Ambient 02 - Heidern
nicht einmal die Spur eines Lächelns.
»Das Problem ist, daß wir uns von nun an bei der Arbeit ausschließlich auf Theorie stützen können«, erläuterte Bernard. »Soweit ich's kapiert habe, soll dem Mob ein Macaffrey-Personenkult schmackhaft gemacht werden.«
»Und zwar vorerst ohne öffentlich ersichtliche Verbindung zu uns«, ergänzte Thatcher. »Sobald wir ihn im Geschäftsinteresse brauchen, powern wir ihn hinter der Kulisse.«
»Aber was ist denn die Vorgabe? Wollen Sie das Publikum mit Predigten, Segen, gelegentlich 'n obskurem Wunder unterhalten? Möchten Sie ihn ins Wasser schmeißen und sehen, was für Wellen er schlägt?«
»Klingt doch dufte für 'n Anfang«, sagte Thatcher. »Sie führen sich auf, als wäre das alles was völlig Neuartiges für Sie, Bernard. Sie müssen doch bloß den besten Weg festlegen, um 'n neues Produkt zu verkaufen …«
»Als ging's um Äpfel und Eier«, sagte Bernard. Das Grau der Welt umgab die großen Fenster des Raums wie Vorhänge; etliche Dutzend Meter unterhalb unserer Etage fiel Regen.
»Ich schnall's nicht …«
»Wie vermarktet man einen Messias, Thatcher?« fragte Bernard.
»Überm Selbstkostenpreis«, antwortete Thatcher lachend, »und möglichst schnell.«
»Und Sie würden's übers Fernsehen durchziehen?«
»Wie sonst?« fragte Susie. »Haben Sie nicht vorige Woche irgendwelche Versuchsballons erwähnt, die Sie starten könnten?«
»Probeaufnahmen, Pilotsendungen, ja sicher. Aber das ist nicht das Problem, mit dem wir uns momentan herumärgern. Wenn die Zuschauer Macaffrey das erste Mal im TV sehen, werden sie ihn gar nicht wahrnehmen.«
»Kommen Sie mir bloß nicht mit irgendeiner analytischen Scheiße, Bernard, das gibt doch keinen Sinn«, maulte Thatcher. »Was wollen Sie denn damit ausdrücken?«
»Das müssen Sie uns mal auseinandersetzen und erklären«, fügte Susie hinzu.
Bernard senkte das Kinn in die Hand, als wäre das Gewicht des Kopfs für seinen Hals zu schwer geworden. »Ein Auto muß Sprit haben«, sagte er. »Ein Messias braucht Gläubige. Niemand glaubt irgend etwas, das er im Fernsehen sieht, wenn er nicht davon überzeugt ist, es auch im wirklichen Leben sehen zu können. Natürlich würden seine Anhänger jeden Abend einschalten, alle zwanzig oder dreißig. Sämtliche übrigen Zuschauer zappten doch glatt weiter.«
»Wir können jeden scheißblöden Mist im TV bringen, und die Leute glauben dran …«
»Solang's sich um Äpfel und Eier dreht«, bekräftigte Bernard seine vorherige Bemerkung. »Das meiste von allem, was wir im TV senden, hat nicht den Sinn, glaubhaft zu sein, sondern den Zweck, den Schrott, den die Flimmerfreds sehen, zum Bestandteil ihres Seinshintergrunds zu machen. Assimilation ist es, was das Fernsehen anstrebt. Man zwitschert ihnen Ihr Bild so oft durch die Birne, bis es sich zuletzt nachhaltig genug eingeprägt hat, daß sie sich einbilden, sie hätten Sie seit jeher gekannt. Diesfalls wird's allerdings so nicht durchzupeitschen sein.«
»Ich gucke jeden Tag der Woche Glotze«, sagte Susie. »Jede Stunde zeigen sie 'n neues Gesicht. Hunderte von Visagen hinterlassen, sind sie bloß mal für 'n Moment übern Bildschirm geschneit, in der ixten Potenz bei Leuten Eindruck, wieso sollte er das nicht auch schaffen, wenn's das ist, was wir wollen?« Sie blickte ihren Gatten an und senkte die Lautstärke der Stimme, sprach zu ihm, als säßen sie in lauschiger Zweisamkeit im Mondschein. »Falls er 'n Flop ist, können wir die Verluste um so eher minimieren.«
Bernard kaute am Ende seines Daumens, entpreßte der Nagelhaut einen roten Tropfen, der aussah, als hätte sich dort ein Marienkäfer niedergelassen. »Also sprechen wir über Vergleiche der Bildwertigkeit«, sagte er. »Im Fernsehen erscheinen Personen. Einige Zeit hindurch schalten Zuschauer ein, um speziell diese Person zu sehen. Dann bringt ein anderer Sender eine neue Zerstreuung. Niemand weiß, was Leute dazu bewegt, sich bestimmte Dinge anzuschauen. Eine Bilderdemokratie läßt sich unmöglich zielgerecht kanalisieren.«
»Bernard«, sagte Thatcher, »wir brauchen nur etwas ähnliches wie die richtigen Umsatzzahlen …«
»Sie wollen doch kein Waschmittel puschen. Sie möchten, daß dieser Spinner eines Abends nach den Nachrichten im TV auftritt und von sich behauptet, er sei Gott. Genausogut könnten Sie ihn in eine Parapsychologie-Sendung stecken …«
»Jetzt bricht aber voll Ihre Negativität durch«, warf ihm Susie vor.
»Es ist
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