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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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nennen dich andersrum und behaupten, daß du mich vergewaltigen wirst!«
    Ach, Anne, ich hätte es mir ja denken können, habe aber nicht geglaubt, daß sie der ganzen Welt erzählen würden, was sie von mir halten. Mir macht nur Sorgen, was Boob davon hält und ob sie sich deswegen so verhalten hat.
    »So ein Blödsinn, Boob. Erzähl mir bloß nicht, daß du ein Wort davon geglaubt hast!«
    »Die Andersrummen vergewaltigen kleine Kinder, das haben sie gesagt.«
    »Das tun sie aber nicht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es eben, Schluß. Für was hältst du mich eigentlich?«
    »Du bist meine Schwester. Aber du magst keine Jungs, oder?«
    »Na, du doch auch nicht.«
    »Das ist etwas anderes. Und außerdem weiß ich, daß du keine Babies magst.«
    »Na und, dann hasse ich eben Babys. Das heißt noch lange nicht, daß ich dich vergewaltigen will. So was Dummes!«
    »Nenn mich nicht dumm!«
    »Ich habe bloß gesagt, es sei dumm, so was auch nur zu denken.«
    »Und beschimpf mich nicht, ja!«
    »Werde ich nicht. Warst du wirklich deshalb so still und geschmerzt? Weil sie dich so schlecht behandeln?«
    »Ja.«
    »Hör mal, meine alten Freundinnen nennen mich ›andersrum‹ und sagen tausend gemeine Dinge zu mir, aber ich zieh mich nicht in mein Schneckenhaus zurück. Ich verschlucke deshalb nicht meine Zunge.«
    »Und ich bin kein Getto Girl.«
    »Natürlich nicht!«
    »Und du bist nicht andersrum?«
    »Jedenfalls werde ich dich nicht vergewaltigen, Boob. Was für eine abscheuliche Vorstellung!« sagte ich und lachte. »Deswegen warst du doch hoffentlich hier zu Hause nicht so in dich gekehrt, oder?« Boob schüttelte den Kopf. »Warum hörst du denen überhaupt zu, wenn sie dich so grob beschimpfen?«
    »Weil sie meine Freundinnen sind.«
    »Aber sie sind doch ebenso gemein zu dir wie Chrissie zu Mama.«
    »Chrissie ist nicht gemein zu Mama.«
    »O doch!«
    »Ist sie nicht!«
    Wir zankten uns noch eine Weile so weiter, aber schließlich gingen uns die Worte aus. Jedes Weihnachten überhäuft Chrissie Boob mit Geschenken und Nettigkeiten, wenn wir sie besuchen.
    »Boob, du ignorierst sie am besten, wenn sie gemeine Dinge über uns sagen. Du darfst ihnen gar keine Beachtung schenken.«
    Sie versprach es mir, aber meint es so wenig ernst, als wenn Pappi und Mama etwas sagen. Ich weiß, daß sie glauben wird, was auch immer sie ihr eintrichtern. Ich habe die Nase dermaßen voll von Menschen, die etwas erzählen, obwohl sie keine Ahnung davon haben. Nach unserem Gespräch wurde Boob müde und schlief bald ein. Ich putzte mir noch die Zähne und schlüpfte dann zu ihr ins Bett, drehte mich von ihr weg und rutschte so weit wie möglich an den Rand, damit sie nicht glaubt, ich würde sie vergewaltigen wollen.
    Diese Zeilen schreibe ich heute im Wohnzimmer, Gesicht zum Flur, damit weder Boob, noch jemand anderes sich an mich heranschleichen und sehen kann, was ich schreibe. Das geht nämlich KEINEN was an! Ich werde dich von jetzt an verstecken, Anne, weil ich mir sicher bin, daß Boob jetzt versuchen wird, dein Schloß aufzukriegen, falls sie es nicht eh schon probiert hat.
    Morgen ist Freitag. Kanns kaum erwarten, Iz zu treffen. Gutnacht, Anne.
     

9. Mai
    Diese Zeilen schreibe ich dir am frühen Samstagmorgen, Anne, weil ich gestern nacht mit Jude, Iz und Esther unterwegs gewesen bin. Nicht wirklich in der Nacht: Um neun war ich wieder daheim, lange vor Pappi. Die Ausgangssperre ist aufgehoben, weil es heißt, die Armee hätte alles soweit beruhigt, daß man es gut sein lassen könne. Allerdings ist sie uptown überall anzutreffen.
    Wir halfen Esther bei ihrem Umzug zu ihrer Tante Ecke 129. und Lennox. »Esther zieht um, weil ihr Cousin wieder bei ihnen aufgetaucht ist. Als alles hier oben in Scherben ging, schiens besser in Brooklyn, aber dort wirds schlimmer mit jedem Tag«, erklärte mir Jude.
    »Warum muß Esther ausziehen und ihr Cousin darf bleiben? Sie wohnt doch bei ihrer Mutter?« fragte ich.
    »Wohnung zu klein. Außerdem hat sie der Cousin geschwängert.« Iz.
    »Und er will mehr. Der lügt dir zwar ins Gesicht, aber wir habn ihn festgenagelt.« Jude.
    Esthers Wohnung war um einiges kleiner als die von Iz, bloß drei Zimmer. Die Möbel waren dafür schicker und sahen aus, als würden sie nie benutzt. Esther saß im Wohnzimmer und wartete mit zwei Taschen und ihrem Rucksack auf uns. Ihre Mutter sieht eigentlich nicht viel älter aus als Esther. Sie starrte mich an, als wir hereinkamen, sagte aber

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