch die Todkranke. Ich fragte sie, ob sie eine Eiserne Lunge brauche. »Was ist das?« wollte sie wissen. »Ja, ich will eine, ich brauche eine.« Pappi ist noch in Los Angeles. Er hat Boob heute morgen angerufen und ihr Gute Besserung gewünscht. Ende der Woche will er wieder da sein. Er würde gern früher kommen, aber er hat die Produzenten noch nicht getroffen. Sie wollen ihr Büro nicht verlassen wegen der Schießereien. Pappi sagt, sie hocken unter ihren Schreibtischen und telefonieren sogar von dort aus.
    »Booz hat er nicht angerufen«, triumphierte Boob. »Mich hat er angerufen, weil ich seine Numero Uno bin. Kein Anruf für Booz. Da bläst das Kindchen aber Trübsal.«
    »Halt die Klappe, Boob. Er hat mit dir telefoniert, weil du zu Hause warst. Und warum warst du zu Hause? Weil du nicht geimpft werden willst.«
    »Zeig mir doch deinen Einstich.« Ich krempelte meinen Ärmel hoch und ließ sie ihn sehen. Der Arm ist voll blauer Flecken, abscheulich. Er tut immer noch weh.
    »Booz kriegt meine Impfung auch. Einen Doppelstich für Booz.«
    »Und die kleine Boob muß zur Musterung.« Ich sprang auf Boobs Bett, griff mir die Kerze aus dem Ständer auf ihrem Nachttisch, drehte sie um und setzte mich auf ihren Rücken, damit sie nicht flüchten konnte. »Zeit zum Fiebermessen, Boob. Wo ist die Vaseline?«
    »Nein!« schrie Boob, und ich drückte ihren Kopf ins Kissen. Sie strampelte mit den Beinen, als wolle sie schwimmen.
    »Hohes Fieber«, feixte ich und schlug sie mit der Kerze etwas auf den Hintern. »Dazu noch diese einsetzende Fäulnis. Da werden wir amputieren müssen.«
    »Geh runter!« japste Boob und schlug weiter um sich. Fast fing sie an zu weinen, also ließ ich sie aus.
    »Wer ist hier Numero Uno?« wollte ich wissen.
    »Du siehst sie vor dir«, lachte Boob.
    Es klopfte. Mama kam rein und fragte: »Na, ihr Süßen, ich habe euer Lachen gehört. Hilfst du Boob beim Gesundwerden?«
    »Nein, sie bringt mich um«, behauptete Boob.
    »Ihr seid schon ein lustiges Duo. Was wollt ihr heute abend essen?«
    »Essen«, sagte Boob.
    »Viel Essen, danach muß ich noch etwas lernen«, behauptete ich.
    »Gut so, du bist so klug. Beide seid ihr so klug.«
    Boob zog ihren Morgenmantel an und setzte sich mit Mama und mir an den Küchentisch. Sie spachtelte in sich hinein, als habe sie seit Jahren gehungert. Ich wollte von Mama wissen, ob das Drehbuch wenigstens dem Regisseur gefallen habe, weil ich wußte, daß Pappi den Mann bereits am Flughafen treffen wollte. »Nein, Liebes, der war verdächtig unentschlossen.«
    »Schlechte Karten«, stellte ich fest.
    »Überhaupt nicht, Schnuckel, andererseits kann man nicht wissen … Hoffentlich kommt Pappi bald heim. Ich habe Angst um ihn, allein unter all diesen Verrückten.«
    »Warum macht niemand mehr einen Film? Jeder mag doch Filme?« fragte Boob.
    »Du hast natürlich recht, Kleines, aber die Welt ist im Aufruhr. Filme kosten immense Summen; keiner hat mehr Geld, nicht einmal in Hollywood. Erst haben sie damit um sich geworfen. Jetzt fehlt es an allen Ecken und Enden.«
    »Auch an unserem Ende«, stellte Boob fest.
    »Ich weiß, ich weiß. Pappi behauptet immer, die Dinge stünden nicht schlecht. Aber da täuscht er sich. Es kommt ihm nur so vor, weil es so lange her ist, daß die Zeiten gut waren. Ihm fehlt inzwischen einfach der Vergleich.«
    »Wird es noch schlimmer?« fragte ich. Mama nickte.
    Als wir den Fernseher anschalteten, brachten sie gerade Bilder von den Bränden in Beverly Hills. Wir sahen genau hin, konnten aber Pappi nicht entdecken. Angeblich wurde heute niemand getötet. »Niemand wichtiger wurde heute getötet«, berichtigte Boob mit einem Lächeln.
     

11. März
    Pappi hat heute mit Mama telefoniert, um ihr zu sagen, daß es ihm gut gehe und in der Nähe seines Hotels alles ruhig sei. Die Produzenten haben endlich ihr Büro verlassen,

Weitere Kostenlose Bücher