Ambient 02 - Heidern
schön war, außer wenn wir uns küßten und ich die Augen schloß.
»Gefällt dir das?« fragte Iz.
»Ja.«
Eine Weile lagen wir bloß so da, eng umschlungen mit Armen und Beinen.
»Jude und du, verbringt ihr die Nächte auch so, wenn ihr zusammen schlaft?«
»Hier schon, ja. Daheim läuft nix. Da haut sich Jude zum Schlafen aufn Boden, weil Mama mißtrauisch ist und immer checkt.«
»Was checkt?«
»Na, was wir treibn. Zeit zum Pennen. Bleib einfach so liegn.«
»Gut«, sagte ich und hielt sie fest. Ich war so glücklich. Draußen bellten Hunde, bellten uns in den Schlaf.
Als ich morgens aufwachte, hatte Iz ihre Arme und Beine auf mir drauf, so wie Boob manchmal. Ich bin kaum losgekommen. Bevor ich das Bett verließ, legte ich meine Kleidung wieder an, falls jemand durch das Fenster linste. Die Luft draußen war rauchgeschwängert, und Sirenen heulten, aber insgesamt schien alles ruhig zu sein. Die Sonne hing wie ein großer, roter Ball über Long Island, weil die Luft so dreckig war. Ich mußte furchtbar dringend auf die Toilette, wußte aber nicht, wohin, also weckte ich Iz. Sie war ziemlich verschlafen und hatte geschwollene Augen, zeigte mir aber, wo ich den Gang runter gehen mußte, um eine Toilette zu finden. Als ich zurück kam, saß sie auf dem Bett.
»Was hastn heut vor?« fragte Iz.
»Ich muß jetzt heim, lernen.« Eigentlich wollte ich heim, weil ich noch hundemüde war und wütend über den Kampf mit Weezie.
»Ich bring dich, sicherheitshalber.« Iz zog sich an und stopfte ihre gebrauchten Klamotten in ihre Tüte, dann gingen wir. Wenn ich mit den Fingern tastete, spürte ich einen Wulst am Kopf, aber Iz sagte, nichts sei zu sehen. Gottseidank, denn Mama und Pappi wollte ich gewiß nicht erzählen, daß ich in ein Handgemenge verwickelt gewesen bin. Wir dackelten den Broadway hinunter ohne viel zu reden, weil Iz immer noch ziemlich weggetreten wirkte. Alles sah ganz normal aus, bloß daß die Bodega, wo die aufgebrachten Männer gestanden hatten, ausgebrannt war und an der Straßensperre an der 138. doppelt so viele Soldatenbubis als sonst standen. Die Glassplitter auf der Straße glitzerten wie Edelsteine. An der 125. verabschiedete ich mich von Iz und hätte sie doch so gerne noch bei mir gehabt.
»Gib Bescheid, ob mit Jude und Weezie alles klar gegangen ist«, bat ich Iz.
»Ich ruf dich morgen an. Paß auf dich auf!« Wir umarmten uns zum Abschied.
Auf dem Weg hoch zu unserer Wohnung kriegte ich eine richtige Panikattacke, Anne, Mama und Pappi könnten spitzkriegen, daß ich irgendwie anders bin. Zuerst glaubte ich, die Angst hätte ich, weil ich mich so straßenmäßig aufgeführt habe, der Kampf mit Weez und all das. Aber je länger ich heute darüber nachdenke, desto klarer wird mir, daß meine Angst eher darauf beruht, daß Iz und ich zusammen geschlafen und geschmust haben und all so was. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, dann waren wir schon ziemlich andersrum, obwohl mir nichts von dem, was wir taten, schlecht erscheint. Wir waren also eventuell andersrum, aber ich habs nicht gemerkt, weil ich ja noch nie andersrum gewesen bin, was immer die Mädchen auf der Brearly auch behaupten mögen.
Jedenfalls war die Aufregung umsonst, die reine Paranoia, weil Mama und Pappi sich nicht so benommen haben, als sei ihnen an mir eine Veränderung aufgefallen. Sie saßen zur Abwechslung mal zusammen mit Boob am Frühstückstisch, als ich auftauchte. »Na, Schnuckel, war es schön gestern abend?«
»Ja, sicher.« Das war nicht gelogen, trotz des Kampfes. Pappi fragte noch, wie weit uptown meine Freundin denn wohnt.
»Nur ein paar Querstraßen«, antwortete ich, aber ich sagte ihm nicht genau, wieviele. Das sei sehr gut, meinte Pappi, denn es werde immer gefährlicher, je weiter man uptown komme, und er wolle auf keinen Fall, daß mir etwas zustößt. Ich setzte mich neben Boob und verdrückte einige Buttertoasts. Boob schwieg wie neuerdings üblich und spielte nur mit ihrem Müsli herum, Löffel rein, Löffel raus, Löffel reinfallen lassen, daß die Milch spritzt.
Nach dem Frühstück duschte ich, weil ich mich kotzdreckig fühlte. Das Shampoo brannte in meiner Wunde. Danach ging ich auf unser Zimmer und fing an, dir zu schreiben, daher ist mein Eintrag heute auch so ewig lang geraten, weil eben soviel passierte. Ich muß es dir schließlich mitteilen, oder? Hoffentlich bleibt mir Weez jetzt vom Leib. Und hoffentlich ist Jude nicht sauer auf mich, weil ich Weezie vermöbelt habe. Zu gerne
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