Ambient 02 - Heidern
Schlaf, und ich war dann wütend auf mich selbst, weil ich sie geschlagen habe und stand endlich auf.
Kaum angezogen rief ich bei Katherine an. Um ehrlich zu sein, ich wollte sie fertig machen. Ihre Mutter nahm den Hörer ab, und ich sagte meinen Namen nicht, bloß, daß ich Katherine sprechen möchte. Sie schien mich aber trotzdem erkannt zu haben, denn als sie sagte, sie würde sie holen, konnte ich die beiden im Hintergrund lange miteinander reden hören, aber nicht, was sie sagten.
Endlich kam Katherine dann doch an den Apparat und fragte gleich als erstes und in einem Ton, als sei ich Hundescheiße oder so was: »Was willst du denn?«
»Warum hast du es allen erzählt?«
»Nichts habe ich erzählt.«
»Warum sind dann alle so zu mir, wie sie sind?«
»Dein Problem, wenn sie es selbst herausgefunden haben.«
»Was herausgefunden?«
»Wie du eben bist.«
»Und wie bin ich denn?«
»Das muß ich dir wohl nicht sagen!«
»Doch, das mußt du. Wer lügt, der muß auch zum Inhalt seiner Lügen stehen.«
»Wer lügt denn hier?«
»Du erzählst doch allen Leuten, ich sei andersrum, oder?«
»Nein, tue ich nicht. Niemals.«
»Jemand muß das ja wohl verbreiten.«
»Du fühlst dich bloß schuldig, weil du weißt, daß sie recht haben!«
»Sie haben, verflixt noch mal, nicht recht. Warum erzählst du diese Sachen über mich?«
»Das mache ich nicht. Im Gegenteil, ich hab dich verteidigt.«
»Wer schwärzt mich an, sag schon!« Katherine schwieg, und ich wiederholte meine Aufforderung.
»Pappi hat uns gesehen. Beim Küssen auf dem Gang«, flüsterte sie so leise, daß ich sie kaum verstehen konnte.
»Der hat uns nachspioniert?«
»Hör zu: Er hat uns gesehen. Ich sagte zu ihm, daß wir nicht andersrum sind. Und er antwortete, bei mir wisse er das schon.«
»Heißt das, er erzählt das an der Schule herum?«
»Nein!« zischte sie und mauerte schon wieder.
»Also, wem hat er es gesagt?«
»Er ist mit Tanyas Vater befreundet. Sie spielen zusammen Squash in ihrem Fitneß-Center. Dem hat er es erzählt, damit Tanya sich vorsieht. Und jetzt will er mich im kommenden Jahr in eine gemischte Schule stecken, damit ich vor dir sicher bin. Aber ich will nicht weg von Brearly.«
»Also Tanyas Vater hat es Tanya erzählt und die dem Rest?«
»Ja, so ist es gelaufen. Es tut mir leid.«
»Warum redest dann nicht wenigstens du mit mir?«
»Weil uns dann die Leute beide für andersrum halten. Ich kann einfach nicht mit dir reden.«
»Du bist keine Freundin.«
»Es tut mir leid«, flüsterte Katherine.
»Du kannst deinem Vater ausrichten, es war nicht in Ordnung, daß er mir auf dem Klo zuschaut, was ich genau weiß.«
»Hat er nicht!«
»O doch, das hat er. Deswegen bin ich doch so früh gegangen. Weil ich nicht wollte, daß er das noch mal macht!«
»Das tut er nicht!«
»Belauscht er dich auch, wenn du auf die Toilette mußt?« Da bin ich mir ziemlich sicher, Anne! Katherine heulte los, und ich fuhr sie an: »Flenn nicht rum. Rede mit mir!« Aber sie legte auf. Fast hätte ich sie gleich wieder angerufen, verkniff es mir jedoch. Aber ich bin eine halbe Stunde lang nicht vom Telefon weggegangen, falls sie mich zurückrufen würde. Hat sie aber nicht.
Falls Katherine die Wahrheit sagt, und davon gehe ich aus, leuchtet es mir trotzdem nicht ein, warum ihr Vater Tanyas Vater erzählen sollte, ich sei andersrum. Er weiß doch von nichts, hat uns nur beim Küssen beobachtet, mal abgesehen davon, daß er dazu kein Recht hatte. Ich hätte Katherine nie geküßt, wenn sie nicht dauernd darum gebettelt hätte. Es würde mich interessieren, ob Tanyas Vater die Eltern aller anderen Mädchen verständigt hat. Die Mädchen jedenfalls scheinen einer Meinung zu sein. Brearly ist eh schon als Lesbenschule verschrien, was sie nicht ist, aber in meinem Fall trifft es dann plötzlich zu! Was, Anne, geschieht bloß mit meinem Leben? Vor einigen Monaten sah alles ganz ordentlich aus. Und jetzt geht alles zu Bruch.
Gerade hat Iz angerufen. Ich gehe noch raus und treffe mich mit ihr. Die Städtischen haben auch geschlossen. Weiß noch nicht, was wir machen werden, aber du erfährst es schon noch. Tschüß fürs erste.
Hallo Anne, schon bin ich zurück, obwohl es noch gar nicht spät ist. Iz und ich ließen es uns gutgehen, obwohl wir eigentlich nichts unternommen haben. Jetzt bin ich viel besser aufgelegt als heute früh, was dich sicherlich auch freuen dürfte. Ich habe Iz bei McDs getroffen. Da gabs ein
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