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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Altglassammelbehälter zu werfen. Ich ging hinterher. Alle Pfannen und Tiegel standen auf der Küchentheke herum und waren noch nicht in den Kisten verschwunden.
    »Glaubst du denn wirklich, daß wir hierher jemals wieder zurück kommen?« fragte ich sie.
    »Hier in die Wohnung, Liebes?«
    »Ja.«
    »Aber ja, aber ja, wir wissen nur noch nicht, wann es wieder soweit sein wird.«
    Ich weiß nicht so recht, Anne. Mir fehlt der Glaube, wie es so schön heißt. Es gibt keinen konkreten Grund dafür, außer daß ich mir einbilde, es zu wissen. Zehn Tage bleiben wir noch. Das war's dann. Passenderweise ziehen wir am 1. April in die neue Wohnung, die niemals ›unsere‹ Wohnung sein wird. Eigentlich schon am Wochenende vor dem 1. April, aber für uns Aprilscherzopfer ist das nahe genug.
     

23. März
    Für uns hieß es heute wieder: Schule. Boob gab die Weinerliche, bevor wir uns auf die Socken machten, aber kaum waren wir in der Schule, lief sie herum, als gehöre ihr wieder das ganze Gebäude. Alle, die mich mögen, freuten sich, mich wiederzusehen. Ich fragte Katherine und Whitney und Susie und einfach jede, ob sie etwas von Lori gehört haben, aber alle verneinten. Ihre Eltern und Kure-A-Kid scheinen sie ziemlich gut abgeschottet zu haben. Whitney erzählte, sie hätte über Tom versucht herauszufinden, was los sei, aber nichts da. Loris Eltern verschanzen sich hinter einer Anrufumleitung zu einem Beantwortungsdienst; keiner kommt mehr direkt an sie heran. Whitney hat zwei Botschaften hinterlassen, aber die scheinen sie bloß zu verbrennen.
    Keine der Lehrerinnen hat ein Wort darüber verloren, daß Lori weg ist. Ich sprach die Wisegarver an, ob sie etwas gehört habe, weil Lori immer einer ihrer Lieblinge war. »Setz dich, Lola.« Mehr sagte sie nicht, ganz so, als hätte ich sie nichts gefragt, ganz so, als hätte es Lori nie gegeben. Da kann man eine Gänsehaut kriegen! Keine Ahnung, warum sie sich so aufführen wegen Lori. Sie hat ja nichts wirklich Schlimmes ausgefressen. Vielleicht steckt Kure-A-Kid dahinter. Wenn die jemanden haben, dann gibt es ihn einfach nicht mehr.
    Das war allerdings noch nicht das seltsamste Ereignis heute, Anne. Am allerseltsamsten war die Tatsache, daß Boob und ich Stunden vor Pappi zu Hause waren. Sein Boss, Herr Mossbacher, ließ ihn heute bereits um 9 Uhr früh anfangen, weil es sein erster Tag war. Pappi erzählte dann, Mossbacher habe den frühen Arbeitsbeginn als so vorteilhaft empfunden, daß er jetzt jeden Tag so bald antanzen müsse, obwohl die Arbeit bis 18 Uhr dauert. Pappi arbeitet von Montag bis Freitag. Er hat eine halbe Stunde Mittag. Sogar Boob und ich haben eine ganze Stunde! Pappi meint, der Job sei schon in Ordnung, aber besonders erfreut klingt er nicht. Wir fragten ihn über seine Arbeit aus, und er erzählte, daß er den ganzen Nachmittag lang Taschenkontrollen bei Kunden vornehmen mußte, weil drei Leute, die dafür eigentlich vorgesehen waren, nicht aufgetaucht seien. Mossbacher wollte nicht, daß er im Untergeschoß mit Geld hantiere, während oben zu wenige Leute waren, die Ladendiebe erspähten.
    Pappi hat wahrscheinlich überall geschaut und gefragt, bevor er diese Arbeit angenommen hat. Ebenfalls am Nachmittag, nachdem wir wieder daheim waren, habe ich nämlich einen Papierkorb hinausgebracht, den Mama im Schlafzimmer hat stehen lassen. Obenauf lagen Kopien von Hunderten von Briefen, die er an Firmen und Leute geschrieben hatte, um einen Job zu bekommen. Ich fragte Mama, ob er von denen nicht einmal Absagen bekommen habe. »Manchmal geht es verdammt hart zu, Schnuckel, und es wird nicht besser«, antwortete sie.
    Boob war ganz bussibussi, als Pappi heimkam, ich ja eigentlich auch, aber auf meine Art. Es schien, als würde er sich wegen uns wieder besser fühlen. Es macht mir nichts aus, ihm Zuneigung entgegenzubringen, aber es verdirbt die Leute, wenn das alles ist, was man zu bieten hat, glaube ich. Mama und Boob haben mich deswegen schon oft grausam genannt, aber Pappi war immer meiner Meinung, jedenfalls in der Vergangenheit. Heute denkt er vielleicht anders darüber. Jedenfalls merkte ich gleich, daß er schwindelt, als er behauptete, seine neue Arbeit würde ihm gefallen.
     

24. März
    Heute wurde der Präsident erschossen, also durften wir früher heimgehen. Sie erwischten ihn, als er aus einem Haus zu seinem Auto ging. Ich mochte ihn nicht, aber er war immerhin der Präsident, also sollte ich mich traurig fühlen, haben sie in der Schule gesagt,

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